Der Rheinsteig-Extremlauf (RHEX) findet 2014 nicht statt. Wir laufen ihn trotzdem! Denn Oliver Witzke und Thorsten Klenke sorgen für Ersatz und organisieren auf
der Originalstrecke, dem Rheinsteig zwischen Bonn und Bad Honnef, einen
privaten Gruppenlauf – genannt RHEXchen. Doch trotz des verniedlichenden Namens
hat RHEX nichts von seiner Bissigkeit eingebüßt: 34 km und mehr als 1200 HM sind am
25.5.2014 zu bewältigen.
Rund 50 Extremläufer finden sich am Start ein und wollen heute mittels ihrer Extremitäten ihre Extremität beweisen. Einige kennen die Strecke von
vergangenen RHEX-Teilnahmen. Als Unkundiger habe ich mir sicherheitshalber den Track auf die
Uhr gespielt. Der wird heute noch gute Dienste leisten.
Anfangs plaudere ich mit Antje und Jasmin, die ich beide im
Trailcamp auf Mallorca kennengelernt hatte. Und schon ist Mitläufer und Mitfahrer
Ralf außer Sichtweite. Sollte das nicht ein Gruppenlauf sein? Hurtig versuche
ich aufzuschließen und habe bald die Spitze unseres Trupps erreicht. Die Führenden
rätseln gerade an der nächsten Abzweigung über die einzuschlagende Richtung.
Track und Wegmarkierung weisen nach rechts. Ich biege ab und bin plötzlich
mutterseelenallein im Wald. Vor und hinter mir sind keine Läufer mehr zu sehen. Aber
nach wie vor signalisieren Track und Beschilderungen, dass ich mich auf dem
Rheinsteig befinde. Dann wird es wohl stimmen. Doch wo ist Ralf? Irgendwann öffnet sich eine wunderschöne
Fernsicht ins Rheintal an einem Weinhang. Dort steht Ralf und fotografiert. Ich
rufe ihm zu, er möge doch verweilen und noch ein paar weitere Aufnahmen machen, damit ich aufhören kann, so schnell zu rennen.
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Blick ins Rheintal |
Ralf, mit Trinkgürtel unterwegs, verleiht seinem Erstaunen darüber Ausdruck, dass vor ihm nur noch wenige laufen: "Wegen der am Start aufgefahrenen, professionellen Ausrüstung dachte ich, das wären alles ganz Schnelle." Zu uns gesellt sich ein Kölner, der ohne jegliches Zusatzgepäck unterwegs ist und im Vorjahr in 3:24 finishte. Ich komme mir mit meinem Rucksack plötzlich ein wenig "overdressed" vor. Gemeinsam erklimmen wir den Petersberg, wo wir uns an Track und Beschilderung halten.
Dadurch werden wir am Gipfel vorbeigeleitet, den der Kölner bei der Vorjahresveranstaltung
noch passiert hatte. Später erfahren wir, dass dort auch das Foto-Team auf uns gewartet
hat.
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Drachenburg am Aufstieg zum Drachenfels |
Am Drachenfels wiederholt sich das Spiel. Die Beschilderung weist nach links, während die Vorjahresroute über den Eselsteig,
markiert mit dem Symbol des „Bergischen Pfades“, nach rechts zum Gipfel führt.
Wieder folgen wir der (im weiteren Verlauf lückenhaften) Rheinsteig-Beschilderung
und verpassen den Fotografen. Dennoch erreichen wir den Gipfel, sozusagen über
die Hintertreppe. Oben erwartet uns Thorsten mit weiblicher Verstärkung. Beide
haben vor der atemberaubenden Kulisse des Weitblicks ins Tal ein ebenso
atemberaubendes Büfett aufgebaut. Das passt alles prima zu dem Aufstieg, der uns ebenfalls des Atems beraubt hat. Denn jetzt bei km 19
befinden wir uns am höchsten Punkt der Strecke, der gleichzeitig auch die schönste Stelle markiert. Unabhängig voneinander planen Ralf und ich, dass der nächste Familienausflug zum Drachenfels führen wird. Rund zehn Minuten Pause gönnen
wir uns hier, bis sich die ersten Sieben zusammengefunden haben. Als wir
gemeinsam wieder starten, entsteht doch noch kurzzeitig Gruppenlaufatmosphäre.
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Blick vom Drachenfels |
Obwohl meine Uhr nur eine Pace von 6:55 (incl. Pausen) anzeigt,
beginnen sich allmählich die Höhenmeter bemerkbar zu machen. Nach langen
Bergab-Passagen bin ich genauso froh über deren Ende wie nach steilen
Anstiegen. Umso willkommener sind die von den Veranstaltern unterwegs angelegten Verpflegungsdepots. In Kisten am Wegesrand lagern Snacks und
Getränke auf Eis!
Glücklicherweise sind wir zu 90 Prozent der Zeit im Schatten
unterwegs. Trotzdem sehne ich jetzt das Ziel herbei. Doch das rückt auf einmal
in weite Ferne, als die Uhr ein Verlassen des Tracks signalisiert. Aber da war
doch überhaupt keine Kreuzung! Stur rennen Ralf und ich weiter. Schließlich
waren der Kölner und sein Begleiter eben noch vor uns zu sehen. Nach einer
Weile der Unsicherheit kommen uns die beiden entgegen und meinen gutgelaunt,
auf diese Weise würden wir heute noch einen Marathon hinbekommen. Gemeinsam
entdecken wir in der zugewucherten Böschung den Single-Trail, der im rechten Winkel vom breiten
Fahrweg abzweigt und steil ins Tal Richtung Finale leitet.
Unten ist nur noch der Ort in Richtung der Insel Grafenwerth
zu durchqueren. Jetzt kann die Pace noch ein wenig gedrückt werden, denn die
Anstiege liegen hinter uns. Denke ich. Die Insel ist aber nur über eine steile Brücke
erreichbar. Diese letzte Anstrengung wird mit einem Ausblick zum Drachenfels
belohnt. Und kurz vorm Ziel schaffen wir es doch noch, einem Fotografen vor die Linse zu laufen. Als krönenden Abschluss hält man uns ein Zielband vor die im selben Moment stolzschwellende Brust. Dabei hatte ich erst kürzlich noch geschrieben, dass ich so etwas wohl niemals erleben werde!