Kein Strandwetter in Düsseldorf |
Heute steht für mich jedoch nur ein letzter langer Tempolauf vor der TorTour auf dem Plan. Würde ich der Vernunft gehorchen, müsste ich ihn ausfallen lassen. In der Vorwoche hatte ich mir eine Verletzung zugezogen. Die spontan eingeschobene Intervalleinheit im Stadion war mein Körper nach den vielen ruhigen, langen Wald-Läufen wohl nicht mehr gewohnt. Er reagierte mit einem geschwollenen, schmerzenden rechten Schienbein.
Ein paar Tage Laufpause hatten eine minimale Besserung gebracht. Obwohl die Symptome laut ängstlicher Googelei für ein Schienbeinkantensyndrom oder sogar für einen drohenden Ermüdungsbruch stehen könnten, habe ich mich zum Start entschlossen. Wie bei den anderen in diesem Jahr gelaufenen Marathons soll eine Zeit um 3:30 dabei herauskommen.
Rolls Royce - gut getarnt am Streckenrand |
Bei den großen Straßenläufen sortiert sich das Feld recht schnell, und man ist in "seiner" Gruppe unterwegs. So ergibt sich noch in den einstelligen Kilometern ein Kontakt zu Dennis, der durch sein TorTour-Buff auffällt. Wie sich herausstellt, trägt er es nicht etwa als Ausweis erbrachter Leistungen, sondern als Motivation für die erstmalige Teilnahme über 100 Meilen. Da haben sich zwei gefunden!
In gemeinsamer Plauderei fliegen die Kilometer nur so vorbei. Ich lasse mich von seinem 4:50er Tempo mitreißen. Als ich meine Freude über einen schnellen Hasen zum Ausdruck bringe, erwidert dieser verblüfft: "Und ich dachte, Du ziehst!"
Das Wechselspiel von Gegenwind und windstillen, sonnigen Abschnitten hat die Kleiderwahl heute zur Glückssache werden lassen. Mit kurzer Hose, Langarmhemd, Mütze und Handschuhen glaube ich zunächst, zu warm angezogen zu sein. Als es dann zu regnen und zu hageln beginnt, freue ich mich. Bestätigt dieses Wetter doch die Richtigkeit meiner Kleiderwahl!
Spärlicher Bekleidete sind offenbar mit Leidensmiene unterwegs. Ihnen gilt wohl der Ruf vom Streckenrand: "Lächeln! Das macht Spaß!" Da ich nicht am Limit laufe, kann ich der Aufforderung ohne Weiteres nachkommen. Und trotzdem staune ich, wie unerwartet viel Kraft es mich kostet, das einmal angeschlagene Tempo bis ins Ziel zu bringen. Gefühlt laufe ich die zweite Hälfte sogar schneller. Tatsächlich dauert sie aber vier Sekunden länger. Na gut, von einem Einbruch muss man da wohl noch nicht sprechen.
Hoch das Bein - Cheerleader am Zieleinlauf |
Nicht nur vom Einbruch, auch vom Ermüdungsbruch bleibe ich verschont. Dennoch meldet das Schienbein permanent seine Anwesenheit. Gegen Ende zieht es im ganzen rechten Bein. Vermutlich sind unbewusste Ausgleichsbewegungen die Ursache. Eine Laufpause bis zum Pfingst-Ultra scheint angebracht. Auch den Endspurt lasse ich ausfallen, wodurch ich genügend Luft habe, meiner am Zieleinlauf anfeuernden Frau ein "Bis gleich!" zuzurufen. Wir sind im Anschluss zur Finisher-Party des Hauptsponsors eingeladen, um dort unsere Kohlenhydratspeicher aufzufüllen.
Zur Feier möchte ich nach dem Finish in 3:21:04 natürlich frisch geduscht erscheinen. Während meine Frau im Staffelziel die Wahl zwischen Schwall- und Regenwalddusche hatte, lässt sich in meinem Dusch-Container noch nicht mal die Wassertemperatur regeln. Ist eiskaltes Wasser im Ziel sonst keine Besonderheit, so wird man hier regelrecht heiß gedampfstrahlt. Marathon ist eben nur was für die ganz Abgebrühten. Dass sich die Umkleide unterm weiten Firmament befindet, passt in dieses Bild. Ein anderer Waschwilliger, der seine unter freiem Himmel abgelegten Sachen gegen den Sturm zu sichern trachtet, spricht das Schlusswort des heutigen Wettkampftages: "Zum Laufen waren die niedrigen Temperaturen ja ganz angenehm, aber nicht zum Umziehen im Freien!"
Die Staffelmedaillen lassen sich als Puzzle zusammenlegen |