Dienstag, 29. September 2015

Wupperbergemarathon




Am Sonntagmorgen halte ich Ausschau nach einem Schnellrestaurant. Hieß es doch, man könne sein Auto im „Burgerland“ parken. Das gelobte Land entpuppt sich aber als Rehaklinik, und nicht als Frikadellenbraterei. Der Name dürfte sich also eher auf die schöne Gegend hier um Schloss Burg beziehen. Und dieses Burger Land werde ich heute beim Wupperbergemarathon durchmessen.
 
Keine Burger im Burgerland
Bei diesem privaten Einladungslauf genügen uns grüne All-Inclusive-Armbänder, anstelle von Startnummern. Im Preis von 15 Euro sind nicht nur üppige Verpflegungsstationen inkludiert, sondern auch jede Menge Höhenmeter. Die neue Fenix wird 1548 davon messen.

Alle Warnungen von streckenerfahrenen Läufern in den Wind schreibend, habe ich mir eine Zielzeit von unter vier Stunden vorgenommen. Und ich würde gern in die Top Ten der 89 Teilnehmer laufen. Das Rennen lässt sich auch ganz vielversprechend an. Das liegt allerdings daran, dass es zunächst bergab geht. Beim Aufstieg zum Schloss Burg, wo andere die Seilbahn nehmen, wird mir klar, dass ich dieses Tempo nicht bis ins Ziel durchhalten werde. Zwei Laufkollegen ziehen scheinbar mühelos vorbei.

Das Schöne an den Hügeln ist ja, dass es irgendwo auch wieder runter gehen muss. Mein Vater versuchte uns Kinder beim Wandern mit Till Eulenspiegel zu motivieren. Der habe bergauf immer gelacht, weil er wusste, dass er bald wieder hinunter laufen dürfe. Und so versuche ich mich in Eulenspiegel-Manier die Hügel raufzulächeln. Bei dem heutigen Streckenprofil werde ich wohl mit Lachfalten ins Ziel kommen!

Höhenprofil Wupperbergemarathon

Dann geht es plötzlich – völlig atypisch – eben und asphaltiert dahin. Der Schritt, der bisher gleichmässig hinter mir durch das Tal hallte, erhöht die Frequenz. Kurz darauf taucht der Zwischenspurtler an meiner Seite auf, so dass wir fortan als Duo die schmalen Pfade beschreiten können. Unsere gemeinschaftliche Plauderei verändert für mich die Atmosphäre. Der Wettkampfgedanke weicht dem bewussten Genuss der handverlesen schönen Strecke, die sich im hellen Sonnenlicht in erstem Herbstbunt präsentiert. Ich übertreibe es gleich ein wenig mit dem Aufsaugen der Aussicht und lege mich auf den Weg. Da es sich – mal wieder – um einen steilen Anstieg handelt, falle ich nicht tief, sondern kann mich mit der Hand an der Wand vor mir abfangen. Das kostet mich lediglich einen Fetzen Fingerkuppenhaut. Erstaunlich, wie viele felsige und wurzelige Passagen zu diesem Marathon verbunden wurden. Und extrem oft auf den schmalen Pfaden, die der Trampelpfadläufer neudeutsch gern Single-Trail nennt. Da der Blick besser auf den Boden gerichtet bleibt, will der Moment zum Uhr-Ablesen sorgfältig gewählt sein.

Spätestens zur Halbzeit müssen wir uns angesichts eines solchen Blickes eingestehen, dass das Vier-Stunden-Ziel viel zu ambitioniert war. Wir kämpfen uns leicht demotiviert nacheinander auf engem Steig durch ein mannshohes Blütenmeer aus Balsaminen. Mein Vordermann meint: "Das stinkt vielleicht übel, dieses Kraut." Darauf ich, direkt hinter ihm: "Also, ich rieche nur dich!"
 
Als wir uns mit Anekdoten aus unserem Läuferleben gegenseitig die Laune wieder heben, wird klar, dass mein Begleiter, obwohl am oberen Ende der gemeinsamen Altersklasse rangierend, eine gute Dreiviertelstunde eher beim Rennsteiglauf-Supermarathon gefinisht hat. „Da muss ich dich ja hier eigentlich locker abziehen!“, orakelt er, der hier in seinem Trainingsgelände unterwegs ist. Und lange soll es auch nicht mehr dauern, bis ich anfange zu schwächeln.

Zwei unserer Mitstreiter können wir noch gemeinsam überholen. Dann brennen meine hinteren Oberschenkel beim Aufwärtslaufen so stark, dass ich am liebsten gehen möchte. Der VP bei km 25 rettet mich. Wir rasten, um uns dort zu laben. Ich habe noch bei keinem Lauf ein so großes Angebot an frischem Obst gesehen. Bananen sind ja Standard. Aber hier wird von A, wie Ananas, über Erdbeeren, Melonen und Weintrauben bis Z, wie Zitrusfrucht, alles gereicht. Laut den Garmin-ermittelten Standzeiten werden mich die Fressorgien an den sieben Stationen heute insgesamt sechs Minuten kosten. Das Burgerland gerät mir zum Schlaraffenland!
 
Talblick unterwegs*
Der Abstand zu meinem Begleiter wird merklich größer. Ohne ihn noch warnen zu können, muss ich von Weitem mit ansehen, wie er einen Abzweig verpasst. Kurz darauf habe ich ein Déjà-vu. Mich überholt ein gutgelaunter Starter, der schon einmal am Anstieg zum Schloss Burg an mir vorüberzog. Seltsam. Wie kann das sein? Wenig später hat mich auch mein treuer Begleiter wieder eingeholt, nachdem er seinen Fehler bemerkte und umkehrte. Gemeinsam erreichen wir den VP bei km 30, wo wir erfahren, dass "mein Déjà-vu" der Drittplatzierte war, der sich verlaufen hatte, aber inzwischen Platz Drei zurückerobert hat. Wir lägen auf den Plätzen Fünf und Sechs, was wir erfreut zur Kenntnis nehmen.

Bis zur nächsten Versorgungsstation bei km 35 schleppe ich mich ein- und mühsam dahin. Dann bessert sich die Laune wieder, denn nach einer Schleife von nur zwei Kilometern ist diese Schlaraffenland-Stelle schon wieder erreicht. Danach ist es nicht mehr weit bis ins Ziel.

In letzter Sekunde entdecke ich am Boden einen weiteren der kleinen gelben Pfeile aus biologisch abbaubarer Sprühkreide, die mir bisher zuverlässig den Weg wiesen. Ich werde nach links über eine Wiese geleitet, auf der ein paar Anwohner in der Sonne ruhen. Danach stehe ich ratlos an einer T-Kreuzung, an der ich keine Markierung entdecke. Links oder rechts? Hätte ich doch den Track auf die Uhr gespielt! Ich laufe zurück und frage die Sonnenanbeter, wohin die anderen gelaufen wären. "Links bergauf." Bergauf, das hätte ich mir ja denken können!

Die Uhr signalisiert, dass ich mit ein wenig Motivation noch unter 4:20 bleiben könnte. Ein paar einzelne Gehschritte sind aufwärts trotzdem nicht zu vermeiden. Immerhin kann ich mir für die beiden Fotografen noch ein Lächeln abringen. Wenn meine Familie solche Fotos sieht, denkt sie, das sei alles gar nicht so anstrengend und ist beruhigt. Das Publikum im Ziel scheint einen ähnlichen Eindruck zu gewinnen. Denn als ich dort als Sechster nach gut 4 Stunden und 19 Minuten einlaufe, schnappe ich den Satz auf: "Der sieht aus, als wäre er gerade erst losgelaufen.


*Foto: aufgenommen beim gemeinsamen Vorbereitungslauf 2014

Donnerstag, 24. September 2015

Die Entscheidung: Fenix 3, V800 oder Suunto Ambit?



Die Zeit ist stehengeblieben. Jedenfalls auf meinem Forerunner 305. Wenige Monate nachdem ich ihm einen neuen Akku spendiert hatte, zählte er mitten im Training die Sekunden einfach nicht mehr hoch. Mit dem inzwischen oft erprobten Drücken der Reset-Tasten-Kombination ließ sich das Problem zwar beheben, aber immer nur temporär. Als kurz darauf auch noch meine Armbanduhr versagte, war klar: eine neue Laufuhr muss her!

Die neue sollte neben den üblichen Eigenschaften einer GPS-Uhr

  • als Armbanduhr 24/7 getragen werden (also z.B. auch beim Duschen),
  • ultra-tauglich sein (Akkuleistung),
  • die Höhe barometrisch messen können,
  • Routen-Navigation beherrschen.

Nach meinem Kenntnisstand kamen demnach nur drei Uhren in die engere Auswahl: Suunto Ambit, Garmin fenix und Polar V800.

Die V800 scheidet bei genauerer Betrachtung eigentlich schon wegen der eingeschränkten Navigationsfähigkeit auf vorgegebenen Routen (z.B. von gpsies.com heruntergeladen) aus. Aber ich hatte die Möglichkeit, das Exemplar eines Kollegen mal an den Arm zu schnallen. Obwohl die Uhr sehr schick und hochwertig wirkt, mochte ich keine viereckige Alltagsuhr tragen. Außerdem scheint man sich bei Polar nach wie vor erst mit vielen Tastendrücken bis zum Start des Trainings durchhangeln zu müssen. Das hatte mich schon damals bei meiner einfachen Polar-Pulsuhr genervt, die immer erstmal in aller Ruhe meine Own-Zone bestimmen wollte. Überzeugen konnte die V800 mit ihren großen, mit breiten Strichen dargestellten Ziffern auf dem brillanten Display.

Eine Suunto Ambit konnte ich am zarten Arm einer Bekannten bewundern. Sie trug den riesigen Laufcomputer voller Begeisterung auch als Alltagsuhr. Stolz begann sie, mir sämtliche Funktionen zu demonstrieren. Ich konnte nicht wirklich folgen. Stattdessen bemerkte ich, dass die Lünette der erst wenige Monate alten Uhr vollkommen zerkratzt war. Damit war für mich auch diese Uhr ausgeschieden.

Die Bestellung einer Fenix 3 war damit „alternativlos“ geworden, um es mal mit dem Unwort des Jahres 2010 auszudrücken. Ein weiterer Punkt, der für eine Garmin-Uhr sprach, war die Möglichkeit, meinen vom Forerunner vorhandenen Pulsgurt wiederverwenden zu können. Das Teil liegt zwar seit mindestens einem Jahr unbenutzt im Schrank, aber man könnte ja ... Immerhin erspare ich mir so den Kauf des teureren „Performer Bundles“, das neben der Uhr auch noch den Brustgurt enthält. Allerdings bietet nur dieser neue, „HRM-Run“ genannte Gurt die Messung zusätzlicher Laufeffizienz-Parameter wie Bodenkontaktzeit, Vertikale Bewegung und Schrittfrequenz. Aber sind die in meiner obigen Liste aufgeführt? 

Vorfreude

Das „Performer Bundle“ muss es also nicht sein, aber brauche ich vielleicht die „Saphir Edition“? Die 305er Garmin-Erfahrung hat mich gelehrt, dass der Akku das Teil ist, das die Lebensdauer des Gerätes definiert. Da hilft es mir dann auch nicht weiter, wenn ich auf das tote Display durch ein kratzfreies Glas schaue. 

Unboxing Fenix 3

Ich bestelle mir also Ende September die „Grau“ genannte Variante für 349 Euro versandkostenfrei im Internet. Schon die Verpackung wirkt absolut edel. Nach Abziehen des oberen Deckels der, man muss es schon fast Schatulle nennen, kommt die auf einem Sockel präsentierte Uhr zum Vorschein. So fühlt sich also meine Frau jedes Mal, wenn sie diese Brillanten-Colliers auspackt, die ich ihr dauernd schenke! Die Uhr sieht einfach rattenscharf aus. Der Leser möge meinen Überschwang verzeihen ich hatte vorher den FR305. Meine schlimmste Befürchtung, das Teil könne an meinem eher schmalen Handgelenk klobig wirken, erweist sich als grundlos. Die Größe bleibt im Rahmen einer – zugegeben: protzigen – Herrenuhr.

Protziger Handgelenk-Navigator

Auf die erste Begeisterung folgt die Ernüchterung. Bei schlechten Lichtverhältnissen ist das Display für mich kaum ablesbar. Das liegt wohl daran, dass es sich nicht um eine klassische LCD-Anzeige, sondern um ein stromsparendes e-ink-Display handelt. Fast hätte ich die Uhr zurück geschickt. Schließlich handelt es sich bei der Anzeige um die Haupteigenschaft. Doch welche Uhr hätte ich mir stattdessen kaufen sollen?
 
Fenix 3, Forerunner 110, Aldi Crane GPS, Forerunner 305*
Ein kurzer Test am nächsten Tag erweist, dass die Anzeige im hellen Tageslicht gar keine Probleme bereitet. Bei wolkenverhangenem Himmel unter dichtem Laub habe ich dagegen schon Mühe die kleineren Ziffern eines dreigeteilten Bildschirms zu erkennen. Nun gut, vielleicht muss ich meinen alten Augen Rechnung tragen und nur zwei oder einen Parameter pro Bildschirm anzeigen lassen. Oder im Zweifel die Hintergrundbeleuchtung aktivieren. Irgendwas ist ja immer. 

Und der Rest ist erste Sahne, die Fülle der Möglichkeiten kaum darstellbar. Hier gilt es eher, sich selbst zu beschränken. Als Erstes schalte ich mal den Activity-Tracker ab. Mit einem kurzen Lauf hatte ich das Tagesziel (der Uhr) von 5000 Schritten locker mehrfach erfüllt und diverse virtuelle Medaillen verliehen bekommen (von der Uhr). Trotzdem nervte mein neuer Begleiter danach dauernd mit Aufforderungen zu mehr Bewegung.

Als FR305-Nutzer, der seine Uhr während des Umziehens vorsorglich zur Satellitensuche nach Draußen legen musste, bin ich überwältigt, wie schnell die Fenix ihr GPS-Signal erfasst. Das klappt sogar in Gebäuden in Fensternähe und auch in Bewegung. Beispielsweise kann man auf dem Rad die Uhr in der (Tief-)Garage starten und nach rund 50 Metern im Freien piepst die Bestätigung des gefundenen GPS-Signals.

Clever gelöst ist die völlig im Hintergrund arbeitende WLAN-Verbindung. Kaum bin ich nach einem Training wieder zu Hause, hat die Uhr schon heimlich die Trainingsdaten ins Tagebuch bei Garmin Connect hochgeladen. Warum man die Fenix trotz der Wifi-Möglichkeit zum Aufspielen von Strecken per USB an den Rechner anschließen muss, bleibt wohl des Geheimnis von Garmin. Immerhin gelingt es mir nach kurzer Googelei, eine Strecke von gpsies.com auf die Uhr zu bringen.

"Aviator styled classic watch face"

Drahtlos funktioniert hingegen die Kommunikation mit der Garmin Connect App auf dem Smartphone via Bluetooth. Auf diese Weise kann man sich in der App z.B. ein „Watch Face“ auswählen und zur Fenix übertragen und so das Aussehen der Uhrenanzeige personalisieren. Und es scheint mindestens einen Leidensgenossen zu geben, der ebenfalls Probleme hat, die zierlichen Zahlen der Fenix abzulesen. Er stellt im „Garmin IQ-Shop“ Datenfelder mit breiterer Strichstärke der Ziffern zum Download bereit! Ebenfalls via Bluetooth erhalte ich nun Emails und Whatsapps auch auf die Uhr, die dadurch zur Smartwatch wird. Für mich ist das eher im Bereich der Spielerei angesiedelt, aber abgeschaltet habe ich es (doch noch) nicht. Den Wetterbericht auf einer Outdoor-Uhr verfügbar zu haben, finde ich dagegen nicht ganz abwegig. Genauso sinnvoll erscheint mir der auf plötzlicher Luftdruckänderung basierende Unwetteralarm, den das integrierte Barometer auslösen kann.

Smartwatch-Feature: Wettervorhersage

Die Navigation funktioniert ähnlich wie beim FR305, die Darstellung ist dank des farbigen Displays besser. Dafür kann man das Höhenprofil während des Laufens nicht mehr anzeigen, was beim FR305 wenigstens für den aktuellen Streckenabschnitt möglich war. TracBack und Virtual Partner stehen auch nach wie vor zur Verfügung. Genutzt hatte ich beides am FR305 kaum. Genauso wie die Möglichkeit, Intervalle zu programmieren. Das ist an der Fenix aber so kinderleicht und schnell machbar, dass ich das künftig vielleicht tatsächlich mal ausprobieren werde. Man könnte sich sogar am Rechner einen Trainingsplan erstellen, zur Uhr übertragen und abarbeiten.
  
Wie gesagt, die Möglichkeiten sind überwältigend. Ich werde wohl kaum alles nutzen, geschweige denn hier vorstellen. Schließlich will ich ja eigentlich nur laufen!

*auf einem Nudelholz