Der Düsseldorf
Marathon am 26.4.2015 war mein aufregendster Marathon bisher. Ich musste mehr
als zehn Kilometer gehen! Wie konnte das geschehen?
Ich laufe nicht
selbst, sondern unterstütze die Pulsmesserin bei ihrem Marathondebüt vom
Streckenrand aus. Das bedeutet neben Warten, Bangen, Hoffen und Anfeuern auch Wandern.
Viel Wandern!
Nach dem
Wetterbericht sah ich die Kinder und mich stundenlang im Regen bibbernd an der
Strecke stehen. Doch am Wettkampftag bilden maximale Temperaturen von 14 Grad,
wenig Wind und ein bedeckter Himmel, aus dem kein Regen fällt, Idealbedingungen
für ein Langstreckenrennen. Und für Streckenposten!
Mit Hilfe von ein
paar MP3’s auf dem Handy im Bluetooth-Verbund mit einer „Bose Mini Soundlink“-Box
generieren wir drei einen mobilen, privaten Stimmungs-Hotspot, womit wir so
manchem Läufer ein Lächeln ins Gesicht zaubern. So auch unserer familiären
Favoritin!
„Ich habe ja
geahnt, dass es schlimm wird. Aber dass es so furchtbar ist, das hätte ich
nicht gedacht!“, bekommen wir bei Kilometer 35 zu hören. Doch ihr Körper
spricht eine ganz andere Sprache. Während andere schon dehnend am Rand stehen,
bleibt sie von Krämpfen verschont. Die schmerzverzerrten Leidensmienen im
Läuferfeld stehen im Gegensatz zum froh lächelnden Antlitz unserer Debütantin,
mit dem sie weiterzieht.
Wir verabreichen
ihr nämlich ein Placebo. Das „Wettkampfgetränk für den Außenminister“
hat mir auch schon geholfen, obwohl ich die Wirkung inzwischen für eine
moralische halte. Wenn es in den 30er Kilometern schwer wird, hilft einem der
Gedanke an das Zwischenziel bei der 35-km-Marke. Man freut sich auf den dort bereitgehaltenen
Zaubertrank. Ist der Punkt erstmal erreicht, ist es bis zum Ziel nicht mehr
weit. Diese Art der Streckenzerlegung wende ich auch beim Ultra an, und stelle
mir unterwegs Belohnungen - beispielsweise in Form von Gels - an gewissen Wegmarken
in Aussicht.
Das Placebo wirkt
auch bei Frau Pulsmesser. Denn Kilometer 40 und 41 passiert sie in sauberem
Laufstil, ohne Anzeichen körperlicher Gebrechen. Aber vor allem strahlt sie die
ganze Zeit die Zuversicht aus, das Ziel zu erreichen. Und nichts anderes steht
heute auf dem Plan!
Kurz vor dem Lauf
hat meine Frau nämlich etwas Heldenhaftes getan. Soviel Größe kann man jedem
Marathon-Erstling nur wünschen. Sie hat die Entscheidung getroffen, ohne Uhr zu
laufen! Und damit hat sie die Weichen für ein rundherum positives
Marathon-Erleben gestellt.
Während mancher
Mitläufer beim Zielbier wegen ein paar eingebüßter Minuten mit sich hadert, ist
unsere Pulsmesserin das personalisierte Glück. Ich genieße es, die Gefühle, die einen nach so einem Lauf durchströmen,
jetzt aus einer besonders nahestehenden Person quasi herausfließen zu sehen.
Das Glück
überträgt sich. Und ich bin so stolz, als wäre ich selbst gelaufen!