Eine Bettgeschichte
Früher hat sich die Pulsmesserin Sorgen um mich gemacht. Sie
lag nachts im Bett wach neben mir (mein lautes Schnarchen lies sie nicht einschlafen)
und lauschte voller Sorge, wenn ich zwischen den einzelnen Trompetenstößen
keinerlei Geräusche mehr vernehmen ließ. Aber irgendwann atmete ich dann doch weiter.
Und ich bin auch jeden Morgen wieder aufgewacht. Insofern wurde der vage Plan, eines Tages ein Schlaflabor aufzusuchen, immer wieder verschoben. Ständige Müdigkeit
blieb mein Begleiter. Ich führte sie erst auf niedrigen Blutdruck, später auf
Eisenmangel zurück.
Inzwischen ist meine Frau in ein anderes Zimmer umgezogen. Letzte
Nacht war es also nicht meine Liebste, die sich an meine Brust schmiegte, meinen
Bauch umfing, meine Beine und meine Leiste, ja sogar die empfindlichsten
Stellen an meinem Kopf berührte. Nein, ich schlief mit einer kleinen Weißen. Diese
helle Kiste an meinem Hals überwacht mittels der an meinem Körper aufgeklebten
Sensoren meinen Schlaf. Eine „Nasenbrille“ analysiert dabei die Atemluft. Mittlerweile
kommt das Schlaflabor also nach Hause ins heimische Bett.
Als ich Ende letzten Jahres völlig erschöpft den Arzt aufsuchte,
überwies mich der ratlose Allgemeinmediziner zum Pneumologen. Richtig, das ist einer
der Lungenärzte, deren Zunft kürzlich von einigen ihrer Mitglieder diskreditiert
wurde, weil sie saubere Luft zum Atmen in Innenstädten nicht für notwendig erachteten. Der von mir aufgesuchte Mediziner macht aber einen kompetenten
Eindruck und außerdem ein erstauntes Gesicht angesichts meines
Schlafanalyse-Ergebnisses. Drei Stunden hatte ich des nachts geschnarcht und
dabei 40 Mal aufgehört zu atmen. Wenn die Rachenmuskulatur erschlafft,
verschließen sich die Atemwege. Der Sauerstoffgehalt des Blutes sinkt. Dann
reagiert das Gehirn. Der Tiefschlaf wird verlassen, um die Muskeln wieder zu
straffen und ein Weiteratmen zu ermöglichen. Nach Erreichen der nächsten Tiefschlafphase beginnt das Spiel von vorn und wiederholt sich, bis du am nächsten Morgen gerädert
aufwachst. Aber der Doktor präsentiert eine Lösung!
Er dreht mir sein riesigen iMac zu. Darauf ist ein selig
schlummernder Mann in seinem Bett zu sehen, an dessen Seite eine schöne Frau liegt
und seinen Schlaf bewacht. Ich bin sofort einverstanden: „Wann hat die Dame
Zeit?“. Doch der Doc meint, ich solle das Werbefoto nochmal genauer ansehen. Das
weibliche Modell sei nur abgebildet, um positive Assoziationen zu erzeugen. Da
fällt mir die Atemmaske auf, die der schlafende Herr trägt. Daraus ragt ein Schlauch
hervor, der mit einem Kompressor auf dem Nachttisch verbunden ist. Das ist also meine künftige Ausstattung für romantische Nächte: ein Atemgerät! Wenn andere in
ihren Pyjama schlüpfen, um sich gemütlich zur Ruhe zu betten, werde ich mich
wie ein Kampfpilot ausrüsten, der ins Cockpit seiner MIG steigt.