Zum Einstieg in die Herbstsaison will mein Sohn beim
Citylauf Hamminkeln seine Form beim 10-km-Lauf testen. Er begleitet seinen
Trainer, der auf dem schnellen, flachen Kurs schon zweimal gewann und heute vermutlich ähnliche
Absichten hegt. Als dieser mich fragt, was denn mein Tagesziel sei, gebe ich
angesichts meiner aktuellen Fitness zurück: „Ich werde mich einfach in eurem Ruhm sonnen.“
Schon in der Vorbereitung zur „TorTour de Ruhr“ war das
Tempotraining etwas zu kurz gekommen. Danach bin ich mit leeren Beinen und
ebenso leerem Kopf nur vor mich hin getrottet. Entsprechend deprimierend
verliefen im Urlaub die gemeinsamen Läufe mit meinem hurtigen Sohn, der mir zu
bedenken gab: „Na, wenn du kein Tempo trainierst, brauchst du dich nicht zu
wundern, wenn du langsam bist!“
Die Maskottchen des Laufs feiern |
Also beschließe ich, die beiden Raser zum Wettkampf zu
begleiten, und diesen als Tempotraining zu nutzen. Der Nachwuchs schlägt mir am
Morgen eine Pace von 3:48 min/km vor. Das wäre schön. Wenigstens unter 40 min
möchte ich aber bleiben.
Um es kurz zu machen. Mein schönster Moment bei diesem
Rennen bleibt das Absingen des Steigerlieds vorm Start. Irgendwie geht mir das
sehr nahe, während alle anderen nur genervt auf den Startschuss zu warten scheinen. Dass
die Veranstaltung ohnehin schon verspätet ist, hindert die Organisatoren nicht
daran, das Feld weiter in der Sonne stehen zu lassen, und auch noch „Happy
Birthday“ anzustimmen.
Bevor es dann doch losgeht, wird überraschend der Straßenteil
abgesperrt, in dem ich mich aufgestellt habe, da die Zeitmatte nicht bis
dorthin reicht. Wir Betroffenen müssen uns nach erfolgtem Schuss seitlich einfädeln. Ich
finde mich weit hinten im dichten Pulk wieder. Trotzdem bin ich auf der ersten
der vier Runden noch guten Mutes. Mit 3:51 min/km sah der erste Kilometer auch
gar nicht so schlecht aus. Recht bald wird aber deutlich, dass ich das Tempo
nicht halten kann. Dass sich bei jedem zweiten Schritt die rechte Ferse zu Wort meldet, verbessert die Gesamtsituation auch nicht wirklich. Möglicherweise liegt es an den vielen Trailruns in steilem Terrain, die ich mir in den zurückliegenden Urlaubswochen gönnte, dass sich meine Achillessehnenbeschwerden von "morgendlicher Anlaufschmerz" zu "Schmerzen beim Laufen" gesteigert haben.
Immerhin, ich kann eine Frau als persönliche Motivatorin ausmachen.
Ich überhole sie voller Optimismus, nur um in Runde Drei festzustellen,
dass sie wieder direkt neben mir ist. Mittlerweile habe ich meine Ambitionen
schon auf das 40-Minuten-Minimalziel herunterschrauben müssen. Im starken
Gegenwind wundere ich mich, warum die Dame nicht meinen Windschatten nutzt. Weil sie mich überholt!
Mir ist klar, dass ich an ihr dranbleiben muss, um die sub 40 zu retten. Ich
beiße mich fest. Dann erstickt aufkommendes Seitenstechen auch das letzte
Fünkchen Hoffnung. Furchtbar, wenn man in einem Rennen nach und nach die Ziele
runterschrauben muss.
Auf den letzten beiden Kilometern gebe ich mir nochmal die
Sporen. Mein lautes Keuchen bewegt einige der Überrundeten dazu, sich nach mir
umzuwenden. Einige applaudieren sogar. Die Frau kommt wieder näher! Noch 500 m
und 2 Minuten trennen mich vom 40-Minuten-Ziel. Das ist machbar! Doch erneutes
Seitenstechen bremst mich ein. Während meine heimliche Häsin nach 39:57 einläuft,
bleibt die Uhr für mich erst nach 40:04 stehen. So langsam war ich seit dem Ratinger Neujahrslauf 2016
nicht mehr!
Der Junior hat diesen Lauf aus der Regeneration heraus, also quasi ohne Training, mit einer neuen Bestzeit von 36:07 beendet. Das
bedeutet eine Verbesserung um 30 Sekunden! Und sein Trainer ist trotz einjähriger
Verletzungspause mit 31:48 der Gesamtsieger! So endet unser Ausflug insgesamt gesehen
wohl doch eher positiv.