Was war geschehen?
Für eine schnelle Zeit im Marathon muss alles stimmen: die Strecke, die Tagesform und das Wetter. Meine Bestzeit im Marathon stand seit Herbst 2011 wie festgenagelt. Jeder Versuch, die 42 km endlich in 3:15 h zu absolvieren, scheiterte. Meist war es für meine Verhältnisse zu warm. Es begann mich zu stören, dass das großartige Erlebnis "Marathon" durch diese (vermeintlichen) Mißerfolge getrübt wurde. Mir schwante, dass es noch mehr geben muss, als zweimal im Jahr vergeblich der Marathonbestzeit hinterher zu laufen.
Hügel
Also brach ich zu neuen Ufern auf. Wenn die Zeit nicht mehr das alles dominierende Ziel ist, dann muss man auch nicht mehr zwingend auf möglichst flachen Strecken unterwegs sein. Ich wandte mich den Landschaftsläufen zu. Es war der Einstieg in etwas, das heute neudeutsch Trailrunning genannt wird. Der Genuss der Landschaft, die Bewegung in der Natur sollten jetzt im Vordergrund stehen. Ich wollte Genussläufer werden! Doch mein alter Ehrgeiz brach auch im neuen Umfeld wieder durch. Statt Intervalle auf der Bahn zu laufen, ging ich ins profilierte Gelände und keuchte die Hügel hoch. Ich suchte mir in meinem Laufrevier die steilsten Stellen und rannte diese immer wieder hoch und runter. Steigungen, die man im Langstrecken-Wettkampf aus ökonomischen Gründen besser gehen würde, zwang ich mich im Training im Laufschritt hinauf.
Länger
"Wenn ich schon nicht schneller kann, kann ich vielleicht länger.", sagte ich mir. Und so nahm ich ohne besonderes Training und ohne jedes Zeitziel an einem Ultralauf über die dreifache Halbmarathondistanz teil. Aufbauen konnte ich hier nur auf den Erfahrungen aus einem 24-Stundenlauf, bei dem ich allerdings acht Stunden geschlafen hatte. 115 km waren damals trotzdem zusammen gekommen. Diesen ersten Ultraversuchen folgten weitere. Da es sich um Landschaftsläufe handelte, erwies sich das Hügeltraining jetzt als hilfreich.
Lust
Und ich erfand das "lustbetonte Tempotraining". So nannte ich die Wettkampfteilnahmen, mit denen ich meinen Trainingsalltag würzte. Ohne spezielles Zeitziel startete ich vermehrt bei Laufveranstaltungen. Einfach, weil es sich mit einer Startnummer auf der Brust schneller läuft, und weil es mehr Spaß macht.
Doping
Später begann ich zu dopen. Ich entdeckte die Kraft der der Roten Beete. Seitdem trinke ich vor anstrengenderen Trainings und Wettkämpfen einen halben Liter Rote-Bete-Saft.
Gemüse ist mein Fleisch
Natural
Durch die Landschaftsläufe lief ich jetzt nicht mehr in Städten und auf Asphalt, sondern in der Natur. Doch ich wollte nicht nur in der Natur, sondern wieder mit der Natur - ganz natürlich - laufen. Der Barfuß-Trend, auch Natural-Running, Minimal-Running oder Chi-Running genannt, sprach mich an. Und ich begann, in Minimalschuhen an meinem Laufstil zu arbeiten. "Schrittweise" und mit schmerzenden Waden stellte ich vom Fersenlauf auf den Mittelfußlauf um. Sogar im Alltag trage ich seither Barfuß-Schuhe und bin damit im Ballengang unterwegs. Langsam, sehr langsam konnte ich die minimalistisch zurückgelegte Distanz erhöhen. Demnächst will ich meinen ersten Marathon in Minimalschuhen absolvieren.
Und die alte Marathon-Bestzeit soll dann endlich auch fallen!
Ich kann nicht sagen, welche der genannten Veränderungen tatsächlich für die neue Schnelligkeit verantwortlich ist. Fest steht nur, dass die Umstellung des Laufstils langwierig ist, aber die zum Genussläufer noch länger zu brauchen scheint.