Kurz nach dem
Start schließt Marcel zu mir auf. Und es sieht so aus, als ob wir wieder als Plauder-Duo ins Ziel laufen werden. Doch da gesellt sich Matthias dazu und
wandelt uns zum Trio. Ob es an der von uns in Runde Eins ausführlich dargelegten
Zukunft der Elektromobilität liegt oder eher an unserer 5er Pace, ist nicht genau auszumachen. Unser Windschatten dürfte angesichts der Flaute
zumindest keine Rolle spielen. Trotzdem führen wir ein kleines Fähnlein an. Auch
die erste Frau hat sich unserem wilden Haufen angeschlossen.
Aber so ist es beim Marathon. Die Truppe schmilzt dahin. Auf der zweiten der drei Runden verlieren wir auch die Siegerin in spe. Und selbst Marcel setzt sich ab. Er tut ein gutes Werk und stellt sich einem achtzehnjährigen Marathon-Debütanten erfolgreich als 3:30-Pace-Maker zur Verfügung.
Also wieder Duo. So komme ich heute doch noch zu einem Doppel-Jubiläum. Denn
Matthias feiert hier gerade seinen Geburtstag. Obwohl ich mittlerweile der
einzig verbliebene Party-Gast bin, ist die Stimmung sehr gut. Eine Anekdote
jagt die nächste. Besonders beeindruckend ist die Geschichte vom 81-jährigen
Finisher, der die Frage, warum er mit 72 Jahren seinen ersten Marathon gelaufen sei,
beantwortet: „Na, weil ich erst mit 70 zu laufen anfing!“
Bei einer anderen Anekdote sind wir live dabei. Der straßensperrende Polizist ruft seinem Kollegen zu: "Scheint wieder Fußball zu sein. Die Autofahrer haben alle solche Schale um den Hals." Schale? Schalen? Schals? Oder gar Schäler für die Hälser? Wir einigen uns darauf, dass sich die Fahrer heute in Schale geworfen haben.
Auf Runde Drei hält
sich ein Herr in Grün längere Zeit in unserem Fahrwasser, bevor er längsseits
geht: „Für mich ist das hier mein zweitschnellster jemals gelaufener Marathon. Aber
wenn ich wie ihr die ganze Zeit quatschen würde, könnte ich dieses Tempo niemals
halten.“ Mein Augenzwinkern übersehen offenbar beide Gesprächspartner, als ich
erwidere: „Dann möchtest du also nicht mitziehen, wenn wir gleich unseren
furiosen Endspurt hinlegen?“ Matthias entfährt ein entsetztes: „Was machen
wir gleich!?“
Obwohl es als
Scherz gemeint war, sind wir plötzlich wie die Tiere, die den Stall wittern.
Die Ziellinie entfaltet ihre magische Anziehungskraft. So einer Sammel-Umkleide ist ja durchaus ein gewisser Stallgeruch zu eigen. Wir stellen die
Gespräche ein und überlassen den Grünen mitleidslos seinem Schicksal.
Vielleicht liegt es auch am starken Harndrang, der uns beide schon seit Runde
Eins plagt. Jedenfalls bekommt dieser schöne lange Tempolauf mit einer
Endbeschleunigung sein I-Tüpfelchen. Aus der ursprünglich ins Auge gefassten
3:30 wird letztlich eine 3:26:10.
Solch eine locker
herbeigeplauderte Zeit reicht natürlich nicht für den Altersklassenpokal. Für
das Glitzerzeug ist der Junior zuständig, der zwischenzeitlich die Prämie beim
10er abgeräumt hat. Nachdem wir im Anschluß noch die medaillenbehangene Tochter
aus der Schwimmhalle geholt haben, gönnen wir uns gemeinsam dieses zufriedene,
reuelose Sofalümmeln, das nur nach exzessivem Sport möglich ist.