Samstag, 28. Dezember 2019

Everest und "parkrun"

Der erste Schnee der Saison fällt auf das Dresdner Pflaster, als wir zum "parkrun" aufbrechen. Heute begleitet mich meine Tochter, die das "parkrun"-Konzept "irgendwie cool" findet.


Entsprechend motiviert schnellt sie mit dem Startsignal nach vorn. Mir war schon vor dem Lauf klar, dass sie heute schneller sein wird als ich. Mir brennen furchtbar die Oberschenkel, denn vorgestern war ich zum ersten Training an der Spitzhaustreppe. Zwölf Aufstiege hatte ich statt der geplanten zehn absolviert und für die gut 1000 Höhenmeter 2 Stunden gebraucht. Beim Mt. Everest-Treppenmarathon im April werde ich vier Aufstiege pro Stunde über 24 Stunden durchhalten müssen. Zum ersten Mal habe ich Zweifel, das gesetzte Ziel zu erreichen. So viel Gelegenheit zum Treppentraining werde ich gar nicht mehr haben, denn die meisten Wochenenden werde ich doch eher am Rhein als an der Elbe verbringen.

Spitzhaustreppe

Zur Beinpein gesellt sich noch ein hässlicher Magenschmerz. Nach der Wende lässt das Töchterchen so einsam an der Spitze etwas nach. Aber einholen werde ich sie nicht mehr können. Stattdessen schickt sich mein Verfolger an, mich zu überholen. Ich wehre mich anfangs ein bisschen. Muss dann aber einsehen, dass weitere Beschleunigung unmöglich ist.

Die Juniorin finisht eine Sekunde unter meiner Vorwochenzeit und holt sich den Gesamtsieg. Mit 20:50 muss ich zur Kenntnis nehmen, dass nicht nur der Sohn, sondern inzwischen auch die Tochter schneller als der Vater ist. Eigentlich habe ich dann doch alles richtig gemacht, oder?

Sonntag, 22. Dezember 2019

Pieschener Allee parkrun Dresden

Bisher erlebte ich meinen neuen Zweitwohnort fast nur im Dunkeln bei der täglichen Pendelei zwischen Arbeit, Fitness-Studio und Schlafstatt. Der kürzlich absolvierte Umzug in eine größere Wohnung gibt Gelegenheit, auch mal ein Wochenende an der Elbe zu verbringen, so dass ich heute die Stadt im Hellen erkunden kann - natürlich läuferisch.

Die Sonne geht mit spektakulärer Farbenpracht auf. Schon morgens herrschen windstille sechs Grad. Es ist ein Traum. Auch die Ferse bleibt mir einigermaßen gewogen, als ich die gut 5 km zur Pieschener Allee trabe, wo der "parkrun" über weitere 5 km ausgetragen werden soll. Auf das "parkrun"-Konzept wurde ich durch Olivers Blog aufmerksam. Nach einmaliger Registrierung im Internet erhält man einen Barcode, der nach dem Lauf gescannt wird, um die Zielzeit zuzuordnen. Mehr Regeln gibt es eigentlich nicht. Man muss sich weder einschreiben, noch eine Startgebühr entrichten.

Die Dresdner Truppe scheint eine eingeschworene Mannschaft zu sein. Ich bin der einzige Neue. Ein Starter feiert heute seine 50. Teilnahme. Es sind viele Nationen vertreten, aber interessanterweise sprechen alle Deutsch.


Der Däne, dessen Mutter bereits auf 400 "parkrun"-Läufe zurückblicken kann, setzt sich gleich am Start nach vorne ab. Ich will eigentlich der Ferse zuliebe nur mittraben. Aber das Wettkampffieber entfaltet doch einen gewissen Schub - im Rahmen meiner derzeitigen Möglichkeiten. Seit Oktober bin ich praktisch nicht gelaufen. Mit Stepperin, Rudergerät und Kieser-Training habe ich versucht, mich halbwegs fit zu halten.

Nach ein paar Metern finde ich mich auf dem zweiten Rang wieder. Während der anfänglich gepflasterte Untergrund dem nassen Gras der Elbwiesen weicht, baut der junge Mann aus Dänemark seinen Vorsprung weiter aus. Nach dem Passieren der Wendemarke kommt er mir freundlich grüßend entgegen. Als ich selbst umkehre, begegnet nun mir das Feld. Die meisten scheinen mit sportlichem Ehrgeiz an die Sache heranzugehen. Nur die fröhliche Engländerin klatscht mich lachend ab.

Schon die Zwischenzeiten lassen erkennen, dass es nicht für "unter 20 min" reichen wird. Aber ich muss heute froh sein, dass mich "Ferse, rechts" und "Leiste, links" überhaupt mitlaufen lassen. So nehme ich die 20:32 gelassen in die Bücher, während der dänische Sieger mit seiner 19:03 hadert.


Alle weiteren Finisher werden mit Applaus empfangen. Die Frau aus England verteilt Apfelschnitze. Und danach wollen viele noch im Sportpark Ostra gemeinsam Kaffee trinken gehen. Dass es noch ein derlei ausuferndes Kulturprogramm geben würde, ahnte ich nicht. Daher stehe ich ohne Geld (vielleicht sollte ich Google Pay doch eine Chance geben) und ohne Wechselsachen einige Zeit unschlüssig herum. Dann wird mir so kalt, dass ich die Anwendung abbrechen muss. Ich starte den Heimtrott. Als ich am gegenüberliegenden Ufer etwa die Höhe des Zielgebiets erreiche, ist von dort noch immer Applaus zu hören. Beim nächsten Mal werde ich mich wohl auch besser für die Finisher-Party ausrüsten!

Donnerstag, 12. Dezember 2019

Neue Freundin, Fersenschmerz und Sprengstoffalarm

Mit dem Titel dürfte ich mir die Neugier zumindest der Pulsmesserin gesichert haben. Und auch mancher Leser wird denken: "Kaum schläft der Kerl nicht mehr jede Nacht zu Hause, schon geht er fremd!" Und tatsächlich habe ich meine neue Freundin im Hotel kennengelernt.

Meine Dienstreisen führen mich gelegentlich in einen Übernachtungsbetrieb, dessen hauseigenes Fitness-Studio unter anderem über eine Stepper-Maschine, auch bekannt als Cross-Trainer, verfügt. Als Läufer ließ ich derlei Schönheiten bisher unbeachtet links liegen. Doch die kaputte Ferse öffnet den Blick für Alternativen. So gab ich der Stepperin eine Chance - und habe mich sofort verliebt! Die rhythmischen Bewegungen auf ihr sind äußerst fordernd und doch fersenschonend, da der Fuß auf der Bodenplatte stehen bleibt. Außerdem ist auch Arm-Einsatz nötig, so dass die Übung sehr schweißtreibend ist. Ich empfinde ähnliche Lust wie beim Laufen, habe aber den Eindruck, viel härter zu Werke gehen zu müssen. Nach einem langen Arbeitstag zieht es mich aktuell nicht hinaus in die Natur, sondern zu meiner neuen Freundin ins Hotel.

Es ist die Stepperin rechts im Bild

Am Wochenende steht mir die Geliebte nicht zu Diensten, so dass ich nach altbewährter Bedürfnis-Befriedigung trachte. Sechs Wochen hatte ich die Ferse geschont. Ein Lauf-Versuch soll gewagt werden. Doch schon nach wenigen Hundert Metern macht sich Achilles bemerkbar. Und viel schlimmer, die linke Leiste meldet ihren Widerwillen bei jedem Schritt. Vermutlich nehme ich irgendeine Schonhaltung ein, um die rechte Ferse zu entlasten, was wiederum zu Auswirkungen auf der linken Körperseite führt. Wie soll ich aus diesem Teufelskreis jemals herauskommen?

Es zieht mich also zurück zur neuen Liebe. Doch dazu muss ich erst einmal die Sicherheitskontrolle am Flughafen passieren. Dort schrillt ein Alarm. Und zwei bewaffnete Beamte mit kugelsicheren Westen eilen herbei und flankieren mich zu beiden Seiten.
"Der Sprengstoff-Test war positiv, sowohl an Ihrem Koffer als auch an Ihrem Laptop! Fahren Sie mal den Laptop hoch!"
Ich gehorche artig mit leicht erhöhtem Puls. Als nach dem Booten das Firmen-Logo auf dem Bildschirm erscheint, entfährt es einem der Beamten voller Begeisterung: "Ah, Bosch! Da habe ich mir gerade erst eine Bohrmaschine gekauft! Ich wünsche Ihnen einen gute Reise!"