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Papa ist erkältet und läuft morgen den Ultra beim Eifelmarathon!" Genau die beiden Informationen, die ich den Junior bat,
nicht explizit im Telefonat mit meiner Mutter zu erwähnen, bringt er gleich im ersten Satz unter. Und so wird mir alsbald der Hörer weitergereicht und das Verprechen abgerungen, wenigstens langsam zu laufen.
Meine Frau hingegen hatte meine Erkältung als "Männergrippe" abgetan, was ich als Starterlaubnis interpretiere. Nach unserem
2014er Vater-Sohn-Debüt auf der Eifeler Halbmarathonstrecke will sich der Nachwuchs diesmal allein dieser hügeligen Strecke stellen, während ich den nicht weniger welligen Ultra (51,4 km, 983 Hm) zu laufen gedenke. Unserem Familien-Duo schließen sich Bianka und Alexander an, so dass wir auf der fast 200 km langen Anfahrt umweltschonend und gutgelaunt als Fahrgemeinschaft reisen. Unterwegs klagt Bianka, wie "sportfaul" sie in letzter Zeit gewesen sei. Wir haben Schwierigkeiten das nachzuvollziehen, da sie im nächsten Satz erzählt, dass sie am Vortag die 18 km ins Fitness-Studio gelaufen war, um dann dort mit dem eigentlichen Training zu beginnen.
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Höhenprofil Eifelmarathon-Ultra |
Noch mehr Kilometer hat der Däne auf dem Tacho, den wir morgens auf dem Parkplatz bei der Turnhalle treffen. Er hatte dort die kostenfreie Übernachtungsmöglichkeit genutzt, muss aber direkt nach dem Marathon 800 km nach Hause fahren. Als Marathonsammler steht er kurz vor seinem "
100. Marathon in Deutschland". Überhaupt ist das Starterfeld ziemlich international besetzt. Sogar aus Russland und von den Seychellen sind Teilnehmer dabei.
Nach dem Start pendeln wir zunächst flach auf einer einsamen Landstraße. Als wir erneut den Startbogen durchlaufen,
komme ich meinem Ziel, mit dem Laufen Geld zu verdienen wieder ein Stück näher. Ich finde auf der Straße einen Euro! Damit habe ich ein Fünfunddreißigstel der Startgebühr erstattet bekommen. Übrigens wird für Marathon und Ultra die gleiche Summe verlangt. Als kühler Rechner
muss man hier im Naturpark Südeifel also den Ultra laufen.
Bianka, die heute vierte Frau wird, ist längst unseren Blicken entschwunden. Gemäß meines mütterlicherseits abverlangten Gelübdes gehe ich es ruhig an und bleibe bei Alexander. So plaudern wir uns durch die herrliche Eifellandschaft. Besonders reizvoll sind die Stellen, wo der Weg dem Flüsschen Prüm begegnet. Der Asphaltanteil des Ultralaufs ist der geringste unter allen angebotenen Distanzen. Er beträgt nach Veranstalterangabe 51,6%. Noch ein Grund hier den Ultra zu wählen.
Bald begegnet uns mein Sohn, der auf Schloss Hamm gestartet ist. Trotz der 464 von ihm zu überwindenden Höhenmeter wirkt er völlig entspannt. Als jüngster Teilnehmer ist ihm der Altersklassensieg sicher. Er hat sich daher vorgenommen, unsere 2014er Zeit von 2:10 zu unterbieten. Mit 1:56 wird er zusätzlich sogar unter zwei Stunden bleiben.
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Schloss Hamm *1 |
Dann erfüllen Dudelsackklänge die Luft, als wir in den Burghof von Schloss Hamm einlaufen, wo wir mit einem der 16 Verpflegungspunkte empfangen werden. Hügeligen Wald findet man häufiger bei Landschaftsläufen. Das spektakuläre Durchlaufen der Burg ist jedoch ein klares Alleinstellungsmerkmal des Eifelmarathons.
Dort, wo die Prüm zum Stausee Bitburg aufgestaut wird, werden wir von den Marathonis separiert und auf die Ultrazusatzschleife geschickt. Diese führt uns hoch über das Prümtal in feuchten, dunklen Tann. Der morgendliche Regen, der pünktlich zum Start aufhörte, hat hier die Wege so stark aufgeweicht, dass stellenweise Trail-Spaß aufkommt.
Das Plaudern haben wir längst eingestellt. Und ich konstatiere, dass es keine gute Idee ist, mit einem Infekt im Körper zu laufen, und sei es auch nur eine "Männergrippe". Während ich verschwitzt im kühlen Wind dahintrotte, sehe ich mich schon am nächsten Tag krank auf dem Siechbette darniederliegen. Und als wir - zurück am Stausee - einen Biergarten passieren, erscheint uns ein auf einer Terrasse mit gekühlten Getränken verbrachter Sonntag durchaus eine Alternative zu unserem aktuellen Tun.
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Stausee Bitburg *2 |
Immerhin, jetzt sind wir auf dem Rückweg. Doch als wir erneut die Burg passieren, haben die Schlossherren einen Fehler gemacht. Sie haben einen Stuhl in den Hof gestellt! Es zeigt sich, dass so viel Luxus gar nicht gut ist. Denn Alexander lässt sich zu einer Rast verführen. Ich möchte lieber in Bewegung bleiben und ziehe ab jetzt allein weiter.
Ein Blick zur Uhr zeigt, dass eine Zeit unter fünf Stunden beim besten Willen nicht mehr drin ist. Trotzdem glaube ich, der mütterlichen Vorgabe lange genug Folge geleistet zu haben und versuche, die Gesamt-Pace bis ins Ziel wieder auf einen 6er Schnitt zu drücken. Dabei passiert Erstaunliches. Es kommt zur Spontanheilung! Ein Wunder! Preiset den Herrn! Während ich fokussiert auf das Ziel (das physische und das zeitliche) dahinziehe, gerate ich den Flow. Vergessen und verschwunden sind alle Schnupfensymptome. Die Nase läuft mir beim Sport ja sowieso immer.
Inzwischen hat sich die Sonne durch die dunkle Wolkendecke gearbeitet, und es wird warm. Waren wir vorher stundenlang einsam unterwegs gewesen, bekomme ich jetzt etliche Läufer vor mir zu sehen. Und die sind sehr nett zu mir, bekomme ich beim Überholen doch durchweg positive Rückmeldungen. "
Ach, das sieht so locker aus, da hänge ich mich dran!" "
Das sieht ja immer noch gut aus." Und der am Morgen getroffene, dänische Marathonläufer meint: "
Guhd so!", als ich an einer langen Reihe Geher vorbei den letzten, fiesen Anstieg, der in der prallen Sonne liegt und einfach nicht enden will, hinauf laufe. Obwohl ich mir heute keine besondere Leistung abverlangt habe, stimmen mich die Zurufe froh. Muss man sich mal merken, wie einfach es ist, anderen eine Freude zu bereiten.
Zunächst bin ich es aber, der weiterhin Grund zum Freuen hat. Bis ins Ziel geht es nämlich nur noch bergab. Auch nach 5:05:23 darf ich mich noch zum ersten Finisher-Drittel zählen und bekomme die ersehnte Medaille umgehängt. Kurz darauf entere ich die Bühne zur Siegerehrung - unter den ungläubigen Blicken der Veranstalterin. Den Sieger der Altersklasse "Jugend A" nimmt man mir wohl nicht mehr ab. Doch als ich erkläre, dass ich stellvertretend für meinen noch ausgiebig duschenden Sohn den Preis entgegen nehme wolle, wird mir die Siegprämie ausgehändigt. Ein Handtuch nebst Duschbad - na, das passt ja!
Bildquellen:
*1) von Venetianer (Eigenes Werk) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) oder CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
*2) von bodoklecksel (Eigenes Werk) [GFDL
(http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) oder CC BY-SA 3.0
(http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons