Sonntag, 5. März 2023

(Neu-)Start beim Radebeuler Wintercross

Der neongrüne Zeit-Sensor im Ziel
 Drei Jahre voller Frust und Rückschläge liegen hinter mir. Zeit genug, um gefühlsmäßig vom Ultralaufen Abschied zu nehmen. Zwischen "Ich bin Utraläufer" und "Ich war Ultraläufer" lag ein schwerer mentaler Prozess. Dagegen schlägt die Transformation des Körpers vom Rippchen zum Rippchen mit Schwarte weit weniger ins Kontor.

Nun muss ich mir glücklicherweise in Bezug auf Distanzen und Geschwindigkeiten nichts mehr beweisen. Und so kann ich mich - frisch gehirngewaschen wie ich bin - daran erfreuen, überhaupt wieder Laufen zu können. Mittlerweile sind 3 Einheiten pro Woche und Umfänge von 5 bis 10 km wieder möglich. Ich habe sogar schon zarte Bande zur lokalen Laufszene geknüft und mich von einer ehemaligen Iron-Männin und Ultraläuferin zu gemeinsamen Bergsprints animieren lassen.

Und wie ich gestern so knappe 8 km durch den Ostflügel meiner neuen läuferischen Wohnstube - die Dresdner Junge Heide - trabe, treffe ich auf Gestalten, die Flatterbänder und Sprühkreide im Gelände verteilen. Es stellt sich heraus, dass nur 1 Kilometer von meiner tatsächlichen Wohnstube entfernt der Radebeuler Wintercross veranstaltet werden soll.

Das alte Lauffieber bricht spontan aus! Diese Gelegenheit, mir wieder Wettkampfluft in die Lunge zu pumpen, kann ich doch nicht auslassen. Noch näher geht es ja wohl kaum. (Dass der Start des Mt.-Everest-Treppenmarathons auch nur 2,5 km entfernt liegt, muss ich verdrängen, siehe oben.)

Die treuen Leserinnen und Leser werden überrascht sein, dass ich Vernunft walten lassen kann. Statt beim 8,7-km-Hauptlauf zu starten, melde ich mich für die 5,8 km an. Diese Distanz ist hier Frauen, jungen Männern und Herren jenseits der 60 vorbehalten. Alle anderen dürfen außer Konkurrenz dabei sein und werden in der Altersklasse "mVS" zusammengefasst. Möglicherweise steht die Abkürzung für "männlich, versehrte Senioren". Würde in meinem Fall jedenfalls passen.

Der Lauf ist ganz nach meinem Geschmack. Für schlanke 6 Euro kann man sich in einer Garage anmelden. Ein Kreidestrich am Waldrand markiert den Start. Immerhin gibt es Toiletten und eine Brutto-Zeitmessung per Transponder. Die Strecke führt über Waldwege, Single-Trails, feuchte Wurzeln und durch nassen Sand. Dabei sind 2 Runden zu absolvieren.

Den Startschuss verpenne ich im Gequatsche mit dem "Senior" neben mir. Egal, ich habe mich ohnehin dezent im hinteren Bereich des kleinen Feldes aufgestellt. Die Jugend entschwindet rasch zwischen den Baumstämmen. Ich versuche mich an einer 5er Pace und finde nach ein paar Überholvorgängen in einer Dame im roten Dress mit Werbung für den "Dresdner Laufsportladen", dem die schweren, gedämpften Trailschuhe an meinen Füßen entstammen, eine gute Tempomacherin.

Meine Tochter findet sich als Zuschauerin ein und ruft mir zu, ich sei "zweite Frau". Das gibt mir den Mut, auf der zweiten Runde sanft zu beschleunigen und die "Woman in Red" hinter mir zu lassen. Bestraft werde ich nun mit permanentem Keuchen in meinem Nacken. Ich wähne die Rote auf meinen Fersen. Immer wenn ihr Atemgeräusch lauter wird, versuche ich davor wegzulaufen. Auf dem letzten Kilometer hat sie mich weichgekocht. "Wenn sie jetzt angreift, kann ich mich nicht mehr wehren!", meldet der wunde Kopf. Es ist dieser Moment, wenn die Antilope weiß, dass sie dem Löwen nicht länger entfliehen kann und sich in ihr Schicksal ergibt. Doch meine Löwin kommt nicht!

Dann biegen wir auf die asphaltierte Zielgerade. Überrascht von deren unerwarteter Länge, kann ich mich noch nicht zum Endspurt aufraffen. Im Gegensatz zur Verfolgerin! Statt des erwarteten roten Leibchens strebt ein auffälliger Blondschopf (die Löwenmähne!) dem Ziel und dem Gesamtsieg der Damenwertung entgegen. Offenbar hat sie sich mit strategischem Geschick von hinten durch das Feld gearbeitet. Immerhin ist das hier der Auftakt zur Serie der Stadtmeisterschaften. Vier Sekunden nach ihr halte ich meinen Transponder an den Sensor.

Trotz des verlorenen Zweikampfes war der letzte Kilometer der schnellste. Und mit der Gesamt-Pace von 4:30 darf ich wohl auch zufrieden sein. Immerhin hat es für die Top Ten gereicht! Davon abgesehen, war es herrlich zu spüren, dass doch noch Leben in dem maroden Kadaver steckt.

Folgerichtig ist dann wohl die nächste Station der Oberelbemarathon. Da gibt es laut Ausschreibung nämlich auch eine 5-km-Distanz.

Montag, 26. September 2022

Zugspitze

Gipfelgrat und -kreuz
Neulich wurde das Pulsmesser auf offener Straße von einem weiblichen Fan erkannt und bedrängt! Na gut, die Dame war hier schon Subjekt der Berichterstattung. Insofern war das Erkennen nicht so schwierig. Und in Bedrängnis geriet ich nicht körperlich, sondern weil der Wunsch nach Fortsetzung des Blogs geäußert wurde. Aber worüber berichten, wenn keine extremen Laufabenteuer mehr durchgestanden werden?

Inzwischen habe ich die Besteigung der Zugspitze vorzuweisen. Das könnte eine Nachricht wert sein. Immerhin war ich mir völlig im Unklaren darüber, ob das Vorhaben überhaupt mit meiner aktuellen Verfassung in Einklang zu bringen sei. Im Internet fanden sich Aufstiegszeiten zwischen 8 und 10 Stunden für die Route von Garmisch durch das Reintal. So lange war ich seit dem letzten Ultra nicht mehr draußen unterwegs. Auf der Strecke sind 22 km und 2200 Hm zu absolvieren. Solche Distanzen kann ich inzwischen wieder wandern, doch diese Menge an Höhenmetern hatte ich dabei auf meinen Touren in der Sächsischen Schweiz (die ich ja jetzt vor meiner neuen Haustür habe) bisher nicht erreicht. Gelegentliche Feierabend-Besuche an der Spitzhaustreppe möchte ich noch nicht Training nennen. Aber die bloße Existenz des Bauwerks hält die Sehnsucht nach früheren Zielen aufrecht.

Das jüngste - wenn auch inzwischen volljährige - Pulsmesserchen hat sich zur ausgewachsenen Triathletin auf Landes-Liga-Niveau entwickelt und braucht auch im Urlaub sportliche Herausforderungen. Daher wollen wir uns gemeinsam zu Deutschlands höchstem Gipfel aufmachen. Dabei gilt es, den potentiell zehnstündigen Aufstieg irgendwie mit der Öffnung der Partnachklamm um 8:00 Uhr und der Abfahrt der letzten Seilbahn vom Gipfel um 17:45 Uhr in Einklang zu bringen. (Es gibt quasi einen Startschuss sowie ein Cut-Off im Ziel.) Außerdem sei noch eine weitere Stunde auf dem Gipfel für das Schlangestehen zum Gipfelkreuz einzuplanen, lässt uns Pulsmesser Jr. wissen, der die Tour ein Jahr zuvor in 6:39 h hinter sich brachte.

Wir zerschlagen den Gordischen Knoten, indem wir die Partnachklamm über die Partnachalm umgehen. Das bedeutet zwar noch mehr Höhenmeter, erlaubt uns aber den Aufbruch um 7 Uhr, so dass wir ohne stressigen Blick zur Uhr genussvoll wandern können und die Wege morgens für uns allein haben.

Nachdem wir zwei Stunden unterwegs sind, motiviert uns ein Wegweiser mit der Auskunft "Zugspitze 8h". Nach etwa drei Stunden haben wir das Reintal durchschritten und beginnen den Aufstieg. Das Fiese an der Tour ist, dass die Route immer anspruchsvoller wird, je erschöpfter man bereits ist. Der Anstieg wird stetig steiler. Das Ganze "gipfelt" dann beim Sonnalpin in einem Schotterfeld. Nach zwei mühsam bergauf gekraxelten Schritten rutscht man wieder einen Schritt zurück. Unterwegs hatte meine Tochter die philosophische Frage aufgeworfen, warum man sich solche Quälereien antue. Überrascht gab ich zurück, dass der Tag für mich eher Genuss als Qual bedeute. Doch hier ist für mich klar der Punkt erreicht, an dem es keinen Spaß macht. Letztlich ist diese Passage aber überraschend schnell vorbei und es folgt das seilversicherte Finale zum "Gipfelaufbau", den wir nach 7:40 h erreichen.

Blick zum Eibsee
Dieser Aufbau ist von Menschenhand geschaffen. Man betritt die Plattform über eine Treppe, die mehr oder weniger direkt zum Bratwurststand führt. Immerhin sind Wegweiser zum Gipfel im Dachbereich der Infrastruktur angebracht. Überraschenderweise muss man dahin zunächst eine Treppe nach unten nehmen, die letztlich zum Einstieg in die leichte Kletterei zum Gipfel führt. Ab dort heißt es geduldig Schlange stehen, da der Gegenverkehr vom Gipfel erst abgewartet werden muss. Von der anderen Seite führt aber noch ein Klettersteig zum höchsten Punkt Deutschlands. Dadurch scheint der Strom der Entgegenkommenden niemals zu enden.

Irgendwann bin ich zum Grat vorgedrungen und habe die Nase voll. Hier ist die höchste Stelle. Die weitere Warterei, bis jeder sein persönliches Selfie vorm Gipfelkreuz geschossen hat, wird mir zu viel. Ich breche an dieser Stelle ab. Während der Nachwuchs das Kreuz auf sich nimmt,  weiter zum Kreuz vorzudringen, gönne ich mir ein alkoholfreies Bier im sonnigen Biergarten. Ich hatte mit Gipfel-Nepp gerechnet, nehme aber erstaunt zur Kenntnis, dass die goldene Flüssigkeit einen Euro weniger kostet als auf der Rauensteinhütte in der Sächsischen Schweiz. Die Zeiten, in denen im Osten Deutschlands die Lebenshaltungskosten niedriger waren, sind wohl vorbei.

Dank der langen Trockenheit ist kaum Feuchtigkeit in der Luft. Die Bergsicht ist einfach unübertroffen und atemberaubend. Erst hier am Gipfel kann man sie voll genießen, da man während der Wanderung ständig von den steilen Wänden der umliegenden Bergmassive umgeben ist.

Der Rücktransfer ist anfangs noch ganz spannend, wenn es mit der riesigen Gondel (man stelle sich drei parallele Linienbusse vor), deren Seil unterwegs nur einmal abgestützt wird, zu Tal geht. Unterwegs sieht man die in den Fels geschlagenen Höhlen, in denen die Erbauer der ersten Seilbahn lebten. Mittlerweile gibt es wohl auch eine geführte Klettersteigtour zum Gipfel, die diese Höhlen zeigt. Im Tal zeigt sich jedoch, dass die Zahnradbahn, in die umgestiegen werden muss, nicht in der Lage ist, die per Seilbahn herangeschafften Massen zu transportieren. Wir verlieren hier etwa 45 Minuten, da man uns in den nächsten Zug nicht hineinlässt, der übernächste aber schon voll ankommt. Schließlich ist noch ein Fußmarsch vom Bahnhof zum Auto zu absolvieren, so dass wir letztlich rund 13 Stunden auf den Beinen waren.

Ein grandioses Bergerlebnis geht zu Ende, dass ich nicht missen möchte, wegen der Transfer-Thematik aber so nicht wiederholen würde.

Ein Schild unterwegs


Sonntag, 3. April 2022

Am Boden


Wandern ist wieder möglich
Als ich aufstehe, fängt alles an sich zu drehen. Ich verliere das Gleichgewicht, vielleicht auch kurz das Bewusstsein, und schlage lang auf den Boden. Unfähig aufzustehen, rufe ich um Hilfe. Glücklicherweise ist auch die Pulsmesserin im Home-Office. Nach einer Weile gelingt es ihr, mich aufzusetzen. Später schaffe ich es sogar zurück ins Bett. Die Deckenlampe kommt regelmäßig über mir vorbeigefahren. Mir wird übel. Ich schiebe Panik, bin kreideblich und schweißnass. Die Pulsmesserin ruft den Notarzt. Der ist Minuten später zur Stelle. Nachdem erste Untersuchungen Herzinfarkt und Schlaganfall ausschließen, bleibt als einzige Sorge der niedrige Puls. Der Arzt bestaunt die vielen Medaillen an der Wand, schreibt "Leistungssportler" in den Bericht und erklärt so auch die Herzfrequenz. 

Und das obwohl ich seit fast 2 Jahren keinen richtigen Sport mehr mache. Im Sommer konnte ich schon wieder knappe 20 km mit nur leichten Beschwerden wandern. Zum Jahresende wurde ich mutiger und begann zu laufen. Ich steigerte mich schnell auf vier Kilometer, da ich unterwegs keine Schmerzen spürte. Dann zwickte der Rücken. Und urplötzlich ereilten mich auf der Couch wieder diese extrem schmerzhaften Adduktorenkrämpfe. Diesmal mied ich alle Ärzte. Bewegungsverbot kann ich mir auch selbst auferlegen. Und die Übungen vom Physio kenne ich mittlerweile auswendig. Doch es war ein emotional harter Winter, bis ich so weit schmerzfrei war, diese wieder aufnehmen zu können.

Und jetzt falle ich plötzlich einfach so um?! Die Notärzte vermuten einen Infekt. Da könne der Körper schon einmal so reagieren. Sie fahren mich in die Notaufnahme. Dort werde ich nach 2 Beuteln Infusion mit dem Ratschlag entlassen: "Wenn es Ihnen wieder schwindlig wird, schnell hinlegen, damit Sie sich nicht beim Fallen verletzen!" Ich verschlafe den restlichen Tag.

Mir kommt der Verdacht, dass so ein jahrelang entzündetes Schambein vielleicht so seltsame Reaktionen im Körper hervorrufen könnte. Ich lasse mich eine Woche krankschreiben und durchchecken. Die Blutwerte sind dank der Einnahme von Vitamin D3 und Eisen tiptop. Es finden sich auch keine Entzündungsmarker. Herz, Aorta, Schilddrüse und Blutdruck geben ebenfalls keinen Anlass zur Besorgnis. Und das MRT zeigt, dass die Schambeinentzündung auf etwa 50% abgeklungen ist. Nach fast zwei Jahren. Immerhin, ich bin also auf dem Weg der Genesung.

Nach 10 Tagen fühle ich mich wieder besser. Schwindlig wird mir auch nicht mehr. Dann wird es wohl doch ein Infekt gewesen sein.

Sonntag, 2. Mai 2021

Ernüchterndes Ergebnis der "Funktionell-orthopädischen Diagnostik"


 Der schwarze Vorhang schließt sich, und ich stehe im Dunklen. Dann blitzen rote Laserstrahlen in allen Ecken auf. Motoren surren und lassen Kameras und Sensoren auf und ab fahren. Ich werde von Kopf bis Fuß gescannt.

Anschließend rasieren mir junge, schöne Frauen die Beine. Allerdings nur punktuell, denn ich werde bis zur Hüfte mit Sensoren beklebt. Diese kommunizieren per Bluetooth mit dem Rechner, an dem die schönen Frauen nun Platz genommen haben, um mir am Bildschirm mein Alter Ego als 3D-Modell zu präsentieren. Zusätzlich werde ich aus verschiedenen Perspektiven gefilmt. Und dann kommt der Moment, auf den ich so lange gewartet habe. Ich darf laufen!

Auf einer lächerlich kurzen Pendelstrecke renne ich durch das IFD, das Institut für Funktionelle Diagnostik in Köln. Trotz dieses Umstands stellt sich nach kurzer Zeit jenes fast vergessene Gefühl ein, das Laufen in mir auslöst. Allein dafür hat sich die Analyse schon gelohnt.

Später muss ich noch über sensitive Platten gehen, um meinen Fußabdruck zu analysieren. Und die Maximalkraft meiner Abduktoren und Adduktoren wird ermittelt.

Eine Woche später treffen sich die jungen, schönen Frauen wieder mit mir. Es stellt sich heraus, dass sie einen Master-Abschluss in Sport Technologie haben. Ich bin erstaunt, was für vielfältige Studienmöglichkeiten es gibt. Ob die Damen bei der Studienwahl allerdings geahnt haben, dass Beinrasur zu ihrem künftigen Tätigkeitsfeld gehören wird? Auch der Arzt ist bei unserem Stelldichein mit dabei, so dass eine direkte Kommunikation möglich ist. Nach dem ganzen Orakeln über unscharfen MRT-Bildern betrachte ich das als großen Fortschritt.

Bei der gemeinsamen Auswertung erfolgt die Ernüchterung. Ich hebe den Fuß zu früh, so dass die Zehen keine Gelegenheit haben, vom Boden abzudrücken. Das rechte Knie dreht sich nach innen, was zusätzlichen Zug auf die Achillessehne gibt. Der Oberkörper pendelt nach rechts. In der Hüfte bin ich zu steif, so dass dort die Stöße nicht gedämpft werden. Die hintere Oberschenkelmuskulatur ist extrem verkürzt. Es mangelt an Rumpfstabilität und Kraft in den Adduktoren und Abduktoren. Dazu kommen noch Dysbalancen und eine schiefe Hüfte. Wie konnte ich nur jemals einen Fuß vor den anderen setzen!?

Nun baue ich mit dem Physio gezielt Stabilität auf. Von unten nach oben. Momentan sind wir bei den Füßen ... 

Trotzdem steht das Ziel, Mitte Juni am 5-km-Lauf teilzunehmen. Der Physio meinte, ich möge die ersten Laufschritte ganz sanft auf Tartan versuchen. Also habe ich heute mal geschaut, ob das Stadion überhaupt zugänglich ist. Tatsächlich konnte ich dort eine erste 400m-Runde laufen. Schmerzfrei!

Sonntag, 7. Februar 2021

Osteitis Pubis und Haglund Exostose

Stumpf rostet die Klinge des Pulsmessers vor sich hin.

Seit Juli 2020 bin ich nicht mehr gelaufen. Und seit Ende Oktober habe ich den ärztlichen Rat befolgt und keinerlei Sport mehr getrieben sowie jegliche Bewegung auf ein Minimum reduziert. Ohne Erfolg! Das MRT zeigt keinerlei Verbesserungen, weder in der Ferse noch im Schambein.

Ich brauche einen Strategiewechsel und kündige dem Fortuna-Arzt die Gefolgschaft. Denn der Fußballarzt aus Köln, der eigentlich nur die Ferse betreuen sollte, hält nicht viel von absoluter Sportpause. Er schickt mich wegen des Schambeins zur Osteopathin. Nach eingehender Untersuchung gipfelt ihre Diagnose in dem Ausruf: "Sie kann man ja nirgends anfassen, ohne dass es Ihnen weh tut!" Immerhin sind mir jetzt ein paar sanfte Übungen erlaubt. In meiner Situation freue ich mich schon über Fußgymnastik und Spaziergänge. 

Doch auch dem Kölner Mannschaftsarzt vertraue ich nicht blind. Als Spezialist für Fersenoperationen hält er auch in meinem Fall einen solchen Eingriff für unausweichlich: "Ich operiere das sehr gerne!" Nachdem ich im November einige Zeit auf Krücken verbrachte, schreckt mich die Aussicht, nach der OP mindestens vier Wochen auf diese Gehhilfen angewiesen zu sein. (Da holst du dir nicht mal mehr einen Kaffee ins Homeoffice!) Ungefähr drei Monate dauert die Rekonvaleszenz nach der OP, ein Aufenthalt in der Rehaklinik nebst Arbeitsunfähigkeit inklusive. Da versuche ich doch erstmal die konservative Therapie. Stoßwellenbehandlung verbessere die Durchblutung und könne so in etwa 60 Prozent der Fälle helfen.

Bei der ersten Anwendung bricht mir im Liegen der Schweiß aus. So sehr bin ich damit beschäftigt, den Schmerz zu veratmen. Doch schon beim nächsten Mal kann der Doktor das Gerät auf maximaler Stufe laufen lassen. Und bei der vierten Behandlung findet der Arzt lange keine Stelle, an der es überhaupt noch schmerzt. Um sein Gerät zu testen, hält er es kurz an den gesunden Fuß. Mit dem Effekt, dass ich aufjaule. Als ich mich wundere, dass der gesunde Fuß mehr weh tut als der kranke, meint der Orthopäde: "Irgendwas hat man immer!"

Nur morgens nach dem Aufstehen fühle ich noch ganz kurz einen Anlaufschmerz in der Ferse. Optimimus macht sich breit und überträgt sich auf die Aussichten für's Schambein. Ich habe mich soeben für einen 5-km-Lauf im Juni angemeldet!

Donnerstag, 29. Oktober 2020

Beim Mannschaftsarzt von Fortuna Düsseldorf

Fortuna Düsseldorf Meinem Sportarzt verdanke ich die präzise Diagnose. Bei der Therapie ist er weniger erfolgreich. Nach acht Wochen zeigt ein erneutes MRT keinerlei Verbesserung im Bereich des Schambeines. Und die anfängliche Schmerzfreiheit der Ferse hat die verschriebene Physiotherapie zunichte gemacht. Der Therapeut, ein ehemaliges Mitglied der holländischen Nationalmannschaft, lässt mich u.a. die Ferse mit zusätzlichen Gewichten dehnen und rät zu kurzen Läufen ("Das hältst du doch sonst gar nicht aus!") Nach einem Versuch über 5 km sind alle Beschwerden sofort wieder spürbar. Der Beginn der Behandlung fällt mit dem Ende der Einnahme der entzündungshemmenden Schmerzmittel zusammen. Somit ist die Ursache der erneuten Pein nicht genau auszumachen.

Außerdem rät mir der Physio zum gezielten Beinmuskelaufbau im Studio. Ich melde mich also an und verfalle in alte Muster: ich gehe fast täglich hin. Ich mache sogar Pilates! Danach krampfen die Adduktoren wieder.

Mein ganz persönlicher Lockdown

Der Doktor ist mit seinem Latein am Ende und überweist mich zum Mannschaftsarzt von Fortuna Düsseldorf. Es folgt mein ganz persönlicher Lockdown.

Der Fußball-Doc hat mit Schambeinentzündungen Erfahrung und hält mir einen langen Vortrag. "Das ist eine schwere, sehr ernste Erkrankung!" Man müsse sich das als einen Ermüdungsbruch des Schambeins vorstellen. Ein Ermüdungsbruch gehöre sonst in Gips, also ruhiggestellt. Genauso wie übrigens meine Ferse. Wo denn meine Krücken seien? Was ich Sportpause nennen würde, sei für andere immer noch ein Marathon. Ich dürfe mich nicht bewegen: "Zwei Monate Malediven. Und dann maximal vom Hotel zum Strand und zurück. Sonst nichts. Kein Gym, kein Schwimmen, kein Radfahren! Bist du bisher zu Fuß gegangen, nimmst du jetzt das Auto. Willst du in den dritten Stock, fährst du mit dem Fahrstuhl!" Höchstens 1000 Schritte am Tag gesteht er mir zu. Müsste ich in meinem Beruf gehen oder stehen, hätte er mich sofort krankgeschrieben.

Null Sport

Er schickt mich direkt nochmal zum MRT. (Plötzlich kann ich mit diesen elektrischen Lime-Rollern etwas anfangen!) Angesichts des Ergebnisses wird der Fortuna-Doktor wieder drastisch: "Im Schambein ist eine sehr, sehr, sehr starke Entzündung!" Die Ruhezeit ("Null Sport!") wird unter diesem Eindruck gleich mal auf drei Monate erhöht. Der Praxisrekord läge übrigens bei neun Monaten.

Außerdem zeigt sich diesmal zusätzlich an der Ferse ein Anriss der Achillessehne. Vermutlich ein Ergebnis der Physiotherapie, denn im MRT-Befund vom August war ein Riss explizit ausgeschlossen worden. Vielleicht kann man diese "Schwarz-Weiß-Fotos" auch einfach unterschiedlich interpretieren, und jeder sieht da was anderes. Auf jeden Fall scheint das nun ein Fall für den nächsten Spezialisten zu sein: "Ich behandele dich wie einen Leistungssportler. Und meine Fussballer gehen alle nach Köln." Dort sitzt der ehemalige Ärztliche Berater von Inter Mailand und agiert als Mannschaftsarzt von FC Viktoria Köln. Sein Spezialgebiet ist der Fuß, speziell Erkrankungen der Achillessehne. Ich habe nächste Woche einen Termin. 

Auf der Überweisung stehen nur drei Zeichen: "OP?"


Montag, 17. August 2020

Ein überraschendes MRT-Ergebnis

Ferse (Quelle: Wikipedia)
 Seit Herbst 2018 laboriere ich mit Schmerzen in der rechten Ferse und in der linken Leiste herum. Mittlerweile ist unbeschwertes Laufen überhaupt nicht mehr möglich. Selbst beim Gehen spüre ich Fersenpein.

Bisher hatte ich versucht meiner Verantwortung als Körperbesitzer selbst nachzukommen. Inzwischen muss ich aber konstatieren, dass alle Versuche mit Alternativsport sowie Dehn- und Kräftigungsübungen keine wirkliche Verbesserung gebracht haben. Ich brauche doch einen Arzt!

Als Sofortmassnahme zur Entlastung der Ferse werden Einlagen mit fünf Millimeter Fersenerhöhung verschrieben. Bemerkenswert ist hier, dass sich Arzt und Einlagen-Expertin einig sind, dass die hochgestellte Ferse nur als Therapiemassnahme gedacht ist und keine Dauerlösung sein soll.

Der Sportmediziner findet meine Fußfehlstellung gar nicht soo schlimm. Die Schuhexpertin spricht von stark verspannter Fußmuskulatur. Zusätzlich zu den Einlagen gibt es noch ein Schmerzpflaster für die Ferse und den tröstliche Hinweis, es würde zwar lange dauern, aber wieder werden.

Dann folgen MRT-Untersuchungen für Leiste und Ferse. Die dauernde Entzündung des Achillessehnenansatzes ist schon auf den Knochen übergegangen, wo sich ein Ödem gebildet hat. Die schmerzende Leiste erweist sich nur als Symptom schlimmeren Übels. Zwar gibt es auch dort eine kleinere entzündliche Reizung, das eigentliche Problem (das ohne MRT niemals zu entdecken gewesen wäre) liegt im Schambein. Dort hat sich ein ziemlich großes Ödem gebildet. Entzündungen im Schambein zeigen sich oft nicht als lokale Schmerzen, erfahre ich. Es tue irgendwo anders weh, was die Diagnose erschwere. Da die Adduktoren ihren Anfang am Schambein nehmen, bekomme ich auch eine Erklärung für meine vermeintliche "Adduktoren-Zerrung"!

Die Ferse wird als hinreichend versorgt angesehen. Mit den Einlagen sind meine Schmerzen beim Gehen bereits verschwunden. Dazu gibt es noch sechsmal Physiotherapie. Das Schambein bereitet viel mehr Sorge. Außer Ruhe ist kaum eine Therapie möglich. Mario Götze sei drei Monate nach Hawaii geschickt wurden, um sich auszukurieren, meint der Arzt. Da ich das für mich ausschließen muss, sieht er für mich stattdessen Akkupunktur und ein homöopatisches Mittel vor. Offenbar ist die Aufschrift "Nur für Schropfköpfe" auf dem Abfalleimer in der Praxis doch kein Witz. Aber in meiner Situation bin ich bereit jeden Strohhalm zu greifen.

Dass ich mit dieser Symptomatik noch so lange sportlich aktiv sein konnte, erstaunt den erfahrenen Sportmediziner. Er führt es auf die verminderte Schmerzempfindlichkeit des Ultraläufers zurück. "Wenn ich Sie in 10 Jahren mal in der Stadt treffe, habe ich Ihren Namen wahrscheinlich vergessen. Aber an Ihre spezielle Geschichte werde ich mich sofort erinnern!

Als Sport komme zunächst nur noch Schwimmen und Dehnen in Frage, rät der Arzt. Nach zwei frustrierenden Kraul-Versuchen belasse ich es vorerst beim Dehnen.