Sonntag, 20. April 2014

Mehr als Marathon - Wege zum Ultralauf



Werner Sonntag gehört zu der Generation, die das Ultra-Laufen in Deutschland überhaupt erst salon- bzw. wettbewerbsfähig gemacht hat. Mit 339 Marathons, davon 147 Ultras, zählt er zu den ganz erfahrenen Ultra-Urgesteinen. Trotz allem erklärt er - sympathisch bescheiden - sein Buch "Mehr als Marathon - Wege zum Ultralauf" nicht zum Trainingsbuch für den Ultralauf. Er stellt sogar in Frage, ob man überhaupt universelle Ultra-Trainingspläne aufstellen könne. Sein Buch soll sich einfach als Handreichung von Amateur zu Amateur verstehen ("Ich bin ein 'Jedermann'").

Sonntag mag sich trotz seiner vielen Erfolge beim Laufen als Amateur sehen, aber beim Schreiben ist er Profi. Dass hier nicht einfach ein Läufer ein Buch geschrieben hat, sondern dass ein erfahrener Autor und Redakteur gearbeitet hat, spürt man ab der ersten Zeile. Der Leser hält hier ein hervorragend recherchiertes Fachbuch in den Händen, das seine Quellen (wie z.B. Ernst von Aaken) kritisch hinterfragt.

Des Autors Mindestanspruch ist offenbar, dass Ultra-Laufen als Sport akzeptiert und toleriert wird. An zahlreichen Beispielen aus seiner umfänglichen Erfahrung wird deutlich, dass das – gerade auch in Sportverbandskreisen – lange nicht der Fall war. Eine Situation, mit der Sonntag noch immer nicht versöhnt scheint. Das eigentliche Anliegen des Autors besteht darin, für das Ultra-Laufen zu werben. Wer mit der Ultra-Distanz (bisher) keine Berührung hatte, lese also dieses Buch! Doch auch Läufer mit Ultra-Erfahrung werden noch Nutzen aus der Lektüre ziehen.

Werner Sonntag*
Jedem Kapitel des Buches ist ein passendes Zitat vorangestellt. Allein diese Zitate-Sammlung ist schon lesenswert. Am Ende jedes Kapitels werden die Ausführungen in ein paar kurzen Merksätzen zusammengefasst. Somit könnte der eilige Rezipient das Buch auch hurtig querlesen. Doch damit brächte er sich um das Vergnügen, den fundierten, mit Beispielen, Quellen und Erlebnissen belegten Argumentationen des Autors zu folgen. Nicht alle mögen den Leser überzeugen, was Werner Sonntag auch selbst einräumt und als Beispiel den Aufschrei einer Ärztin angesichts seiner Behauptung anführt, man könne ohne Risiko jeden Monat einen Marathon laufen. Doch seine Einsichten entstammen einer so extrem langen Erfahrung (teilweise revidiert er inzwischen  eigene Ansichten aus seinen früheren Werken), dass sie alle Theorie blass aussehen lässt. "Dies ist das Buch eines Praktikers für die Praxis."

Dass Sonntag einer anderen Generation angehört, wird nicht nur an seiner langen Erfahrung deutlich. Auch sein Frauenbild ist davon geprägt. So postuliert er, dass gerade Frauen für den Ultra-Lauf geeignet seien, da es in diesem Bereich weniger wettkampforientiert zugehe. („Die Frau ist ein Dauerleister.“)

Ab 50 km könne man von einem Ultra-Lauf sprechen, so schreibt Sonntag. Doch zwischen den Zeilen liest man immer wieder, dass für ihn ein richtiger Ultra 100 km lang sein muss. Während das Finish eines Marathons noch einigermaßen planbar sei, bleibe der Ultra ein Abenteuer. Um dieses Abenteuer erfolgreich zu bestehen, liefert sein Werk jede Menge wertvolle Praxis-Tipps, z.B. zu Training, Psyche, Ausrüstung, Krise, Strategie und Ernährung.
"Den Lauf zu beenden, nur weil das Laufen schwer fällt und es irgendwo weh tut, ist nicht zu akzeptieren. Denk' daran, wenn du in Versuchung gerätst."
"Wenn du den Ultrawettbewerb läufst, denke an mich! Denke daran, dass ich wahrscheinlich dieselben Probleme wie du gehabt habe. ... Meinen letzten 100-Kilometer-Lauf bin ich im Alter von 82 Jahren gelaufen und gegangen. Da wirst du das doch auch schaffen."
Werner Sonntag,  Mehr als Marathon - Wege zum Ultralauf, Sportwelt-Verlag

Leseprobe

*Foto: AlphaFoto via Sportwelt-Verlag

8 Kommentare:

  1. Des Buch habe ich am Samstag geschenkt bekommen. Werde bestimmt bald anfangen darin zu schmökern :)

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  2. Oh, das klingt mir nach einem Buch für meinen Schatz. Er beschäftigt sich ja immer mal wieder mit dem Thema Ultra Lauf.
    Da habe ich ja mal wieder ein Geschenk :-)
    Von jemandem der mit 82 Jahren noch 100 KM läuft, kann man bestimmt noch einiges lernen.
    Liebe Grüße
    Helge

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    1. Hoffentlich freut er sich über den dezenten Hinweis, dass er doch einen Ultra laufen möge ;-)

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  3. Eine sehr schön geschriebene Rezensioin. Vielen Dank dafür! Bei Gelegenheit werde ich mir das Buch sicher auch ansehen.

    Liebe Grüße
    Rainer

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    1. Danke dir, ich denke ich werde gelegentlich immer wieder in dem Buch blättern, denn es ist sehr motivierend.

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  4. Das Buch war mir schonmal begegnet. Sollte ich an das Abenteuer "Ultra" denken, wäre das sicher mein Einstieg. Aber wenn man mit 82 noch so etwas laufen kann, habe ich ja noch etwas Zeit :-)
    Liebe Grüße
    PS: Warum zeigt mir meine Blogroll schon länger einen Beitrag über Crane Barfußschuhe in Deinem Blog, und den scheint es gar nicht zu geben...?

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    1. Ich saß im Harzer Funkloch fest und habe versucht, von dort den Gewichtswert zu korrigieren. Dabei muss wohl der Status auf Entwurf zurückgesetzt worden sein. Ohne Netz ist halt nix mehr ...
      Danke für den Hinweis, jetzt sollte es wieder passen.

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