Montag, 7. April 2014

Als Tarahumara beim Lintorfer Citylauf



Sportpause beim Pausensport
„Heute kein Pausensport“, lässt uns ein Schild an der schulischen Umkleide des Lintorfer Citylaufs am 6.4.2014 wissen. Gut, dann treiben wir heute mal richtigen Sport!

Die Latte liegt hoch


Das jüngste Pulsmesserchen hat schon am Vortag die Latte recht hoch gelegt und eine Bronzemedaille in neuer persönlicher Bestzeit erschwommen. Heute gibt sie den läuferischen Auftakt und wird Fünfte ihrer Altersklasse. Pulsmesser Jr. lässt sich auch nicht lumpen, verbessert seine 5-km-Bestzeit und erringt die Silbermedaille in seiner Alterswertung. Herrlich, diese kleineren Läufe, bei denen auch die Altersklassenplatzierungen entsprechende Würdigung finden! Werde ich heute auch eine Medaille umgehängt bekommen?

Viel vor 

 

Ich habe mir viel vorgenommen und will meine 10-km-Bestzeit vom Februar noch einmal unterbieten. Und wenn ich vor drei Jahren bei dieser Veranstaltung mit einer 40er Zeit einen zweiten AK-Platz erreichen konnte, müsste ich es doch heute auch aufs Treppchen schaffen, oder?

Noch fühlt es sich gut an


Am Start wird Mitläufer und Mitblogger Burkhard auf mein Handgelenksbändchen mit den Durchgangszeiten für die vier Runden aufmerksam und bietet mir angesichts der aufgedruckten 3:50er Pace seinen Platz in Reihe 2 an. Doch für einen Wechsel unserer Positionen ist es zu spät. Schon knallt der Schuss. Wie fast immer presche ich zu schnell los. Aber es fühlt sich gut an. „Wer nicht wagt, …“, denke ich und spurte weiter. In der zweiten Kurve überholt mich ein großgewachsener Mitstreiter, der mich noch um zwei, drei Zentimeter überragt. „Der ideale Windschatten und Pacemaker! Da muss ich dran bleiben!“ Und wie so oft, wenn man gemeinsam mit Läufern ähnlicher Physiognomie in gleichem Tempo unterwegs ist, stellt sich bald Gleichschritt ein.

Ein stummes Angebot


So keuche ich meinem schnellen Vorbild hinterher. Es gleitet geräusch- und scheinbar auch mühelos dahin, während ich hörbar hechele, um die 4:43er Pace mitgehen zu können. Plötzlich wechselt  der „Pacemaker“ nach links und gibt demonstrativ die Strecke frei. Vielleicht nervt ihn mein Gekeuche in seinem Nacken. Es ist mental nicht einfach, derart verfolgt zu werden. Er kann ja nicht wissen, dass ich keine ernstzunehmende Konkurrenz bin und keinesfalls noch schneller laufen kann. So muss ich sein stummes Angebot leider genauso stumm ausschlagen.

Im Trio


Auf dem Weg zum Start-/Zielbereich sammeln wir noch einen Konkurrenten auf und werden als Trio von Co-Moderator und Mitorganisator Marcus Eichler begrüßt: „Da haben sich drei gefunden!“ Der dritte im Bunde lässt aber schon bald abreißen, während ich noch immer meinem „Auserwählten“ wie ein Schatten folge. 

Noch ein Angebot und eine Überraschung


Und exakt an derselben Stelle wie auf Runde Eins gibt dieser wieder nach links ausweichend für mich die Spur frei, unterstreicht sein Angebot aber diesmal mit den Worten: „Na, keine Lust?
Wenn ich an dir dranbleibe, bin ich schon gut.“, stoße ich mühsam hervor. 
Und füge hinzu: „Wenn es denn recht ist.
Ist es offenbar nicht, denn der Große scheint seinen Schritt nun noch etwas zu beschleunigen. Ich bleibe zwar dran, habe aber am Ende von Runde Zwei einzusehen, dass ich ihn ziehen lassen muss, um ein sich ankündigendes Seitenstechen im Zaum zu halten. Gerade will ich mich zurückfallen lassen, als etwas völlig Unerwartetes geschieht. Der „Auserwählte“ gibt auf und beendet das Rennen!

Der Weiße Tarahumara


Das ist ja hier wie bei den Tarahumara auf der Jagd! Jene setzten den Tieren solange nach, bis diese erschöpft zusammenbrachen und sich dann erwürgen ließen. Auf letztes verzichte ich natürlich, hatte ich doch schon das erste überhaupt nicht im Sinn! Habe ich mich unfair verhalten, einfach jemanden als persönlichen Pacemaker zu missbrauchen? Wer schon einmal kilometerlang einen Verfolger hinter sich schnaufen hörte, weiß wie zermürbend das sein kann. Doch der große Schnelle wirkte so unangestrengt. Wie sehr ich mich mit dieser Einschätzung täusche, sehe ich erst hinterher auf den Fotos, die Frau Pulsmesser an der Strecke aufnimmt. Sie zeigen meinen Vordermann mit hochrotem Kopf und gequältem Gesichtsausdruck. Ich sehe aber auch nicht viel besser aus. Wenn man uns zwei leidende Leptosomen so anschaut, kommt einem als Bildunterschrift „Flucht aus dem Gulag“ in den Sinn.

Einbruch


Ich bin jetzt völlig allein unterwegs. Mir sinkt der Mut. Und die Geschwindigkeit. Als ich auf einmal eine Kilometerzeit von 4:05 stoppe, versuche ich mich endlich zusammenzureißen. Erwartungsgemäß ist die dritte Runde die schwerste. Nun fängt auch das Überrunden an. Ideallinie kann ich jetzt nicht mehr laufen und bahne mir im Zick-Zack meinen Weg. Endlich hat mein Geschnaufe mal einen Vorteil. Mancher hört mein Herannahen und weicht aus. Beim erneuten Durchlaufen des Zielbereiches hänge ich 15 Sekunden hinter meinem Plan.

Endspurt


Mehr Zeitverlust will ich nicht akkumulieren. Wenigstens eine neue Bestzeit soll noch auf die Urkunde, wenn schon die – einfach aus der Luft gegriffene – Zielvorgabe von 38:20 nicht erreicht werden kann. Und was sind schon diese lächerlichen, verbleibenden zwei Kilometer? Ein Witz! Ein einziger Endspurt!
Schön wär’s. Zumindest auf der Zielgeraden quetsche ich nochmal die Zitrone und laufe mit neuer persönlicher Bestzeit ins Ziel. 38:39 min. Das reicht für die Bronzemedaille in der Altersklasse!


Die sportliche Familien-Bilanz eines Wochenendes

15 Kommentare:

  1. Hi, Beißer
    du kannst auf die Zähne beißen
    rast in einem Mordstempo durchs Ziel
    YES
    das hätte ich mir gerne angesehen
    schade dass du die Fotos " unterschlägst "
    Glückwünsch für das Familienteam
    YES
    das gefällt mir
    sehr sogar !

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    1. Vielen Dank, ich werde die Glückwünsche ans Team weiterleiten!

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  2. Respekt, respekt Herr Pulsmesser,
    natürlich für die gesammte Familie. Aber wie soll es denn auch bei den Kindern anders sein, wenn der Vater doch wie ein Blitz rennt. :-)
    Glückwunsch an euch alle. Habt ihr wirklich toll gemacht.
    Ich finde übrigens, es ist absolut in Ordnung, wenn man sich an einen "Hasen" hängt und hinter ihm her läuft. Ich mag es zwar auch nicht, wenn ständig jemand direkt hinter mir ist, aber das hat nix mit unfair oder so zu tun. Und wenn der Junge dann aussteigt, dann liegt das ja nicht an dir, sondern daran, das er zu hoch gepokert hat mit der Geschwindigkeit.
    So ist das halt. Mal geht die Rechnung auf, mal nicht.
    Wie du schon sagst: Wer nichts wagt, ...
    Liebe Grüße
    Helge

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    1. Danke, Helge!
      Ich denke eigentlich auch, dass man im Wettkampf jemanden verfolgen darf. Dafür ist es ja ein Wettkampf. Ob er wirklich deswegen aufgegeben hat, weiß ich ja auch gar nicht.
      Viele Grüße!

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  3. Herrlicher Bericht! Klar ist es doch ok, dem Mitstreiter zu folgen. Ich hatte selber mal eine ähnliche Situation (http://18071960.blogspot.de/2013/07/horrem-abendlauf.html) von der wir beide profitiert haben, die andere, weil ich ihr "Schub" von hinten gab, ich, weil es mich anspornte. So what? Schließlich hast Du ja nicht die Tarahumara-Jagd vollendet. Dass der andere zu hoch gepokert hat, kann dann auch mal vorkommen. Die Fotos hätte ich natürlich zu gern gesehen!
    Aber nun jammer mal nicht herum, 7. von 220 ist eine tolle Zeit und natürlich Glückwünsche an die Junioren. Nicht dass die Dich "alten Mann" bald noch älter aussehen lassen... :-)
    Liebe Grüße
    Elke

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    1. Danke, Elke – auch für den Hinweis auf deinen unterhaltsamen Bericht. Ich bin ein Fan von Tom!
      Wenn du meine Platzierung kennst, ist der Weg zu den Fotos auch nicht mehr weit, oder?
      Viele Grüße!

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    2. Nein, ist er nicht, eine köstliche Bildsequenz :-)
      Von mir gabs eine solche Vom Ahrathon, wo ich einen Endspurt gegen einen ganz jungen Kerl versuchte. Er hat mich zwar besiegt, aber seine Grimassen waren herrlich...

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  4. Glückwunsch zum Durchkämpfen! Gut gewagt und nicht ganz verloren. Das ist doch 'was!

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    1. Danke, Hannes! Schön, dass du dich auch dafür interessierst, was hinter dir noch so passiert ;-) Deine Bestzeiten-Serie ist wirklich beeindruckend.
      Ich bin übrigens eifriger Nutzer deines Pace-Rechners.

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  5. Respekt! Ihr seid eine wahrlich sportliche und erfolgreiche Familie. Herzlichen Glückwunsch.

    Deine Geschichte zum Lauf finde ich einfach wunderbar. Ich konnte Dich regelrecht schnaufen hören und habe den Verfolgten genau vor Augen. Danke dafür! Einfach herrlich.

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    1. Claudi, das geht ja runter wie Öl! Vielen Dank!

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  6. Hast du jetzt einen der gehetzten Läufer im Ziel erwürgt oder nicht?
    Glückwunsch zur Laufzeit! :-)

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    1. Gewürgt habe ich nur an meinem Mageninhalt.
      Danke dir!

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  7. Glückwunsch zu der spitzen Zeit!

    Ich kann des auch garnet ab wenn sich einer an mich dranhängt. Aber ich kann auch nicht lange hinter einem herrennen. Ich laufe dann lieber nach vorne und versuche wegzuziehen. Auch wenn die andere Lösung wahrscheinlich besser wäre

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    1. Hallo Markus, danke für den Glückwunsch!
      Weglaufen ist nur für Sprinter wie dich eine Option.

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