Dienstag, 1. April 2014

"Gebt mir ein R!" - Der Ratinger Rundlauf



„Gebt mir ein R!“, ruft eine Stimme seit einiger Zeit in meinem Hinterkopf. Am 31.3.2014 um 8:30 Uhr ist es so weit. „Auf die Plätze, fertig, los!“ So werden Ralf und ich von Gladys auf den – offiziell 60 km langen und mit einem „R“ markierten – Ratinger Rundweg geschickt. Mein erster Ratinger Rundlauf beginnt.

Bis zum Jahr 2010 veranstaltete der TUS Breitscheid einen sog. "Ratinger Rundlauf" auf dieser Strecke. Da es die Veranstaltung nicht mehr gibt, bleibt nur, den Weg auf eigene Faust abzulaufen. Immerhin kann ich so den Startpunkt frei wählen. Ich lege ihn strategisch ans Düsseldorfer Bauenhaus, so dass alle Höhenmeter mit relativ frischen Kräften innerhalb der ersten 30  km absolviert werden können.



Und direkt hinter der gedachten Startlinie geht es auch schon bergauf in Richtung Knittkuhl und von dort gleich wieder hinunter ins Schwarzbachtal. So zieht sich das Auf-und-ab über die Fluren des Ratinger Umlands mit manchem schönen Ausblick, bis wir nach 14 km den Ratinger Ortsteil Homberg erreichen. Dort erwartet uns Gladys mit ihrem Versorgungsmobil. Obwohl wir mit unseren Laufrucksäcken einigermaßen autark unterwegs sind, freuen wir uns über die Unterstützung und die gereichten Köstlichkeiten. 



Und ich bin noch aus einem weiteren Grund froh über die Versorgungsstationen. Ich habe Sorge, ob mein linker Fuß über die ganze Distanz durchhalten wird. Notfalls könnte ich unterwegs aussteigen oder wenigstens die gedämpfteren Schuhe anziehen, die ich im Verpflegungsmobil deponiert habe. Und selbst wenn der Fuß mitspielt, könnte Schuhwechsel angesagt sein. Denn ich habe hoch gepokert und bin mit den nagelneuen Trailroc-245 von Inov-8 auf die lange Strecke gegangen, obwohl ich die Schuhe bislang erst bei zwei Läufen über 13 km trug. Doch ich habe den Lesern dieses Blogs einen ausführlichen Test versprochen. Da scheint mir diese Tour gerade richtig.



Und kaum, dass wir uns Richtung km 20 bewegen, beginnt der Fuß auch schon heftig zu schmerzen. Es ist zum Heulen. Immerhin ist es kein stechender Schmerz, den ein Stein verursacht, der sich genau in die empfindliche Stelle bohrt. Der Schmerz ist eher dumpf. Der ganze Vorfußbereich tut sagenhaft weh. Der Ausstieg an der nächsten Verpflegungsstation bei km 31 ist innerlich fast schon beschlossene Sache. Ich schwanke eigentlich nur noch zwischen Komplett-Abbruch und Schuhwechsel. Seltsamerweise kommt es um km 29 herum zur Spontanheilung. Der Schmerz ist so gut wie weg! So ein Körper ist doch immer wieder für eine Überraschung gut. Da sieht man wieder, wie gesund laufen ist!


Wenig überraschend ist hingegen, dass unser Redefluss in den hohen Zwanzigern allmählich versiegt. Zur Motivation trägt jedoch bei, dass das Höhenprofil auf der Uhr ab jetzt keine weiteren Steigungen mehr zeigt. Außerdem ist die nächste Etappe bei km 31 bald erreicht. Hier laben wir uns beim zweiten und letzten Zwischenstopp noch einmal ausführlich am Versorgungsfahrzeug, bevor wir zusammen mit Gladys die letzten Kilometer in Angriff nehmen.


Gladys begnügt sich heute mit der „Kurzstrecke“, nachdem sie erst vor zwei Tagen den Halbmarathon in Duisburg als erste Frau beendete. Sie sorgt dafür, dass wir das Tempo wieder etwas forcieren und unterhält uns dabei mit ihren Erlebnissen. Im angeregten Gespräch achten wir nicht mehr auf den Weg. Plötzlich zeigt ein Blick auf die Uhr, dass wir die Route verlassen haben. Gut dass ich nach all den Jahren zum ersten Mal die Funktion meines Forerunners 305 nutze, einen vorgegebenen GPS-Track abzulaufen. Auf diese Weise finden wir, ohne umzukehren zum Rundweg zurück. Dann können wir wieder ehrfürchtig Gladys lauschen und hören, wie es sich anfühlt, als Gewinner das Zielband mit der Brust zu zerreißen. So etwas werden Ralf und ich wohl nie selbst erleben. Aber auch wir machen heute eine spezielle Erfahrung. Erstmalig bringen wir außerhalb einer offiziellen Laufveranstaltung die Marathondistanz hinter uns und laufen sogar noch darüber hinaus.


In den 40er Kilometern werden die Beine dann doch ein wenig schwer. Die Landschaft geizt jetzt auch etwas mit ihrem Liebreiz. Aber die Strecke ist flach! Das hilft. Nur ganz zum Schluss wartet noch der finale Anstieg auf uns, als wir die A44 auf einer Brücke überqueren müssen. Zur Belohnung geht es auf der anderen Seite bergab direkt ins Ziel, wo Garmin und Polar übereinstimmend 54 km anzeigen. Die Polar kann darüber hinaus noch mit barometrisch ermittelten 650 Höhenmetern punkten.

Angesichts dieser Werte haben wir uns Urkunde und Medaille redlich verdient.




16 Kommentare:

  1. Scheint ein richtig schöner Rundweg bei euch zu sein.
    Auch hier in Stuttgart gibt es solch einen Weg der rund um den Kessel führt. Den möchte ich gerne dieses Jahr auch noch ablaufen.

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    1. Wenn du einen Laufrucksack hast, einfach mal machen und loslaufen.

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  2. Tolle Sache euer langer Lauf
    wie viele sind mit dir gelaufen ?
    Die Sache mit deinem Fuß ist schon eigenartig
    vielleicht waren das die Endorphine
    die den Schmerz unterdrückt haben
    was macht er heute ?

    Wie auch immer erhole dich gut
    und deinen lädierten Fuß !

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    1. Wir waren zu dritt. Für eine größere Gruppe war der Montags-Termin wohl eher ungeeignet.
      Der Fuß signalisierte vor dem Lauf Besserung. Und der Lauf muss wohl der Heilung irgendwie zuträglich gewesen sein. Jedenfalls spüre ich kaum noch was und kann auch wieder schmerzfrei barfuß gehen.
      Laufen ist eben gesund! :-)

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  3. Diese Strecke zu laufen wäre für mich undenkbar, und bei euch hört es sich an, wie ein Sonntagsnachmittagsläufchen :-)
    Das ist ne wirklich coole Aktion. Inklusive Spontanheilung. Zum Glück, ich hatte schon Angst beim Lesen, das du aussteigen musst.
    Und mit Urkunde und Medaille ist es ja sogar auch amtlich, das ihr diesen Rundweg gelaufen seid.
    Ich hoffe, deinem Fuß geht es gut.
    Liebe Grüße
    Helge

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    1. Nein, es war ein Montagsvormittagsläufchen :-)
      Danke Helge, dem Fuß geht es besser (siehe oben).
      Die Medaillen haben meine Kinder für uns gebastelt ;-)

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  4. Antworten
    1. Ja, war es. Vielleicht bist du ja beim nächsten Mal dabei.

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  5. Hey, Glückwunsch zu den mal eben abgerissenen km! Es liest sich wie ein rundum schönes Lauferlebnis. Das mit dem Fuß würde ich allerdings im Auge behalten. "Von nix kütt nix" - wie wir Rheinländer bekanntlich ja so sagen...
    Liebe Grüße
    Elke

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    1. Danke, Elke!
      Der Rheinländer sagt zum Glück auch: "Et hätt noch emmer joot jejange."
      Aber gut, ich behalte den Fuß im Auge, und nicht das (Hühner-)Auge im Fuß.

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  6. Ihr habt vielleicht viel Gegend bei euch. Und hübsch dazu! Nächstes Mal plane ich meine Erkältung anders, damit ich mitlaufen kann.

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    1. Soviel Grünzeug direkt vor der Haustür kann man gar nicht genug lobpreisen.
      Lass mich deinen Erkältungsplan wissen, damit ich den Lauftermin entsprechend eintakten kann.

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  7. Eine richtig starke Leistung! Ich ziehe meinen Hut, mache einen Diener und sage Danke fürs Mitnehmen!

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    1. Vielen Dank, du kannst wieder aufstehen ;-)
      Schön, dass ich dich wenigstens virtuell mitnehmen konnte. Für eine reale gemeinsame Tour wohnst du wahrscheinlich zu weit weg.
      Viele Grüße!

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