Montag, 10. Februar 2014

3. Winterlaufserie der Hildener AT

Zieleinlauf am Hildener Stadtwald
Herr Steffny schreibt mir immer Vorbereitungswettkämpfe in den Marathon-Trainingsplan. Für den 9.2.2014 hat er einen 10-km-Lauf vorgesehen. Und so finden sich Pulsmesser Jr. und ich am Sonntagmorgen im Hildener Stadtwald ein. Dort richtet die "Hildener Allgemeine Turnerschaft" (eine Name wie Silberklang!) zum dritten Mal eine Winterlaufserie aus. Wir beide nehmen heute nur am zweiten Lauf der Kleinen Serie dieser noch jungen Veranstaltung teil.

Schnell erhalten wir im Vereinsheim am Tennisplatz unsere Startnummern und Chips für die elektronische Bruttozeitmessung. Jeder bekommt zwei Transponder. Und wir binden uns brav an jeden Schuh einen. Doch vermutlich ist der zweite Transponder für den letzten Lauf der Serie gedacht.

Schon beim Warmlaufen sind wir begeistert von der herrlichen Natur in diesem Wald. Alte Bäume säumen kleine Bachläufe, und schmale Pfade durchziehen die hügelige Landschaft. Die hügelige Landschaft! Die Erkenntnis bremst unseren Enthusiasmus. Bin ich doch hier, um meine 10-km-Bestmarke von 39:47 min zu unterbieten, die seit zwei Jahren Bestand hat.

Ein Intervalltraining am Dienstag war mit 5*1000 m in 3:46 sehr vielversprechend verlaufen - die Tage danach jedoch eine Qual. Völlig ausgelaugt hatte ich mich durch den Wald geschleppt. Erst beim Jogging am Vortag kehrte das Gefühl zurück, wieder Inhaber meines Körpers zu sein.

Alles egal, ich laufe heute Bestzeit!

Da wir bei 6 Grad und starkem Wind in kurzer Bekleidung laufen wollen, wärmen wir uns bis 2 min vorm Start in der Umkleide. So knapp war ich noch nie dran. Das Feld steht schon bereit, und ich habe Mühe, mich noch in den Block zu drängen, schaffe es bis in die vierte Reihe. Mit dem gemeinsamen Startschuss für die 7,6- und 10-km-Läufer ist das Rennen für mich fast schon wieder zu Ende. Denn beinahe hätte mich ein Holzpfahl abrupt gebremst der senkrecht aus der Startlinie ragt. Gerade ist dieses Hindernis umschifft, da strauchle ich wirklich, als ich im Gewühl einer älteren Dame in die Hacken laufe, die sich offenbar ganz vorn aufgestellt hatte. Wir kommen beide glimpflich davon. Als ich endlich das Getümmel hinter mir gelassen habe, zeigt die Uhr eine 4:30er Pace. Da sollte eigentlich eine Drei vor dem Doppelpunkt stehen!

Vor mir sehe ich ein Feld, das sich um einen Pferdeschwanz schart. Heute soll keine Frau vor mir ins Ziel laufen! Nach drei Kilometern bin ich nahe genug, um über das äußerst muskulöse Hinterteil der Schwanzträgerin zu staunen. Beim Überholen werde ich gewahr, dass es sich in Wirklichkeit um einen Schwanzträger handelt.

Weiter vorn zieht ein Team in den blauen Vereins-Hemden des Hildener AT dahin. Bald habe ich die Blauhemden erreicht und ruhe mich eine Weile in ihrem Windschatten aus, bis ich mich bergab an die Spitze setze. Einer der Hildener heftet sich an meine Fersen. Das hat den angenehmen Effekt, dass die wenigen Zuschauer nun Anteil nehmen, denn der Herr in Blau scheint als Lokalmatador bekannt. Als solcher setzt er sich rechtzeitig vorm Durchlaufen des Start-/Zielbereiches nach der ersten 5-km-Runde an die Spitze und wird entsprechend vom Moderator gewürdigt. Der Sprecher vergisst aber nicht hinzuzufügen, dass "unmittelbar" ein gewisses Pulsmesser folgt. Ich laufe so dicht hinter ihm, dass ich erstmals bei einem Lauf nicht nur hinten, sondern auch vorn voller Schlamm gespritzt werde. Wegeverlauf und -beschaffenheit machen einem Crosslauf alle Ehre.

Ich halte es für eine gute Idee, einfach im Windschatten (und der ist bei dem heutigen Starkwind sehr willkommen) meines Vordermannes Richtung Ziel zu laufen. Denn das Tempo passt. Kurs sub 39 min! Doch als wir die Strecken-Teilung erreichen, biegt mein Schattenspender auf die 7,6-km-Route ab und hinterlässt mich nicht nur windschattenlos, sondern auch mutterseelenallein. Kein Läufer vor mir zu sehen, kein Keuchen in meinem Nacken. Nur die Uhr und ich. Aber jede Menge Spaziergänger, Jogger und Nordic Walker.

Früher habe ich die Kolumne von Achim Achilles ganz gern gelesen, doch seine Walker-Hass-Tiraden finde ich unpassend. Ich freue mich über jeden, der raus in die Natur geht und sich bewegt. Doch heute könnte ich auch zum Walker-Hasser werden. Ein Exemplar marschiert, sichtbar auf Krawall gebürstet, direkt auf mich zu. "Hier ist schließlich nichts abgesperrt! Es ist mein gutes Recht! Ich mache keinen Platz!", sagt sein Blick. Unterschiedliche Ansichten prallen aufeinander. Mehr nicht, denn ich weiche aus, um mein heutiges Ziel und meine körperliche Unversehrtheit nicht zu gefährden.

Als die 7,6-km-Läufer erneut in die Strecke biegen, gibt es wieder was zum Überholen. Dann kann ich schon den Waffelduft riechen, der aus dem Zielbereich herüber weht, und gebe mir noch einmal die Sporen. Als Sechster im Ziel höre ich durch mein Schnaufen hindurch, wie der Moderator mich als Altersklassen-Dritten ausruft und meine Zeit nennt: "38 Minuten und 58 Sekunden!" Meine Faust schnellt unwillkürlich nach oben. Ziel erreicht im doppelten Sinn.

Auf der nicht einfachen Strecke kämpft sich auch Pulsmesser Jr. tapfer gegen den Wind und erreicht im ersten Drittel des gut 100-köpfigen Feldes und als einziger Teilnehmer der U16 erfolgreich das Ziel.

Dort stehen heißer, gesüßter Tee, Wasser, Cola, Bananen und Waffeln bereit. Letzte scheinen aber einfach der Packung entnommen und gar nicht frisch zubereitet zu sein. Jedenfalls duften sie nicht. Was habe ich da vorhin nur gerochen?


8 Kommentare:

  1. Schöner Bericht, bis auf die frauenfeindliche Stelle, ts, ts, ts... Wenn keine Frau vor Dir durchs Ziel laufen soll, musst Du eben einfach schneller sein! Da sei Dir die Partie ohne Windschatten von Herzen gegönnt! ;-)
    Aber dennoch, Glückwunsch zur neuen PB und auch dem Pulsmesserchen!
    Liebe Grüße
    Elke

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    1. Danke für den Glückwunsch!
      Wenn das frauenfeindlich ist, dann ist jemand, der einen Lauf gewinnen möchte, menschenfeindlich.
      Viele Grüße!

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  2. WOW! Richtig gute Zeit!
    Und das bei einem Crosslauf!
    Da ist ja noch großer zu erwarten in der noch jungen Saison von dir

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  3. Heya, heya, das liest sich verdammt gut
    Super - ♥ - liche Gratulation
    ich hätte eh nicht daran gezweifelt
    dass du dein gestecktes Ziel erreichst
    im Geiste bin ich mitgelaufen
    gut geschildert !

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    1. Danke! Da du die Daumen gedrückt hast, konnte ja nichts schief gehen.

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  4. Beim Lesen der Situation mit dem Walker haben sich mir die Nackenhaare aufgestellt. Da muss auch der moderne Mensch noch die archaischen Reaktionen aus dem Stammhirn im Zaum halten!
    Daher neben dem Glückwunsch zur guten Platzierung noch ein weiterer für deine Demonstration von Reife und Gelassenheit. Du bist offenbar auch auf diesem Gebiet auf dem Weg zur Erleuchtung ...

    Thomas

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    1. Lieber Thomas,
      danke für die Glückwünsche und die Solidaritätsbekundung!
      Vielleicht muss ich das Blog bald in "Der Erleuchtete. Hell!" umbenennen.
      Viele Grüße!

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