Mittwoch, 26. Februar 2014

Warum so schnell, Herr Pulsmesser?

Auf diese, mir neulich gestellte Frage, war ich nicht vorbereitet. Ich hatte die kürzlich erlaufenen Bestzeiten beim Halbmarathon und auf der 10-km-Strecke erfreut zur Kenntnis genommen, ohne deren Ursache zu hinterfragen. Bei meiner nun folgenden Analyse stieß ich auf ein Paradoxon. Ich bin schneller geworden, weil ich nicht mehr schneller werden wollte!

Was war geschehen?

 

Für eine schnelle Zeit im Marathon muss alles stimmen: die Strecke, die Tagesform und das Wetter. Meine Bestzeit im Marathon stand seit Herbst 2011 wie festgenagelt. Jeder Versuch, die 42 km endlich in 3:15 h zu absolvieren, scheiterte. Meist war es für meine Verhältnisse zu warm. Es begann mich zu stören, dass das großartige Erlebnis "Marathon" durch diese (vermeintlichen) Mißerfolge getrübt wurde. Mir schwante, dass es noch mehr geben muss, als zweimal im Jahr vergeblich der Marathonbestzeit hinterher zu laufen.

Hügel 

 

Also brach ich zu neuen Ufern auf. Wenn die Zeit nicht mehr das alles dominierende Ziel ist, dann muss man auch nicht mehr zwingend auf möglichst flachen Strecken unterwegs sein. Ich wandte mich den Landschaftsläufen zu. Es war der Einstieg in etwas, das heute neudeutsch Trailrunning genannt wird. Der Genuss der Landschaft, die Bewegung in der Natur sollten jetzt im Vordergrund stehen. Ich wollte Genussläufer werden! Doch mein alter Ehrgeiz brach auch im neuen Umfeld wieder durch. Statt Intervalle auf der Bahn zu laufen, ging ich ins profilierte Gelände und keuchte die Hügel hoch. Ich suchte mir in meinem Laufrevier die steilsten Stellen und rannte diese immer wieder hoch und runter. Steigungen, die man im Langstrecken-Wettkampf aus ökonomischen Gründen besser gehen würde, zwang ich mich im Training im Laufschritt hinauf.

Länger 

 

"Wenn ich schon nicht schneller kann, kann ich vielleicht länger.", sagte ich mir. Und so nahm ich ohne besonderes Training und ohne jedes Zeitziel an einem Ultralauf über die dreifache Halbmarathondistanz teil. Aufbauen konnte ich hier nur auf den Erfahrungen aus einem 24-Stundenlauf, bei dem ich allerdings acht Stunden geschlafen hatte. 115 km waren damals trotzdem zusammen gekommen. Diesen ersten Ultraversuchen folgten weitere. Da es sich um Landschaftsläufe handelte, erwies sich das Hügeltraining jetzt als hilfreich.

Lust

 

Und ich erfand das "lustbetonte Tempotraining". So nannte ich die Wettkampfteilnahmen, mit denen ich meinen Trainingsalltag würzte. Ohne spezielles Zeitziel startete ich vermehrt bei Laufveranstaltungen. Einfach, weil es sich mit einer Startnummer auf der Brust schneller läuft, und weil es mehr Spaß macht.

Doping 

 

Später begann ich zu dopen. Ich entdeckte die Kraft der der Roten Beete. Seitdem trinke ich vor anstrengenderen Trainings und Wettkämpfen einen halben Liter Rote-Bete-Saft.

Gemüse ist mein Fleisch

 

Meinen ohnehin geringen Fleischkonsum reduzierte ich auf Null. Da ich schon mal beim Umstellen war, bevorzuge ich seither beim Käse die Varianten mit wenig Fett. In der Folge wurde aus meinem bisherigen Wettkampfgewicht mein Normalgewicht. Und das, obwohl ich so große Mengen vertilge, dass ich mir in der Kantine entsprechender Kommentare stets sicher sein kann.

Natural

 

Durch die Landschaftsläufe lief ich jetzt nicht mehr in Städten und auf Asphalt, sondern in der Natur. Doch ich wollte nicht nur in der Natur, sondern wieder mit der Natur - ganz natürlich - laufen. Der Barfuß-Trend, auch Natural-Running, Minimal-Running oder Chi-Running genannt, sprach mich an. Und ich begann, in Minimalschuhen an meinem Laufstil zu arbeiten. "Schrittweise" und mit schmerzenden Waden stellte ich vom Fersenlauf auf den Mittelfußlauf um. Sogar im Alltag trage ich seither Barfuß-Schuhe und bin damit im Ballengang unterwegs. Langsam, sehr langsam konnte ich die minimalistisch zurückgelegte Distanz erhöhen. Demnächst will ich meinen ersten Marathon in Minimalschuhen absolvieren.

Und die alte Marathon-Bestzeit soll dann endlich auch fallen!

Ich kann nicht sagen, welche der genannten Veränderungen tatsächlich für die neue Schnelligkeit verantwortlich ist. Fest steht nur, dass die Umstellung des Laufstils langwierig ist, aber die zum Genussläufer noch länger zu brauchen scheint.

11 Kommentare:

  1. Zustimmung in fast allen Punkten meinerseits.
    Rote Beete Saft habe ich versucht. Aber dann beschlossen, lieber weiterhin etwas langsamer zu laufen ;-) .
    Aber alles andere sehe und mache ich fast genauso.
    Für die Umstellung des Laufstils habe ich ca. 2 Jahre gebraucht und auch jetzt ist es noch nicht optimal.
    Inzwischen bin ich auch viel lieber im Gelände unterwegs, immer schön bergauf - bergab. Im letzten Frühjahr bin ich dann direkt neue Bestzeit über 10km gelaufen.
    Aber Rote Beete Saft werde ich trotzdem nie wieder versuchen ;-)
    Viele Grüße
    Karina

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    1. Vielleicht wurde dieses fitRabbit für Leute erfunden, denen der Saft nicht schmeckt. Sich so einen kleinen Beutel runter zu ekeln sind wir ja von den Gels gewöhnt.

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  2. Hört alles wirklich gut an und verdammt vernünftig. Ein bißchen mehr Ruhe und Entspannung tut uns beim Laufen allen gut. Und auch wenn ich diesmal in der Marathonvorbereitung so oft auf der Bahn wie nie zuvor heißt des nicht das ich nicht auch schöne Steigungen gelaufen bin oder im Gelände. Denn Spaß muss auch sein.
    Wenn du so weiter machst und weiter so entspannt läufst und ganz ohne den Druck der 3:15h wird es sicherlich was mit der Wunschzeit.
    Und gerade weil ich mir das letzte Jahr soviel Druck gemacht habe mit den Sub3h befürchte ich das es bei mir nix wird. Aber das wissen wir alle erst am Tag X.

    Grüße
    Markus

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  3. Ja, die Umstellung auf Vor- bzw. Mittelfuß ist eine langwierige Angelegenheit
    wie ich sie auch mit mindestens zwei Jahren beziffern kann
    liest sich alles sehr gut
    und ich habe
    berechtigte Hoffnung
    dass du die 3:15 erreichen wirst
    Rote Beete-Saft trinke ich jeden Morgen vor dem Frühstück
    alles in allem denke ich schon
    dass auch die Umstellung auf Vorfuß
    und vor allem der Druck
    der von dir gefallen war
    dafür verantwortlich ist
    ohne Druck zu laufen
    macht schneller
    ja
    ich glaube
    das isses !

    Du schaffst das
    ich lese schon im Geist hier von deiner Erfolgsmeldung
    mit kullernden Tränen aus meinen blauen Augen ! ;)

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    1. Wenn ich damit solche Gefühle der Rührung bei dir hervorrufen kann, dann strenge ich mich gleich noch mehr an ;-)

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  4. Das nennt MANN Motivation ! ;)

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  5. Ja das zeigt einmal mehr, dass der Kopf fast wichtiger als das Laufwerk ist. Ich denke, wenn man sein läuferisches Gleichgewicht gefunden hat, will sagen, die Faktoren, die einem selber am meisten bringen beim Lauf, dann klappt es auch. Der eine braucht sein Steak vorher, der andere eben Vegi-Kost. Der eine läuft auf Ballen, der andere auf der Ferse, was solls, Sinn macht, was DICH voran bringt!
    Viel Erfolg auf Deinem Weg!
    Liebe Grüße
    Elke

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    1. Danke Elke!
      Wahrscheinlich muss man einfach ausprobieren, um zu entdecken, was den eigenen Zielen zuträglich ist.

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  6. Die 3:15 beim Marathon hast du auf jedenfall drauf. Wenn alles passt traue ich dir aufgrund der Zeiten von den Unterdistanzen weitaus mehr zu.

    Deine genannten Gründe tragen wohl alle dazu bei das du dich verbessert hast.
    Das Fitrabbit hab ich auchmal probiert aber ich finde es so dermaßen eklig das ichs wieder gelassen habe. :-)

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    1. Hallo Frank,
      Bin aktuell beim Trailrunning-Seminar auf Mallorca. Und der Marathon erscheint mir aufgrund der vielen Erlebnisse weit weg und unwichtig.
      Trainer Andreas Butz hat aber auch betont, wie wichtig die Umstellung auf Mittelfuß ist, und dass sie schneller macht.

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