Ich bin die mallorquinische Hitze nicht gewöhnt. Nachdem ich
bei der letzten Tour die Trinkblase komplett geleert hatte und außerdem in
einen Hungerast gelaufen war, bin ich diesmal besser präpariert. Nicht nur der
Magen, auch die Trinkblase (1,5 l) und zwei Flaschen (á 500 ml) sind gut
gefüllt.
Mein lokaler Guide will mich von Alaro in die Bergwelt der
Sierra de Tramuntana führen. Gebucht habe ich eine vierstündige Trailtour. Natürlich
geht es stets bergauf, zunächst durch terrassiertes Gelände. Dann will mir der
Führer einen besonders schönen Trampelpfad zeigen, findet den Einstieg aber
nicht. Wir müssen umkehren und folgen stattdessen dem Verlauf einer
Wasserleitung. Zunächst hat das Rohr nur einen Durchmesser von etwa zehn
Zentimetern. Je näher wir dem Stausee Cuber kommen, desto dicker wird die
Röhre. Sie ist teilweise durch Bergtunnel hindurch verlegt, die wir ebenfalls
durchqueren. Legt man das Ohr an das inzwischen wohl 80 Zentimeter dicke Rohr,
glaubt man in die Hölle hineinhorchen zu können, so brodelt das Wasser darin zu
Tal.
Durch den Tunnel der Wasserleitung |
Wir lauschen nicht nur in die Hölle, sondern schauen auch
zum Himmel. Dort kreisen die Milane, nach denen der Laufverein „Sa Milana“ benannt
wurde, in dem mein Begleiter Mitglied ist. Obwohl er seit elf Jahren auf der
Insel wohnt, erlebt er gemeinsam mit mir eine Premiere, als neben den Milanen
plötzlich zwei Geier am Firmament erscheinen, deren Spannweite er mit drei Metern
abschätzt. Umso trauriger stimmt uns das Netz eines Vogeljägers, das wir wenig
später passieren.
Zeitweise ist es zu steil zum Laufen, und wir müssen
wandern. Doch irgendwann ist es geschafft. Wir sind am Stausee angekommen, der
fast genauso ausgetrocknet ist wie unsere Kehlen. Seit vier Monaten habe es
hier nicht geregnet. Als nächstes soll mir ein Flugzeugwrack gezeigt werden.
Hoppla, das kenne ich doch schon vom Trailcamp im Frühjahr! Spontan ändert der Guide die Route. Leider entpuppt sich dieser Teil der Tour
dann nur als die andere Hälfte der mir schon bekannten Runde. Das hat aber auch
sein Gutes, denn das Tempo, das der Ortskundige bergab anschlägt, ist
beachtlich. In diesem spezifischen Gelände ist jeder Schritt sehr bewusst zu
setzen. Mit dadurch fest auf den Boden gehefteten Augen bleibt mir kein Blick
für die Landschaft. Macht nichts, die kenne ich ja schon. Heute steht der
Laufspaß im Vordergrund.
In der Bergwelt der Sierra de Tramuntana |
Am Refugio Tossals Verds, das seit über einem
Jahr nicht mehr bewirtschaftet wird, gönnen wir uns eine kurze Rast. Der
Raucher misst die Pausendauer in „Zigarettenlängen“. Analog dazu ist es für
mich eine „Bananenlänge“. Heute habe ich von Beginn an Powerade, Apfelschorle
und Wasser getrunken. Körperliche Beschwerden bleiben dadurch komplett aus.
Ganz anders geht es meinem Führer. Beim langen Bergablauf zurück nach Alaro
bleibt er mehrfach stehen, um seine Beine zu dehnen. Im Ort führt sein erster
Weg zum Supermarkt, wo er eine Cola kauft, die er gierig leert. Leider sind wir
schon nach dreieinhalb Stunden dort zurück. Ich hatte doch vier Stunden
gebucht!
Heute hätte ich noch ewig weiterlaufen
können. Zum einen ist es nicht so warm, wie bei der Tour von Betlem. Zum
anderen hat der Guide mich wohl nicht so geschunden, wie ich mich selbst. Wie
auch immer, nach der heutigen 25-km-Runde fühle ich mich bestens präpariert für
den 63,3 Kilometer langen Röntgenlauf.
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