Montag, 6. Januar 2014

Ratinger Neujahrslauf 2014

Laufstrecke durch die historische Altstadt Ratingens
Erleuchtet von der Erkenntnis des wahren Genusslaufens ging ich beim letzten Marathon ohne Uhr an den Start. Beim Ratinger Neujahrslauf am 5.1.2014 stoppe ich ebenfalls keine Zeit - jedoch völlig unfreiwillig!

Gerade erst von meiner Reise mit Stationen am Mittelpunkt Deutschlands, beim Werdauer Silvesterlauf und in der Sächsischen Schweiz zurück, habe ich mir sofort wieder die Laufschuhe angezogen und die Garmin ans Handgelenk geschnallt. Pünktlich um 13 Uhr stehe ich an der Startlinie zum Hauptlauf über 10 km. Der Satellit ist gefunden, der Startschuss knallt und die Uhr fiept willig beim Druck auf ihren Startknopf.

Drei nicht flache Runden durch die Ratinger Innenstadt sind zu laufen. Und schon nach einem Kilometer gerät die ansehnliche Rückpartie einer Triathletin in mein Blickfeld. "Die will ich haben!", setze ich mir zum Ziel - natürlich im läuferischen Sinne. Am ersten Anstieg verliert sie an Tempo und ich ziehe gleichauf und langsam vorbei. Ein Blick zur Uhr lässt mich ahnen, dass die Dame eine Zeit unter 40 min anpeilt. Das wäre heute auch mein Idealziel. Nach festtäglicher Völlerei halte ich es nicht für sehr realistisch, aber trotzdem daran fest. Die Dame auch, denn von nun an klebt sie mir an den Fersen. Nach dem polyfonen Gekeuche in meinem Rücken zu urteilen, haben sich da noch ein paar andere Ambitionierte in meinen Windschatten gehängt. Vor mir klafft eine für mich unüberwindliche Lücke im Feld, so dass ich hier scheinbar ein kleines Fähnlein Unverzagter Richtung Ziel führe.

Bei km 4 will ich prüfen, ob auch der Kurs "sub 40" noch stimmt und blicke auf die Uhr. Das hohle Auge des leeren Displays glotzt blöde zurück. Da gucke ich nun auch dumm aus meiner Sportwäsche - der kurzen übrigens angesichts fast zweistelliger Temperaturen. Nach dem gestrigen Kofferauspacken hatte ich vergessen, die Laufuhr per Ladekabel mit dem guten Strom aus norwegischer Wasserkraft, der meine heimischen Steckdosen speist, zu verbinden! Da habe ich ja mal ordentlich Energie gespart!

Warten auf die Läufer am Marktplatz
Doch wieviel Energie muss ich jetzt einsetzen, um mein Zeitziel zu erreichen? Schwer zu sagen, doch ich habe ja nicht nur eine Uhr am Handgelenk, sondern noch eine an den Fersen in Form der Triathletin. Jetzt, wieder am Anstieg, versucht sie mit ihrem Trupp einen Ausbruch nach dem anderen. Ich wehre alle ab. Und es wiederholt sich die Geschichte des Silvesterlaufs, denn am oberen Ende der Straße bekomme ich wieder Seitenstechen. Seltsam, das passiert mir sonst nie und jetzt gleich in zwei aufeinanderfolgenden Wettkämpfen! Es hilft nichts. Ich muss das Tempo reduzieren und sehe meine "sub 40" in Gestalt der Triathletin davonziehen. Mit ihr enteilt ein Herr im Leibchen eines Kölner Vereins.

Es folgen ein paar mental harte Minuten, in denen ich versuche, wieder die Oberhand in meinem Körper zu gewinnen und dabei die beiden Flüchter nicht allzu weit entkommen zu lassen. Als es mir wieder besser geht, sind beide noch in einem Abstand, den ich auf dem letzten Kilometer zu schließen gedenke. Es führt die Frau, dann folgen der Kölner und ich.

Bei der dritten und letzten Passage des Anstiegs ziehe ich mit dem Kölner Jung gleichauf. Es folgt eine Gerangel, bei dem mal er, mal ich obsiegt. Letztlich zieht er wieder davon und greift nun auch noch die Triathletin an. War sie bereits in Reichweite gekommen, wehrt sie sich jetzt vehement und gibt Gas. Sie zieht uneinholbar von hinnen und lässt auch den Abgesandten der Domstadt hinter sich. Ich muss einsehen, dass mir als realistisches Ziel nur noch das Einholen des Mannes aus Köln bleibt. Doch auch der ist ein gutes Stück vor mir. Japsend überrunde ich nun die Läufer, die es heute gelassener angehen und biege in die Fußgängerzone und damit auf die Zielgeraden.

Jetzt ist Winterschlussverkauf - alles muss raus! Etwa 20 Meter vorm Ziel erreiche ich den Kölner, der sich - völlig überrumpelt - auf den wenigen verbleibenden Metern nicht mehr wehren kann. "Du Sack!", schnauft er mir zu, als wir uns im Ziel abklatschen. Die magische 40-Minutenmarke haben wir beide knapp gerissen. Mein finaler Kraftakt hat sich dennoch gelohnt. Der kölsche Konkurrent lief ebenfalls in der M40, und ich habe mir noch den zweiten Platz der Altersklasse erkämpft.

Schade, dass ich das Lauferlebnis immer nur aus meiner Perspektive schildern kann. Denn Pulsmesser Jr. war wesentlich erfolgreicher und könnte beschreiben, wie es sich anfühlt als Dritter im Gesamteinlauf des Schülerwettkampfes durchs Ziel zu gehen und dabei Zweiter der AK zu werden. Und auch die weiblichen Familienmitglieder hätten Positives zu berichten. Das jüngste Pulsmesserchen errang AK-Platz 6 und meine Frau wurde Vierte ihrer AK. Die Platzierung meiner Lieben macht mich stolz, ist mir aber eigentlich nicht so wichtig. Ich bin einfach glücklich, dass sie mit dabei sind und wir gemeinsam die Freude an diesem Sport teilen.

14 Kommentare:

  1. Schönes und schnelles Familieevent. Läuferherz, was willst du mehr?!

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    1. Eigentlich nichts, aber zusätzlich hat sogar noch jede unserer Startnummern bei der anschließenden Tombola einen Preis gewonnen.

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  2. Herzliche Glückwünsche! Ein pulsmesserscharfer Bericht. Nach dem Silvesterlauf war das ja schon wieder eine ähnliche Situation, diesmal hast Du ja doch noch einen Teilerfolg errungen ;-) Solche Erlebnisse kenne ich auch (wenn auch weiter hinten im Läuferfeld...), aber sind sie nicht das Salz in der Suppe und das, was uns anstachelt? Wie öde wäre es, wenn Du einsam vorneweg rennen würdest....? So ein Lauf ohne Uhr würde mich zwar auch erstmal nervös machen, aber so lernt man zumindest, auch wieder die eigenen Körpersignale wahrzunehmen.
    Liebe Grüße
    Elke

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    1. Vielen Dank, Elke!
      Ich finde auch, dass das Kräftemessen mit der Konkurrenz den Witz eines Wettkampfs ausmacht, zumindest auf der Kurzstrecke. Auf langen Distanzen bilden sich ja eher Gemeinschaften, in denen man eine oder mehrere Etappen zusammen bewältigt.
      Auf das Wahrnehmen der Seitenstechen-Körpersignale hätte ich ganz gern verzichtet :-)

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  3. Hi, du schneller Hirsch
    und schneller kleiner Hirsch
    super gelaufen
    Glückwunsch
    deine Geschichte kann man sich gut bildlich vorstellen !! ;)

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  4. Holla, so ambitioniert gleich zum Jahresbeginn. Und die ganze Familie zieht mit. Das macht Spaß! Da wird die eigene Leistung eher Nebensächlich. Habe ich schon selbst in Kröv beim Mitternachtslauf erlebt.

    Und beim nächsten Mal läufst Du dann eine sub 40er Zeit. Ganz bestimmt.

    Liebe Grüße
    Rainer 8-)

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    1. Hallo Rainer,

      es ist wirklich ein großes Glück, nicht nur die Unterstützung der Familie zu haben, sondern die Begeisterung mit ihr teilen zu können.
      40er Zeiten bin ich zwar schon gelaufen, aber noch die auf dieser Strecke. Immerhin war das dieses Jahr mein persönlicher Streckenrekord. Und wer weiß, vielleicht lässt sich das tatsächlich noch verbessern.

      Viele Grüße!

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  5. Sehr lustig geschriebener Bericht. :-) kann man sich alles schön bildlich vorstellen. Klasse Leistung von der ganzen Pulsmesser-Familie.

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    1. Hallo Frank, es freut mich, dass du dich amüsieren konntest!
      Und die Pulsmesser danken dir!

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  6. Ein frohes neues Jahr! :-)
    Du hast es gut begonnen, wie mir scheint. Ratingen ist von hier aus nicht sooo weit, das merke ich mir für nächstes Jahr.
    Eines vermisse ich in deinem so vorzüglichen Bericht: ein Foto der Triathletin :-D

    Schöne Grüße,
    Harald

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    1. Hallo Harald,
      auch dir noch ein gesundes neues Jahr!
      Da können wir 2015 einen Mini-Bloggertreff in Ratingen abhalten.
      Künftig werde ich mit Helmkamera laufen. Dann hat es auch die Staatsanwaltschaft leichter, falls ich mal stürze.
      Viele Grüße!

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  7. Herzlichen Glückwunsch zu den beiden Sylvester-/Neujahrsläufchen. Klasse Leistung!

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