Mittwoch, 6. November 2013

Unter Beschuss beim Trailrunning auf Mallorca

Nach dem Mallorca-Marathon wäre etwas Regeneration wohl angemessen. Zu sehr locken jedoch die Gipfel auf der Halbinsel de la Victoria, die ich jeden Tag von unserer Unterkunft in Puerto Alcudia sehen kann. Als nach zehn Tagen ein Gewitter endlich Abkühlung bringt, kann ich tags darauf nicht länger widerstehen und breche Richtung Kap Menorca auf. Da ich meinen Sohn mitnehme, ist zumindest ein regeneratives Tempo sichergestellt.

Gipfel-"Sturm"

Kammweg zum Gipfel
Wir parken am Eingang des Naturschutzgebietes oberhalb des Golfplatzes (bei N39 51.066 E3 09.392). Dort starten wir direkt hinter der Sperrkette. Nach ein paar flachen Metern leitet uns der Wegweiser nach rechts über einen ersten Gipfel mit herrlicher Aussicht über die leuchtturmbestückte, vorgelagerte Insel bis zur Küste Menorcas. Wir laufen hinab zum Coll de la Fontanelles (N39 51.401 E3 10.165). Am Wegweiser nehmen wir die einzige Richtung, in die kein Schild zeigt und steigen auf kaum markiertem Pfad über den Kamm direkt zum Gipfel des Atalaya de Alcudia (495 m).  Schon vom Weitem ist die Feuerwarte auf dem Bergmassiv zu erkennen. Gelegentlich weist ein Farbkleks oder ein Steinmännchen den Weg im alpinen Geläuf. Hauptsächlich muss man die Spur anhand der Geländeformation suchen und möglichst auf dem Kamm bleiben. Plötzlich finden wir uns auf Ziegenpfaden in absturzgefährdetem Gebiet wieder. Wir kehren um und finden beim letzten Steinmann den richtigen Weg hinauf zum Felsmassiv des Gipfels. An Laufen ist schon länger nicht mehr zu denken. Kurz unterhalb des Gipfelaufbaus glaube ich fast, dass man zum höchsten Punkt klettern muss. Doch ein kaum sichtbarer Pfad führt links um das Massiv herum zu einem Wegweiser (N39 51.978 E3 10.431), von wo der Aufstieg zum Gipfel (N39 51.950 E3 10.417) von der Rückseite aus recht einfach möglich ist. Von oben reicht der Rundumblick über die Buchten von Alcudia und Polenca bis zum Kap Formentor. Begrenzt wird die Sicht durch die Ausläufer der Sierra de Tramuntana bzw. durch die Steilufer Menorcas. Einfach großartig!

Feuerwarte am Gipfel
Wegen des heftigen Windes - in Deutschland tobt sich zeitgleich Sturmtief Christian aus -  rasten wir trotzdem nur kurz. Der Sturm ist so stark, dass sich mein Sohn an den Boden schmiegt und sich an einem Fels festklammert, während ich Fotos mache. Beim Abstieg nehmen wir die Route auf der Sonnenseite des Berges und folgen der Beschilderung zur Badebucht Col de Baix.
Blick von oben in die Cala Baix
Begeistert stellen wir fest, dass wir mithilfe des zusätzlichen Windschubs Siebenmeilenstiefel-Sprünge machen können. Ab dem Unterstand mit Dixi und Wasserhahn oberhalb der Badebucht (N39 51.582 E3 11.086) geht es dann die letzten km ziemlich flach und unspektakulär auf breitem Forstweg zurück zum Auto. Insgesamt sind wir 10 km gelaufen und haben bei sehr mäßigem Tempo und inklusive aller Pausen 2 Stunden dafür gebraucht. Anhand des Höhenprofils der Infotafel am Parkplatz schätze ich die Höhenmeter auf etwa 800.

Unter Beschuss

Die Tour gefällt uns so gut, dass wir einige Tage später bei Windstille eine Variante probieren. Vom gleichen Parkplatz startend ignorieren wir den ersten Wegweiser und laufen im Gesträuch hinter einer neuen Siedlung Richtung Ermita de la Victoria. Wir bestaunen die herrlichen Villen mit den großzügigen Terrassen und riesigen Panoramafenstern mit Meerblick. Da wir ziemlich zeitig dran sind, gewähren die Fenster auch uns morgendliche Panoramen ins Hausinnere. Und wir sehen in zwei Häusern spärliche bekleidete Damen, die gerade dem Bett entstiegen sind. Spanner werden wir trotzdem nicht, denn die Wegbeschaffenheit verlangt unsere ganze Aufmerksamkeit. Doch was ist das? Plötzlich knallen im Unterholz Schüsse! Ihr Echo schallt gespenstisch von den Felswänden zurück. Standen da nicht Schilder, dass die Jagdsaison eröffnet ist und man auf offiziellen Wegen bleiben soll? Mir wird mulmig, obwohl ein Wegweiser unseren Pfad in meinen Augen als "offiziell" deklarierte. Wir versuchen möglichst lautstark unterwegs zu sein. Schon sehen wir ersten Jäger, die die großkalibrigen Doppelläufigen lässig geschultert oder schussbereit in beiden Händen haben. Einer lädt gerade nach. Ich drücke aufs Tempo und will aus der Gefahrenzone. 
Die Macchia ist hier so hoch, dass selbst ich kaum oben rausschaue. Und immer wieder peitschen Schüsse durch den Wald. Noch ein paar Mal stoßen wir auf bewaffnete Waidmänner. Während ich die Gesten und Rufe eines Jägersmannes so deute, dass wir schleunigst verschwinden sollen, meint mein Nachwuchs, der Mann habe nur seinen Hund gerufen. Ich will den Jungen nicht zusätzlich beunruhigen und lasse ihn in seinem Glauben. Dann endlich, nach einem Aufstieg durch einen Palmenwald, mündet unser Pfad auf den Parkplatz an der Ermita. Wir sind gerettet! Auf jetzt breitem Pfad passieren wir das Kloster, das auch über Gästebetten verfügt, und gelangen zu einer Hochebene. Hier markiert ein Maschendrahtzaun das Jagdgebiet. Wir sind diesmal sicher auf der anderen Seite! Nun beginnt der beschwerliche Aufstieg in Serpetinen Richtung Gipfel. Was der Jäger unten mühsam jagt, lässt uns hier bis auf Armeslänge herankommen - die mallorquinische Bergziege mit ihren Jungen! Anhand einiger Hinweistafeln können wir mittlerweile Männchen und Weibchen anhand der Form der Hörner unterscheiden. Bald stehen wir auf dem uns schon bekannten Gipfel und genießen diesmal bei längerer Rast die Aussicht und erkunden die Ruinen zweier Hütten.
Als wir auf dem Aufstiegsweg unseres ersten Gipfelsturmes zum Auto hinunter laufen, kommen uns die ersten Wanderer entgegen. Während diese eine Tagestour vor sich haben, ist unser Programm bereits vor dem Frühstück absolviert, und wir können uns guten Gewissens an den Strand legen.

Blick vom Gipfel

Höhle


Einmal sind auch wir als Wanderer in diesem Gebiet unterwegs - mit Stirnlampe! Der Laufschritt wäre unangemessen, da wir uns als Höhlenforscher betätigen. Mehrere Säle voller Tropfsteine leiten immer tiefer in die gruselige Unterwelt. Es kostet einige Mühe, auch meine Tochter zum Weitergehen zu bewegen. Es muss nicht immer Sport sein, um den Puls in die Höhe zu treiben! 
Karte und Profil der beiden Trailruns

2 Kommentare:

  1. Wunderschöne Tour auf Mallorca
    aber auch nicht ungefährlich
    oder ?
    das sind die schönen Seiten dieser Insel
    abseits vom Massentourismus
    die Berge habe ich
    so es ging
    mit dem Cabrio " bezwungen "
    die Sicht war nicht minder schön
    damals
    vor gefühlten 100 Jahren
    heute würde ich mit euch mitkommen
    wenn ihr mit mitnehmt
    aber ohne in das Fenster gerade aufgestandener Damen zu blicken
    höchstens in das ihrer Männer !! ;)

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    1. Wir machen es so:
      Du fährst uns mit dem Cabrio zum Startpunkt und dann laufen wir gemeinsam zur schönen Aussicht - vom Berg und in die Schlafzimmer.

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