Die langweiligste Marathonstrecke Deutschlands?
Zehn Minuten vor dem Startschuss finde ich mich an der weißen Linie ein - und bin allein! Die ersten Läufer der 17 Staffeln und die 30 Marathonis gehen es entspannt an und stellen sich erst im letzten Moment auf. Dabei bleibt noch genug Zeit für ein paar launige Bemerkungen durch eine Gruppe Ultraläufer: "Gleich geht es auf die langweiligste Marathonstrecke Deutschlands." Und man tauscht sich noch schnell aus, in welcher Fachrichtung man promoviert habe. (Medizin und Chemie. Die Juristin sei heute verhindert.) Warum ist die Langdistanz gerade unter Akademikern so beliebt? Ist es die immer wiederkehrende, gleichmäßige Laufbewegung, die - nahezu meditativ - sämtliche Grübelei aus unseren Köpfen vertreibt? Ein Knall reißt mich aus solchen Gedanken. Es gelingt mir diesmal, mich auf den ersten Metern zu bremsen. Während der führende Staffelläufer das Fahrrad vor sich her treibt und schnell seinen Vorsprung immer weiter ausbaut, halte ich mich zunächst im Windschatten des Zweiten. Es ist mental einfacher zu verfolgen, als Verfolgter zu sein. Obwohl ich etwas schneller laufen könnte, scheue ich einen Zweikampf über sieben Kilometer und halte mich anfangs zurück. Bei km 5 überhole ich und kann an der Wechselstelle mit etwas Vorsprung als Zweiter übergeben.
Wechselzone |
Jetzt habe ich selbst einen Eindruck von der hiesigen Laufstrecke gewonnen. Sie führt stets auf asphaltierten Wegen: an einer Fernverkehrstraße entlang, quer durch ein Feld, durch eine Wohnsiedlung, ein kleines Stück am Waldrand entlang und sehr lange parallel zu einer schnurgeraden Wegberger Ortsdurchfahrt. Nichts ist für uns Wenige abgesperrt, und wir sind auf die Rücksichtnahme von Fußgängern, Rad- und Autofahrern angewiesen.
Immerhin ist ein Kanadier am Start |
Den Sieger überholen
Auf einer meiner nächsten Runden ergibt es sich, dass ich direkt hinter dem führenden Marathonläufer auf den Rundkurs gehe. Wieder halte ich mich zunächst zurück und bleibe in seinem Windschatten. Meine Uhr zeigt für die Endphase eines Marathons beeindruckende 4:06 min/km. Beim Überholen beruhige ich den Führenden, indem ich darauf hinweise, dass ich nur Staffelläufer bin. Er erwidert: "Ich weiß, mein Sieg ist ungefährdet." Über die sehr winklige Streckenführung mag man also diskutieren können, aber Wegberg ist eine Reise wert für Läufer, die auch mal aufs Podest wollen. Der Pokal für den dritten Platz wird für 3:15h vergeben werden. Und die M30 wird heute mit einer Zeit jenseits der vier Stunden gewonnen.
Obwohl alle Familienmitglieder schneller als ursprünglich geplant unterwegs sind, und wir noch vor dem dritten Marathoni ins Ziel laufen, erringen wir keinen der Treppchenplätze. Doch als wir unsere Urkunden im Wettkampfbüro abholen, überreicht man sie uns mit den Worten: "Da seid ihr ganz vorne mit dabei!" Und wir freuen uns über Platz Sechs.
Nach dem Finish das Finale
"Und jetzt wollen wir in dieser Mühle einkehren.", bekomme ich zu hören.
"In welcher Mühle?"
"Die Mühle, an deren Mühlrad wir auf jeder Runde vorbeiliefen."
"Ich habe keine Mühle gesehen. Beim Laufen habe ich Tunnelblick!"
Ich werde zur Ophover Mühle geleitet, wo wir auf den gelungenen Ausflug ins Schwalmtal anstoßen.
Zum Glück war die Turnhalle schon offen! |
Unterschiedliche Finisher-Shirts |
Kuchenbüfett |
Du hast das Layout von meinem Blog geklaut ;-)
AntwortenLöschenNetter Bericht
Hallo Jörg, vielen Dank für deine positive Rückmeldung!
AntwortenLöschenWir sind eben beide Puristen!