Dienstag, 4. September 2018

Doppeldecker auf der Kö


Wenn es erst nach dem Lauf so richtig weh tut

Mein Bemühen um mehr Geschwindigkeit im Training wird flankiert von dem Bedürfnis, endlich wieder ein paar Kilometer in die Beine zu bekommen. Ein Doppeldecker-Wochenende mit Wettkampfteilnahme scheint demnach angemessen zu sein. Der Halbmarathon beim Düsseldorfer Kö-Lauf bietet sich an.

Doppeldecker auf der Kö
Einlaufen erübrigt sich, da ich die 15 Kilometer lange Anreise mit dem Fahrrad bewerkstelligt habe. Die Beine spüre ich schon auf dem ersten Kilometer. Am Vortag hatte ich nämlich nicht schlecht gestaunt, wie schwer mir ein 30er gefallen war. Da hat man mal ein paar Wochen keine langen Läufe unternommen, schon hat der Körper vergessen, dass er einst einen Ultraläufer beherbergte. Weitere 30 Kilometer absolvierte ich am Nachmittag lieber mit dem Fahrrad.

Mir ist klar, dass heute keine Bestleistung zu erwarten ist, aber unter 1:30 würde ich gerne finishen. Als mich jedoch eine in Ehren ergraute Dame überholt, packt mich der Ehrgeiz. Ich versuche, an der langjährigen Erfahrung der Frau teilzuhaben. Die ersten beiden Kilometer vergehen dadurch in 4:07, 4:08. Dann fällt meine Motivatorin zurück, was mir Gelegenheit gibt, ein passenderes Tempo von 4:13 min/km anzuschlagen. Die Temporeduktion bewirkt, dass sich eine Vertreterin der W30 vor mich setzt. Wie sich zeigt, wird sie von einer noch jüngeren Verfolgerin gehetzt.

Start-/Zielbereich vor dem Kaufhof-Gebäude
Als Trio absolvieren wir die erste der beiden Runden des überaus attraktiven Kurses. Von der Kö geht es am Schwanenspiegel und am Rheinturm vorbei in den Handelshafen, wo wir direkt am Wasser entlang geführt werden und so die Rückseite der Gehry-Bauten passieren. Zurück auf der Kö bietet diese einen seltenen Anblick. Sie liegt als lange Gerade menschen- und autofrei vor uns. An ihrem Ende lockt der Zielbogen. Doch eine Schleife durch den Hofgarten gehört noch zur Strecke. Hier gibt es im Bereich einer Baustelle sogar ein paar Meter Trail. Bestzeitentauglich ist der enge, winklige Kurs vermutlich nicht, aber es wird hier deutlich mehr Sightseeing pro Kilometer geboten als beim lokalen Marathon.

Feststimmung vorm Steigenberger Parkhotel
Exakt nach einer Runde lassen die beiden Damen nach und mich allein. Ich treffe auf eine andere Frau. An der engen Begegnungsstelle im Hafenbereich kommt mir Sonja Oberem entgegen. Im hinteren Feld! Wer hätte gedacht, dass ich mal vor der ehemaligen Olympionikin im Ziel sein würde! Gut erinnere ich mich noch an den Marathon 2013 auf Mallorca. Da begegnete sie mir ebenfalls. Nur führte sie damals die Damenwertung an, während ich irgendwo in der Menge gegen die Hitze kämpfte.

Ich beginne vom Zeitpolster der ersten Hälfte zu zehren. Dort wo bei anderen der innere Schweinehund sitzt, wohnt bei mir anscheinend der innere Macho. Und der klingelt ein paar Reserven heraus, als beim 17. Kilometer die "junge Verfolgerin" wieder auftaucht und zum Überholen ansetzt. Es reicht, um den weiblichen Nachwuchs auf Distanz zu halten. Die Männer der eigenen Altersklasse ziehen stattdessen vorbei. Besonders demütigend der Herr, der an jeder Getränkestation stehen bleibt und genüsslich seinen Becher leert, um dann wieder an mir vorbei zu eilen.

Startbogen
Der Startbogen kommt in Sicht und mein Mut sinkt. Bei einem Lauf über zwei Runden war ich davon ausgegangen, dass man nach den beiden Umdrehungen dann eben auch im Ziel ist. Stattdessen fehlt noch ein Kilometer. Wir müssen die Kö nochmal halb hoch und wieder runter rennen. Der Endspurt fällt heute aus. Es reicht mit 1:29:18 trotzdem zur „sub 1:30“.

Hatte Erdinger uns vor zwei Jahren hier noch mit Bier in festem Aggregatzustand abgespeist, gibt es diesmal wieder flüssiges Weizen. Doch wird es nur noch in 0,33er Bechern ausgeschenkt.

Nachdem der erste Durst gestillt ist, treffe ich die weibliche Siegerin. Sie erhebt sich gerade von der Massage-Liege. Ich nutze die Gelegenheit und nehme ihren Platz ein. Seit geraumer Zeit hatte ich die Zielmassagen gemieden. Zu lange Wartezeit für ein bisschen Eincremen mit Streicheln war meine Erfahrung. Doch diese Physiotherapeutin ist von einem anderen Schlag! Unter dem Druck ihrer Fingerspitzen auf meinen verspannten Waden kralle ich meine Nägel in das Gestell der Massagebank und erkenne unfreiwillig, wozu die Öffnung in der Liegefläche auf Kopfhöhe dient. Dort kann man seinen Schmerz herausschreien! Gegen die Qualen dieser Massage war der Lauf die reinste Wellness.

Nach Hause radele ich in sehr kleinem Gang.

7 Kommentare:

  1. Ich bin mal so frech und wage die Behauptung, gäbe es reine Männerläufe, würde Dir ziemlich viel an Motivation abgehen! ;-) Aber so ... Glückwünsche zum Finish und zur Zeit, ich wäre damit mega-happy! Scheint mir ein netter Lauf zu sein, vielleicht in einem anderen Jahr, wenn ich dann nicht gerade in Urlaub bin.
    Liebe Grüße
    Elke

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    1. Der war gut! Danke, Elke! Ja, den Lauf kann ich in Kombination mit einem Düsseldorf-Besuch empfehlen.

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  2. Also ich laufe ja lieber direkt hinter den Damen und nicht vor diesen ;)

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    1. Hm, und wer ist jetzt der Macho?

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    2. Ich nicht, ich nutze nur körperliche Vorteile aus; und meine damit ausnahmsweise nicht den Windschatten :-)

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  3. Von den Frauen über die Strecke getrieben ... :-))))
    Und die Massage meiden weil zu viel gestreichelt wird und dann gleich laut aufschreien wollen, wenn es dann doch mal etwas fester zugeht :-)))
    Deine Zeit finde ich toll, eventuell sollte ich auch mal einen Tag vor einem HM einen 30er laufen. Vielleicht bin ich dann auch schnelle ...
    Liebe Grüße
    Helge

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