Derart motiviert, lasse ich mich vom Pulsmesserchen zur Teilnahme am Adventslauf in Dohna überreden. Start und Ziel befinden sich im Gut Gamig. Allein dieses ehemalige Rittergut ist die Reise Wert. Die Erbengemeinschaft verzichtete nach der Wiedervereinigung auf ihre Rückübertragungsansprüche, so dass hier eine Rehabilitationsstätte für psychisch Kranke und seelisch Behinderte entstehen konnte, die heute warme Duschen und eine geheizte Cafeteria für die Läufer bereithält. Passenderweise findet zunächst ein Inklusionslauf statt, bei dem man sich prima warm- und einlaufen kann.
Um 13 Uhr erfolgt der gleichzeitige Start der Wettkämpfe über 4,3 und 9,6 km. Wir haben uns für die Langversion entschieden und haben zwei Runden zu absolvieren. Jede davon wartet mit gut 100 Höhenmetern auf. Zunächst herrscht das übliche Gedränge eines Laufes mit Bruttozeitmessung, bei dem jeder möglichst nahe der Startlinie losrennen will. Vor mir teilt sich das Feld, und ein Kind wird sichtbar. Aber es läuft nicht, es geht! Im letzten Moment kann ich ausweichen. Dann schneidet eine Läuferin urplötzlich die Kurve und macht damit für mich die Strecke zu.
Nach den beiden Schreckmomenten ist es geschafft, wir verlassen den Gutshof und stürzen uns einen schlammigen Wirtschaftsweg in ein Tal hinunter. Ich habe mich bei der Schuhwahl vertan und muss mit Straßenschuhen auf dem Untergrund zurecht kommen. Jenseits der Senke steigt der Kurs wieder an und gibt auf der Höhe den Blick in die wunderbare Umgebung frei. Die offene Landschaft hat ihren Preis. Eisiger Wind umpfeift meinen Leib. Das dürfte der erste Wettkampf sein, bei dem ich nicht schwitze!
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| Gut Gamig |
Die Mischung verändert sich auch. Allerdings ohne mein Zutun. Am Anstieg aus dem Tal hinaus ziehen die beiden vermeintlichen Altersgenossen am Pulsmesser-Nachwuchs vorbei und mir davon. Wenn ich wenigstens meine Tochter einholen will, muss ich jetzt ihren leichten Einbruch am Berg nutzen und darf nicht nachlassen. Meter um Meter mache ich ganz langsam Boden gut. Die Zunge hängt mir in den Kniekehlen, aber auf der Anhöhe kann ich endlich zu ihr aufschließen. Die Übereinkunft, von nun an gemeinsam ins Ziel zu laufen, bedarf keiner Worte. Stattdessen sagt mein Pulsmesserchen: "WmfV - Wettkampf mit fittem Vater!" Damit macht sie wieder gut, dass sie unser gemeinsames Training der letzten Woche "ImaV" genannt hatte: "Intervalle mit alten Vater!"
Am Endgegner-Berg muss ich kämpfen, um Schritt halten zu können. Die schmale Zielgasse vereinzelt uns dann doch noch, da man nacheinander seinen Handgelenk-Transmitter an den Sensor für die Zeiterfassung halten muss. Aus der Moderation geht hervor, dass ich gerade mit der Gesamtsiegerin der Frauen gefinisht habe! Stolz mischt sich in meine Erschöpfung - Stolz auf meine Tochter, Stolz auf mich, der ich mithalten konnte.
Wir werden umfangreich belohnt. Direkt im Ziel bekommen wir eine im Gut Gamig handgetöpferte Medaille. Bei der Siegerehrung erhält die Juniorin vom Hauptsponsor, einem Dresdner Bäcker, einen 1,5 kg schweren Stollen und eine Flasche Sekt für den Gesamtsieg, und für den AK-Sieg gibt es noch Pulsnitzer Lebkuchen. Glücklicherweise war meine Wahrnehmung der vermeintlichen AK-Konkurrenz nicht ganz korrekt. Direkt vor uns lief der M55-Sieger ins Ziel und direkt nach mir der Drittplatzierte. Somit bin ich AK-Zweiter geworden und habe das Orakel des Pechkekses Lügen gestraft! Während der Sieger Lebkuchen essen muss, darf ich ein Sixpack gesunder Äpfel in Empfang nehmen!


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