Freitag, 31. Mai 2019

Mein Ultra-Come-Back beim 20. Westerwaldlauf in Rengsdorf

Seit Anfang Oktober bin ich nicht mehr über die Marathondistanz hinausgekommen. Zum Herrentag schenke ich mir meine Rückkehr auf die längeren Strecken. Ein Funlauf ohne Wertung über 50 km scheint dazu perfekt geeignet. Der 20. Westerwaldlauf beim Volkswandertag in Rengsdorf bietet sich geradezu an.

Schon 2014 hatte ich diese familiär organisierte Veranstaltung schätzen gelernt. Start und Ziel befinden sich am wunderschön gelegenen Freibad in Rengsdorf, das nach dem Lauf genutzt werden darf. Im Freibad tummeln sich allerlei bekannte Ultraläufer. So kommt es zu manch herzlicher Begegnung.

Gebadet wird erst nach dem Lauf

Auch die internetbekannte "Wandersmännin" Daniela Mohr hat sich unter die Starter gemischt. Schon lange erheitert mich ihr Blog und ernähren mich ihre Rezepte (letztere allerdings über den Umweg der Kochkünste meiner Frau). Heute ist es an der Zeit, dass ich mich persönlich vorstelle und als Fan bekenne. Ich bekomme zwar kein Autogramm, aber ein Visitenkärtchen, auf dem ich Wanderstempel sammeln kann - quasi als Payback-Punkte aus dem Wald. Paradoxerweise hat sich Daniela nämlich mit ihren flotten Wanderbeinen noch ein zweites Standbein geschaffen und bietet Mikro-Abenteuer wohlfeil.

Ich stürze mich mit dem Startsignal in mein eigenes Abenteuer, das mir ob meiner langen Abstinenz gar nicht so "mikro" vorkommt. Die 1200 Hm tun ihr Übriges. Die menschenleere Westerwaldlandschaft entschädigt aber permanent für jede Anstrengung. Mal rauscht der Wind in den Baumwipfeln, mal die Wied in ihrem Bett. Oft geht es an plätschernden Bächen bergauf oder -ab. Manchmal tut es dies auch ganz ohne Gewässer. Und an einer dieser Abwärts-Passagen passiert es mal wieder. Ein Fuß bleibt irgendwo hängen. Ich gerate ins Straucheln. Und dann kommt dieser Moment, wo du realisierst, dass ein Sturz nicht mehr zu vermeiden ist. Mir gelingt es, noch einen Schritt zwischenzuschieben und meine Fallrichtung zur Böschung zu lenken. So tauche ich mit der rechten Körperhälfte in den Waldboden der Wand, die rechts neben dem Weg emporragt. Glück im Unglück. Ich falle dadurch nicht so tief und lande auch noch weich. Der feine Staub des Waldes und der Schweiß auf meiner Haut bilden fortan eine markante Patina, die mich als Trailrunner ausweist.

Sechs verschiedene Strecken haben die Veranstalter im jährlich wechselnden Programm. Dadurch erlebe ich ein mir völlig neues Stück Westerwald. Immer wieder gibt es eine Aussicht zu genießen. Landschaftliche Ähnlichkeiten zum Rennsteiglauf empfinde ich. Aber die idyllische Lage von VP2 sucht ihresgleichen.

VP2 an kleiner Kapelle

Obwohl es keine offizielle Zeitnahme gibt, habe ich mir eine private Zielvorgabe auferlegt. Ich möchte unter 5 Stunden bleiben. Bei km 42 wird klar, dass ich eine Minute hinter meinem Plan hänge. Und nun zeigt sich, wie wirkungsvoll so ein selbstgestecktes Ziel sein kann. Ich zünde nämlich den Turbo. Vergessen und verflogen ist plötzlich der Schmerz in der linken Leiste, der mich seit dem Herbst auf längeren Strecken begleitet. Auch das Höhenprofil hat nun ein Einsehen und weist tendenziell bergab. Ich "flowe" dem Ziel entgegen, wo nach 4:52:07 die härteste Prüfung des Tages auf mich wartet.

Das Wasser der Dusche ist gerade so warm, dass keine Eiswürfel aus dem Brausekopf fallen. Mannhaft stelle ich mich der Herausforderung. Als ich mich mit blauen Lippen zitternd abtrockne, kommt ein potenzieller Leidensgenosse zur Tür herein. "Ach, da muss man Bescheid sagen", sprach's, verschwindet kurz und genießt anschließend eine heiße Wellness-Anwendung unter meinen neidischen Blicken.

Der Lauf in einem Wort zusammengefasst - bei km 42

10 Kommentare:

  1. So war‘s (saukalt, das Wasser, beschaulich zwitschernd die Strecke), auch wenn ich dieses Jahr wieder mal nur 32kmTauglich war, vielleicht nächstes ... Fettes Lob, Dein Bild ist vermutlich eins der meistgeknipsten dieses Jahr 😂

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  2. Toll so ein kleiner und familiärer Lauf! Und gerockt hast es sowieso mal wieder

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    1. Ich mag sowas. Allerdings bin ich die ganze Zeit allein gelaufen.

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  3. Die anderen wandern, du läufst, um dann mit kalten Wasser belohnt zu werden?!
    Klingt aber toll, ein feiner und unkomplizierter Lauf, so muss es sein.

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  4. Ach Mist, hättest Du Dich den 5 Stunden etwas weiter genähert, hättest Du wohl zeitlich mit dem Duschkundigen das Warmwasser teilen können...
    Dennoch Glückwunsch zu Diner Leistung!
    Liebe Grüße
    Elke

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    1. Danke, vielleicht schaffe ich es ja noch irgendwann selbst zur Qualifikation als "Duschkundiger"!

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  5. Das klingt nach einer tollen Veranstaltung, nicht nur, weil es jemand auf die Straße geschrieben hat :-)
    Und du bist dann wohl KEIN Warmduscher ;-)
    Glückwunsch zu deinem diesjährigen Ultra Finish
    Liebe Grüße
    Helge

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    1. Vielen Dank, ich hoffe aber, dass es nicht "mein diesjähriges UltrafinishU" war.

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