Mittwoch, 14. Dezember 2016

Siebengebirgsmarathon – 7G 2016

Man muss nicht in Frankfurt laufen, um in einer Festhalle zu finishen. Das geht auch beim Siebengebirgsmarathon.

Wartender Fotograf am Zieleinlauf im Bürgerhaus Aegidienberg
Seit 2013 habe ich dort jeweils den läuferischen Jahresausklang zelebriert. Diesmal habe ich noch etwas mehr vor. "Irgendwann will ich beim 7G unter 3:30 bleiben, doch in diesem Jahr muss ich betont langsam laufen, denn eine Woche später steht noch ein belgischer Ultratrail in meinem Laufkalender.", so schrieb ich vorab an meine Laufpartner.

Wir sind zu viert angereist, um unseren CO2-Fußabdruck zu reduzieren. Unsere Trittspuren im Boden der siebengebirgischen Waldwege wollen wir hingegen ganz bewusst hinterlassen! Leicht macht es uns die Wegbeschaffenheit heute nicht, das Profil unserer Schuhe in den Untergrund zu prägen, denn die Wege sind trocken und hart wie des armen Läufers Brot. Bei 6 Grad und Windstille fällt nicht ein Tropfen vom bedeckten Himmel.

Haben sich die Pferde in Aegidienberg zu einer Gang zusammengerottet und ein Gangpferdezentrum gegründet? Jedenfalls findet der Start wie jedes Jahr vor diesem Gangpferdezentrum statt, wo von einem Traktoranhänger herab das Signal gegeben wird, das die Läufer-Gang in Gang setzt. Oder "auf Trab" bringt?

Peter und Ralf fallen direkt in den Galopp. Sie hatten an der Startlinie spontan verkündet, in 3:45 ins Ziel laufen zu wollen. Schon nach zwei Kilometern ist die Nikolausmütze, mit der Ralf den dritten Advent begeht (oder beläuft er ihn?), unseren Blicken entschwunden. Alexander und ich, die wir die andere CO2-Quartett-Hälfte bilden, zuckeln in einem Schnitt von 5:54 hinterdrein.


So bleibt trotz der rund 800 Höhenmeter des Kurses genügend Luft, um die Globalisierung zu thematisieren und Erlebnisse mit der Konkurrenz aus Ost und Fernost am Arbeitsmarkt zu schildern. Das bringt uns direkt zur Sorge um den Nachwuchs, und Alexander benennt mir bisher unbekannte Zugangswege zum Studium. Offenbar haben die durchgenommenen Themen Alexander auf den Magen geschlagen. Nahe Kilometer 17 verabschiedet er sich ins Gebüsch.

3/4-Quartett bei 6,3 Grad Celsius
Fortan bin ich auf mich allein gestellt. Und mein ganzes Trachten richtet sich jetzt darauf, die rote Nikolausmütze wieder einzuholen. Doch so sehr ich mich auch mühe, werde ich bei jeder Geraden, die einen Weitblick nach vorn ermöglicht, aufs Neue enttäuscht. Keine Mütze in Sicht.

Den Kilometer 21 passiere ich nach 1:56:irgendwas. Zu einer 3:45er Zeit bleiben demnach noch eine Stunde und achtundvierzig Minuten für den zweiten Halbmarathon. Das erscheint machbar. Dennoch dauert es bis zur Verpflegungsstation bei Kilometer 33, bis ich die weihnachtliche Kopfbedeckung und ihren Träger eingeholt habe.

Mein gesetztes Ziel ist erreicht. Und ich könnte den Marathon nun im Quartett-Team zu Ende bringen, wie ich es eine ganze Aufholjagd lang geplant hatte. Allein, ich vermag das einmal angeschlagene Tempo nun nicht mehr zu reduzieren und renne einfach weiter!

Während mir ob der ungeplanten Geschwindigkeit der Gedanke durch den Kopf geht, das Belgien-Abenteuer einfach ausfallen zu lassen, setzte ich dennoch den Ausrüstungstest für den Auslandsmatschaufenthalt fort. Neue "Inov8 Terraclaw 220" zieren die Füße. Nur fehlt es am Schlamm, in den die "Klauen" zu schlagen wären. Komplementiert wird das Schuhwerk durch Gamaschen von Salomon namens "Trail Gaiter Low". Und genau diese, heute ohnehin unnötige, Zusatzausrüstung hätte meinem Lauf beinahe ein jähes Ende bereitet.
Höhenprofil Siebengebirgsmarathon
Schon am Start zeigte sich, dass der breite Gummiriemen, der unter dem Fuß verläuft, nicht zwischen die Profilstollen des Terraclaw zu verlegen ist. Somit muss ich bei jedem Schritt mit einigen Stollen auf den Riemen treten. Bei Kilometer 36 schiebt sich der linke Riemen urplötzlich über die Ferse, so dass mir die gesamte Konstruktion ums Bein schlackert und fast zur Fußangel gerät. Wenigstens lässt sich das untaugliche Teil dank des Klettverschlusses mit einem Handgriff abnehmen.

Zuverlässig wie in jedem Jahr steht am letzten Anstieg "Mr. Tambourinman". Als er mir "zutrommelt", funktioniere ich den nutzlosen Gaiter kurzerhand zum Winkelement um und lasse das rote Textil lassogleich überm Kopf kreiseln. Der Tambourinman lacht. Waren die Gamaschen doch noch zu etwas nutze!

Zum Schluss geht es "die Straße runter". Wo auch immer diese Redewendung ihren Ursprung haben mag, hier ist es tatsächlich ganz leicht abschüssig. Unübersehbar sind die kindskopfgroßen Baumkugeln, die alljährlich eine stattliche Konifere in einem der Vorgärten zieren. Die letzten beiden Kilometer sind mit 4:13 und 4:08 relativ schnell vorbei, bevor der Lauf im Grande Finale auf dem roten blauen Teppich in der Festhalle gipfelt. Rot ist immerhin das Band der Medaille, das mir nach 3:37:23 um den verschwitzten Hals drapiert wird.

4 Kommentare:

  1. Was für ne Zeit. Wahrscheinlich wäre ne 3:30h drin gewesen wenn nicht gebummelt hättest am Anfang. Aber vernünftig war's eben.
    Viel Spaß am wochenende!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Bezüglich einer künftigen 3:30 bin ich jetzt auch recht zuversichtlich.
      Danke!

      Löschen
  2. Ich ahnte es schon bei den ersten Zeilen. Wenn einer von "betont langsam laufen" spricht, endet es meist im Gegenteil. Und dann noch mit der Gamasche winkend munter einen mustergültigen negativen Split hinlegend, sein Tempo gar nicht mehr zu reduzieren vermag, dann ist es ein typischer Pulsmesser-Lauf!
    Allerherzlichsten Glückwunsch zur Planübererfüllung!
    Liebe Grüße
    Elke

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Vielen Dank, Elke! So richtig schlau war die Aktion leider nicht. Nach Belgien wäre ich wohl besser ausgeruht gefahren.

      Löschen