Freitag, 14. Juni 2013

Rennsteiglauf-Vorbereitung Teil 1: Laufbericht "Kyffhäuser Berglauf"-Marathon


Start
Startbogen vorm Schloss
Nachdem ich von meiner Teilnahme am Rennsteiglauf-Supermarathon berichtet habe, möchte ich auch die Wettkämpfe schildern, mit denen ich mich auf die 72,7 km vorbereitet habe. Ich startete erst beim  "Kyffhäuser Berglauf" über die Marathondistanz und nahm später an der Harzquerung über 51 km teil.

Die Thüringer Läufe haben die Eigenschaft, bereits samstags stattzufinden. Das bedeutet eine Anreise am Freitag im dichten Pendlerverkehr. Vor dem Kyffhäuser Berglauf am 13.4.2013 bezogen wir in der Jugendherberge Kelbra Quartier. Das Haus ist top-modern ausgestattet und verfügt neben einer Cafeteria mit herrlicher Aussicht auch über eine große Terrasse, die einen wunderbaren Fernblick ins Thüringer Land bietet. Die Verpflegung steht einem Sterne-Hotel in nichts nach. Am Frühstücks- und Abendbrot-Büfett werden selbstgemachte Salate und eine große Auswahl an Käse, Aufschnitt und Müsli gereicht. Der Service wird durch die Freundlichkeit des Personals vervollkommnet. Lediglich die Lage des Hauses auf der "falschen" Seite des Kyffhäusers bedingt eine knappe halbe Stunde Anfahrt zum Startort Bad Frankenhausen.

Am Start gibt es nur kurze Wege. Parken kann man im Busbahnhof ca. 100 m entfernt von der Startlinie. Zur Gepäckaufbewahrung und zum Umkleiden dient ein Zelt. Kleiderbeutel werden nicht verteilt, man kann seine privaten Taschen dort abgeben.

Das Läuferfeld ist mit gut 250 Startern recht überschaubar. Daher geht es bei der Startaufstellung sehr gelassen zu. Bei Temperaturen um die fünf Grad und kaltem Wind schickt uns der Startschuss auf eine durchweichte Strecke. Vor einer Woche lag noch Schnee im Kyffhäuser. Inzwischen haben sich die Wege in Schlamm verwandelt. Der Veranstalter hebt die aktuellen Streckenbedingungen als schwierig hervor und wird sie als Begründung nehmen, um später das Zeitlimit für die MTB-Fahrer zu verlängern. (Diese bedauernswerten Gestalten werden im Ziel aussehen, als ob sie von Kopf bis Fuß mit einer Spritzpistole mit Schlamm besprüht worden wären.)

Doch zunächst verläuft der Weg auf Asphalt und auch erst einmal flach bis zur Barbarossa-Höhle, wo sich die erste Getränkestation befindet. Der Sage nach schläft Kaiser Friedrich I. in der Höhle, und sein roter Bart ist in den steinernen Tisch eingewachsen, an dem er sitzt. Dieses abschreckende Beispiel für die Folgen von zu wenig Bewegung läßt mich schnell weiterziehen. Bald folgt der erste Anstieg der insgesamt etwa 700 Höhenmeter hinauf zu km 12, wo es endlich auf Forstwegen in den Wald geht. Ich folge konsequent meiner Strategie, den Puls unter 80% zu halten. Dadurch muss ich am Berg die Geschwindigkeit reduzieren und verliere den Anschluss an die Truppe, in der ich bisher lief. Auch die beiden führenden Frauen ziehen vorbei. Ich werde sie in den hohen Zwanzigern wiedersehen und überholen. Bis dahin staune ich über die Länge der Anstiege. Die Gefälle in meinem Trainingsgebiet sind in etwa vergleichbar, jedoch sind die Berge hier wesentlich länger. Doch es ist niemals so steil, dass man gehen müsste. Ich genieße die Natur, durch die uns die Waldwege führen. Immer wieder ist mit schlammigen Passagen und Pfützen zu kämpfen. Besonders reizvoll ist das Wegstück, das als Single-Trail in Richtung Rothenburg leitet. Deren Gelände wurde im Dritten Reich von der SS benutzt, und in der DDR erholten sich dort Stasi-Mitarbeiter von ihren Missetaten. Beim Erreichen der Kontrollstelle am Kyffhäuserdenkmal wird mir ein Stempel auf die Startnummer gedrückt, den später im Ziel niemand sehen will. Normalerweise fängt es in den 30er Kilometern an weh zu tun, doch hier rollt es besser als je zuvor auf der Strecke! Für mich überraschend - hätte ich doch vorher das Höhenprofil besser studiert - fällt der Weg bis km 35 kontinuierlich ab.
Höhenprofil (Quelle: http://www.kyffhaeuser-berglauf.de)

Kann das bis ins Ziel so weitergehen? Natürlich nicht. Die größte Herausforderung des Laufes wartet ab km 36 auf mich. Der Weg führt parallel zu einem Segelflugplatz über freies Feld in sehr starkem Gegenwind leicht bergan. Ich überhole zwar etliche Geher, aber der Wind bläst mir den Willen aus dem Kopf. Und ich bin sogar froh, als ich überholt werde. So kann ich mich in den Windschatten des Anderen hängen und mich die zwei km bis zum rettenden Waldrand ziehen lassen. Kaum ist dieser erreicht, verschwindet der Wind und mein Kopf kommt wieder in Ordnung. Nach einem Blick zur Uhr rufe ich meinem "Windschatten" zu: "Wenn wir uns beeilen, ist eine Zeit unter 3:30 noch drin!" Darauf antwortet dieser: "Die Zeit ist mir eigentlich egal, ich habe gar keine Uhr dabei." Das nenne ich wahre Gelassenheit! Werde ich diese Stufe der Erleuchtung je erreichen?

Ich lasse den Windschattenmann zurück und stürme dem Ziel entgegen. Leider ist der aufgeweichte Waldweg durch Holzarbeiten so zerwühlt, dass er unpassierbar ist. Man muss sich neben dem Weg durchs Unterholz schlagen. Auf dem schmalen Pfad sind schon einige Halbmarathonis unterwegs, die aber respektvoll zur Seite treten und mich passieren lassen. Teilweise klatschen sie sogar und feuern mich an. Das ist Sportsgeist, danke!
Beifall gibt es dann auch nochmal auf der Zielgeraden, wo meine Familie mich erwartet. Und schon ist das kleinste Mittelgebirge Deutschlands einmal komplett von mir durchlaufen worden!

Als Zielverpflegung bekommt jeder Läufer wahlweise eine Erbsensuppe mit Bockwurst oder zwei Thüringer Rostwürste. Ich nehme natürlich die Würste, wenn ich schonmal in Thüringen bin. Doch unmittelbar nach einem Marathon ist das nicht ganz das Richtige für meinen Magen. Ich genieße eher die Brötchen und scheitere an Wurst Nummer Zwei.

Die Duschen befinden sich wenige Schritte neben dem Ziel in der Kyffhäuser-Therme. Die Läufer, die nicht nur Schweiß und Schlamm abspülen wollen, bekommen Ermäßigung auf den  Eintritt in das Bad. Diese Möglichkeit nutzen wir. Während die Kinder durchs Wasser tollen, lasse ich mir im lauwarmen Wasser auf der Sprudelliege die Beine  genüsslich durchblubbern. Diese Wohltat habe ich mir jetzt verdient!


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