Sonntag, 10. November 2013

Martinslauf 2013 oder Das Geschenk von St. Martin

Zum Martinslauf gehört St. Martin
"Ich kann nicht mehr!" bringt das Mädchen unter Tränen hervor. "Komm, weiter! Da vorn ist das Ziel!", treibt der übermotivierte Vater sie an, als die beiden unter tosendem Applaus der Zuschauer mit weitem Abstand zum Feld als Vorletzte in die Zielgerade des Bambinilaufs biegen. Das Kind fügt sich. Dieses eine Mal noch. Danach will es nie mehr laufen.

Das wäre eine ganz nette Anekdote, wäre nicht ich dieser Vater gewesen. Die Laufbegeisterung hatte mich erfasst und bei meiner Frau Unterstützung gefunden. Auch mein Sohn ging gleich als Bambini freudig an den Start. "Na, dann wird wohl auch das Töchterchen mitmachen, wenn es alt genug ist.", dachte ich damals und habe es wie oben beschrieben vermasselt.

Inzwischen hat auch die Kleine ihren Sport gefunden und ist als Schwimmerin sehr aktiv. Und es kommt noch besser.

Meine Frau hat sich für diesen Herbst vorgenommen, nach ein paar Jahren Pause ihren zweiten Halbmarathon zu absolvieren. Dafür stand für den 10. November ein 10-km-Testrennen im Trainingsplan. Das bedeutete, dass Mutter, Vater und Sohn beim Düsseldorfer Martinslauf starten würden. Diesem Herdentrieb konnte sich meine Jüngste offenbar nicht entziehen. Denn sie beschloss von sich aus, ebenfalls an den Start zu gehen! Sie hätte ihren Vater nicht glücklicher machen können.

Mädchen, die beim 725 m-Lauf Spaß haben
In der AK U10 trennen nur 725 m Start- und Ziellinie. Das macht eine trainierte Schwimmerin aus dem Stand, auch ohne Lauftraining. Und so rollt mein Töchterchen das Feld von hinten auf und läuft lächelnd als 15. ins Ziel. Das war ein so positives Erlebnis, dass sie uns bestimmt wieder einmal mit zu einer Laufveranstaltung begleitet, wenn der dicht besetzte Schwimmwettkampfkalender es zulässt. Doch zunächst muss sie warten, bis wir anderen unseren 10-km-Lauf beendet haben.

Der um 15 Minuten verschobene Startschuss entlässt uns auf eine topfebene Waldrunde mit teils asphaltierten, teils naturnahen Wegen. Naturnah bedeutet bei heutiger Witterung vor allem Pfützen, nasses Laub und Schlamm. Doch der angesagte Regen lässt der Sonne den Vortritt, die die gefärbten Bäume gelegentlich aufleuchten und mich an meiner Bekleidungswahl zweifeln lässt. Bei 5 Grad und leichtem Wind hatte ich mich für ein Langarm-Hemd unter dem kurzen Team-Shirt entschieden und das Outfit mit Kappe, Handschuhen und kurzer Hose komplettiert. Zum zweiten Mal in einem Wettkampf werden meine Füße von Minimalschuhen geziert, da ich den Umstieg auf Natural-Running ab jetzt forcieren möchte.
Zum Glück unterwegs nicht getroffen: Der Besenwagen

Offenbar habe ich mich am Start zu weit hinten aufgestellt. Es kostet mich mehr als zwei Kilometer, bis ich mich durchs Feld gekämpft habe. Das hat den Vorteil, dass ich diesmal nicht zu schnell starte. Ich spare mir Körner für die zweite Hälfte auf und laufe stetig weiter. Das bedeutet, dass ich die ganze Zeit überhole. Ein gutes Gefühl. Nur kurz vor km 5 schiebt sich jemand an mir vorbei. Das korrigiere ich umgehend wieder und werde den ganzen Lauf nicht mehr überholt. Im Gegenteil.

Kein Pulsmesser, sondern ein Herzläufer
Bei km 7 ruft mir ein Beobachter "Dreißigster!" zu. Ich kann mich noch an zwei Konkurrenten vorbeiarbeiten und gegen Ende sogar etwas beschleunigen. Bis zum Ziel schließe ich dadurch auf eine weitere Zweiergruppe auf. Im Endspurt bezwinge ich den hinteren der beiden. Doch auch der Vordermann wird in der Ergebnisliste nach mir stehen, da er die längere Nettozeit hat. Und so werde ich heute 25. Mann von über 700 Startern und Vierter in der AK. Das für mich viel bedeutendere Resultat ist aber die Zeit von 39:54. Erst zum zweiten Mal in meinem Läuferleben kann ich die 40-Minutengrenze knacken!

Zwei Becher Tee später nehme ich schon meinen Sohn in Empfang. Obwohl er vorm Start meinte, heute sei keine Bestzeit für ihn möglich, läuft der Zwölfjährige ansehnliche 43:23. Und auch meine Frau ist mit ihrer Zeit von 56:45 zufrieden.

Wir nehmen die Zielprämie - einen Weckmann - in Empfang und könnten alle glücklich heimkehren, hätte nicht jemand das Tor verschlossen, hinter dem sich der Campingplatz mit den heißen Duschen und den Umkleidezelten befindet. Doch auch diese letzte Hürde wird heute erfolgreich genommen.

7 Kommentare:

  1. Glückwunsch! Das war ja ein rundum gelungenes Familienvergnügen! Und ein Glück, dass Du vor einer Weile dann doch erkannt hast, dass man seine Kinder doch nicht zwingen sollte. Erinnert mich an schlimme Szenen, die ich bei uns In Kerpen auf der Kart-Bahn beobachten konnte/musste.
    Liebe Grüße
    Elke

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  2. Hallo Elke,
    vielen Dank!
    Hast du erlebt, wie der kleine Michael Schumacher gedrillt worden ist?
    Viele Grüße,

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    1. Nein, nicht beim kleinen Michael, aber bei der Generation danach, wo wohl viele Väter meinten, der gleiche Asphalt müsse die gleichen Genies erzeugen... Übel, wenn Kinder von den Eltern fertig gemacht werden bis zum Weinen, nachdem sie von eben diesen Eltern auf die Piste gejagt wurden. (Wobei ich das nicht auf Dich beziehe!)
      Liebe Grüße
      Elke

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  3. Hi, du schneller Hirsch - das macht Freude, zu überholen, dann noch die ganze Familie im Gepäck - super - ich mag das und praktiziere es auch, allerdings sind unsere Kinder ein wenig größer, aber alle laufen Marathon einschließlich des Vaters, die Mutter sowieso !!

    Kinder haben es an uns gesehen
    kennen es nicht anders
    irgendwann laufen sie mit
    freiwillig
    dann machen sie eine Künstlerpause
    andere Interessen
    und irgendwann laufen sie wieder von alleine
    erinnern sich an die Eltern
    und laufen
    so es sich vereinbaren lässt
    mit den Eltern einen Marathon
    natürlich sind sie jetzt schneller
    früher waren wir es auch !

    Schöööööööööööööön - und ich merke, auch du hast es genossen !!

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    1. Ja, das ist für mich noch der große Traum: gemeinsam beim Marathon über die Ziellinie!

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    2. Den Traum habe ich auch :)

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    3. Hallo Markus,

      ich drücke dir die Daumen, dass dein Traum wahr wird.

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