Dienstag, 22. Dezember 2015

35 Prozent



Während das Jahr 2014 als die Zeit meiner persönlichen Rekorde in die Analen der Läufergeschichte eingehen dürfte, könnte 2015 als das Jahr gelten, in dem ich recht häufig auf das Siegertreppchen klettern durfte. 35 Prozent meiner Wettkampfteilnahmen der letzten Saison endeten auf dem Podest. Dreimal konnte ich sogar die Trophäe des Gesamtsiegers in den Bau schleppen.


Bei 20 Veranstaltungen war ich am Start und erlief auf diese Weise knapp 840 Kilometer. Die Trainings-Kilometer blieben ungezählt. Das könnte sich durch die Anschaffung der Fenix 3 künftig ändern.

Ändern wird sich im nächsten Jahr hoffentlich nicht, dass es wieder viele schöne Läufe geben wird. Die Planung reicht zunächst aber nur bis Pfingsten, wenn es die 100 Meilen der TTdR zu bewältigen gilt. Zur Vorbereitung(?) werde ich im März beim TransGranCanaria starten. Dieser Wettkampf dürfte mit 4500 Hm auf 85 km mein bisher steilstes Rennen werden. Ich bin mir bewusst, dass ich bis dahin kein adäquates Bergtraining zustande bringen werde. Umso mehr freue ich mich über den in letzter Minute ergatterten Startplatz beim „Kleinen Einladungs-Ultra“ Mitte Januar, der ein paar Höhenmeter einbringen dürfte.

Jetzt gilt es aber erstmal, die Feiertage einigermaßen mit Wettkampfgewicht zu überstehen, bevor das neue Jahr mit dem traditionellen Ratinger Neujahrslauf gestartet wird.

Montag, 14. Dezember 2015

Siebengebirgsmarathon – 7G 2015


Stellte in den letzten beiden Jahren die Teilnahme am Siebengebirgsmarathon den Saisonabschluss dar, so soll es diesmal, am 13.12.2015, der Auftakt in die neue Saison werden.

Zwei Wochen Laufpause liegen hinter. Sie sollten zum einen der allgemeinen Regeneration dienen. Außerdem wollte ich mein Immunsystem unterstützen, das mit der Abwehr der Infekte aus dem familiären Umfeld schon genug zu tun hatte. Zusätzlich verlangte meine Achillessehne nach Schonung. Die erhöhten Umfänge in 2015 haben gemeinsam mit der Umstellung auch noch des letzten Laufschuhs auf Null Sprengung zu einer Reizung der Sehne bzw. des Sehnenansatzes geführt.

Lauffreund Ralf ist diesmal kurzfristig ausgeschieden. Stattdessen springt Alexander ein. Wie bei den beiden vorigen Siebengebirgs-Starts wollen auch wir den Lauf gemütlich angehen und sehen, wie weit uns diese Strategie gemeinsam voranbringt.

Vom Thermometer neben dem Aegidienberger Gemeindehaus mache ich das jährliche Foto. Diesmal wird der bisherige Maximalwert aufgezeichnet. Nach vierkommavier und zweikommazwei Grad zeigt es in diesem Jahr, nein, nicht achtkommaacht, sondern achtkommaein Grad an. Erstaunlich, wie breitbandig meine Wettkampfbekleidung eingesetzt werden kann. Denn auch dieses Mal starte ich mit Kappe, Handschuhen und langer Hose in Kombination mit einem Langarm-Shirt unter kurzem Hemd. So trotze ich dem Regen, der nach kurzer Zeit in den angekündigten Niesel übergeht.
 
Blick zur Startaufstellung
Vorm Startschuss haben wir uns ganz hinten am Feld angestellt und sind angesichts unserer wenig ambitionierten Pläne mit der Position ganz zufrieden. Doch als sich eine Starterin auf Krücken(!) vor uns aufstellt, möchte ich dann doch weiter vor. Und so kommen wir neben dem Führer zweier Hunde zu stehen. Nicht nur er trägt einen Rucksack, auch seine Hunde sind mit Seitentaschen versehen. Sie seien ihm sonst zu schnell, meint er. Früher habe er sich mittels Bauch-Geschirr von den Hunden ziehen lassen. "Da läufst du die ganze Zeit wie bergab.“ Mittlerweile sei ihm das aber zu anstrengend.

Im dichten Pulk laufen wir los und versuchen, unsere Position im Feld zu finden. Das bedeutet, das wir erstmal eine ganze Weile überholen. Unter anderem passieren wir einen Läufer, der einen riesigen Teddybären im Arm hält. Das Stofftier ist mit einem Müllsack gegen den Regen geschützt. Irgendwie vermute ich hier einen traurigen Hintergrund und frage lieber nicht nach.

Dann stoßen wir auf Joe Kelbel, der gerade eine Pfütze fotografiert. Nun, da wird er heute noch einige Motive finden. Es heißt, er habe Mohamad Ahansal aus Marokko, den fünfmaligen Gewinner des Marathon des Sables, den Start beim heutigen Lauf im Siebengebirge vermittelt. Bei tiefhängenden Wolken, Windstille und Dauernieseln auf matschigem Untergrund findet der Marokkaner hier wahrscheinlich mal ganz andere herausfordernde Bedingungen.
 
8 Grad, Niesel, Matsch
Auch wir müssen der Strecke unseren Tribut zollen. Bisher hatten wir fröhlich geschwatzt. Alexander hatte mich mit seinen Erlebnissen unterhalten, die sich bei einem gemeinsamen Marathon mit Joey Kelly ergaben. Doch unser Redefluss verebbt immer mehr. Alexander plant bei Kilometer 25 eine kleine Rast. Da ich zumindest durchlaufen möchte, ziehe ich ab dort allein weiter.

Bisher waren wir mit einer guten 6er Pace unterwegs. Jetzt könnte ich, frei nach Peter Greiff, aus diesem Marathon einen langen Lauf mit Endbeschleunigung machen - sozusagen 17 Kilometer Endspurt. Ich renne nun von hinten durchs Feld. Anfangs ist meine Relativgeschwindigkeit noch so hoch, dass ich einige Verwunderung hervorrufe. Diese äußert sich in Rufen wie „Du hast wohl den Rucksack abgenommen!“ und sogar in Applaus seitens der Überholten. Je weiter ich nach vorn komme, umso schwieriger wird natürlich das Überholen. Und ich frage mich, ob ich es noch in einen Feldbereich schaffe, wo das System in die Sättigung gelangt, und ich meine Tempogruppe finde.

Doch zunächst finde ich meinen Meister in Gestalt der Strecke. Egal wie gemütlich man unterwegs ist, es bleibt eben ein Marathon. Man sollte den Respekt vor der Distanz nicht verlieren. Das wird mir unmissverständlich klar, als die Beine dann doch schwer werden, und ich um die Pace kämpfen muss. Oh Mann, wie würde ich mich jetzt wohl fühlen, wenn ich von Anfang an so ein Tempo angeschlagen hätte! Wie auch immer, nachdem ich am Gipfel des letzten Anstiegs „Mr. Tambourinman“, der dort - wie in den Vorjahren - für Stimmung sorgt, passiert habe, kann ich mir auf den letzten beiden Kilometern auf leicht abschüssigem Asphalt eine Pace von 4:15 rauskitzeln. Wer dieses Tempo auch über die 40 Kilometer vorher zu halten vermag, finisht unter drei Stunden. Das wird mir in diesem Leben wohl nicht mehr beschieden sein.

Für mich geht heute, am dritten Advent, das vorweihnachtliche Programm nach 3:51 zu Ende. Lamettabehängt treten wir die Heimfahrt an, denn die Medaille bleibt stolz auf der Brust.
 
Die 2015er Trophäen warten auf die Finisher



Montag, 30. November 2015

Leguano – Eine Tupper-Party für Läufer



Der TuS 08 Lintorf hat mich zum gemeinsamen Training ins Stadion eingeladen. Denn es wird der ehemalige Ultraläufer Hansi Köhler erwartet. Er möchte uns Barfuß-Schuhe von Leguano vorstellen. Wir können Sie testen und bei Gefallen kaufen – sozusagen das läuferische Äquivalent zu einer Tupper-Party.

Natural Running


Zunächst erfolgt eine ganz kurze Einweisung in die Welt des Barfußlaufens und des natürlichen Laufstils. Dazu lässt uns Hansi am Ort hüpfen. Nach einer Weile sollen wir die Dämpfung unserer Schuhe testen, indem wir beim Hüpfen nicht auf dem Ballen, sondern auf der Ferse landen. Da ich mit dem „Inov-8 Trailroc 150“ ungedämpfte Schuhe trage, lasse ich das aus. Die anderen scheinen einen Stoß bis in den Kopf zu spüren. Die Schuhe können demnach eine Landung aus 10 cm Höhe nicht effektiv abfangen. Stattdessen übernimmt unser Bewegungsapparat diese Aufgabe beim Landen auf dem Ballen. 

Sohle und Fersenkappe

Mich muss davon niemand mehr überzeugen. Und unter den anderen Sportlern ist das ganze Meinungsspektrum vertreten. Während einige bereits Schuhe von Leguano tragen, gibt es auch einen Totalverweigerer: „Mit den hässlichen Dingern soll ich rumlaufen?!“ Die anderen nehmen aufgeschlossen an den Übungen teil. Doch als Hansi verlangt, dass wir barfuß bei fünf Grad auf nassem Tartan ein paar kurze Steigerungen laufen, verschwindet ganz plötzlich die Begeisterung für das natürliche Laufen. Eine erkleckliche Anzahl von Füßen bleibt beschuht.

Ich mache tapfer mit. Doch gegen Ende sind meine eiskalten, nassen Füsse am Ballen taub. Es fühlt sich an, als ob ein Fremdkörper darunter kleben geblieben sei. Doch so oft ich ihn auch wegzuwischen versuche - da ist nichts. Endlich dürfen wir zurück in die Schuhe! Dieses Bedürfnis war vermutlich nicht der gewünschte Effekt der Übung.

Testlauf


Statt in die eigenen Puschen können wir nun endlich in die Leguanos schlüpfen. Es stehen zwei Modelle zur Auswahl. Beide verfügen über die gleiche Sohle, der Aufbau ist jedoch unterschiedlich. Variante Eins sieht aus wie ein Schuh und verfügt über eine herkömmliche Schnürung. Hier passt mir Größe 47, wie auch sonst bei Laufschuhen. Das Laufgefühl ist hervorragend, natürlich und barfüßig. Es fühlt sich noch etwas direkter als im Trailroc 150 an. Vor allem aber ist der Leguano viel wärmer!

Das "Business"-Modell der "Variante Zwei"

Danach ziehe ich an einen Fuß Variante Zwei, während Nummer Eins am anderen Fuß verbleibt. Dieser zweite Leguano (ich schreibe bewusst nicht „Schuh“) sieht aus wie eine Socke mit Sohle. Und ich laufe nun beide Varianten im direkten Vergleich. Dabei erscheint mir das Barfußgefühl in der „Socke“ noch intensiver. Es stellt sich heraus, dass ich hier Größe XXL benötige, die auf dem "Schuhkarton" (ein Würfel mit einer geschätzten Kantenlänge von zehn Zentimetern) alternativ mit 46/47 angegeben wird.

Kleines Packmaß

Meine Wahl


Am Ende bin ich der einzige Käufer. Ich entscheide mich für die Socke. Zum einen, weil sie das barfüßigere Gefühl vermittelt. Zum anderen ist sie 50 Euro preiswerter als die Schuhe. Ganz Geschäftsmann, wähle ich das "Business"-Modell, bei dem Sohle und Stoff komplett in Schwarz gehalten sind. Doch als meine Frau mich derart bestrumpft zu Hause auflaufen sieht, verbietet sie mir sofort, "auf Strümpfen" ins Büro zu gehen.

Mit Leguanos durch feuchtes Gras

Stattdessen  laufe ich zehn Kilometer durch die Felder. Asphalt erweist sich als der ideale Leguano-Untergrund. Auch kurze Wald- und Feldwegpassagen meistert das neue Fußkleid. Jedoch ist die Wattiefe im Schlamm arg eingeschränkt. Zum Glück lassen sich die Leguanos nach dem Lauf per Hand- oder Maschinenwäsche vom Schmutz befreien. Verglichen mit dem Trailroc 150 hat man deutlich weniger Schutz an den Zehen und an der Ferse. Dafür ist die Leguano-Sohle noch flexibler.

Nackte Fakten, statt nackter Füße


Diese Sohle besteht aus einer Aneinanderreihung von Noppen. Mit einer Schublehre messe ich nach. Die eigentliche Sohle zwischen den Noppen ist 4 mm dick. Die Noppen vergrößern den Abstand zwischen Fuß und Boden auf 7 mm.

Wenn ich schon mal beim Messen bin, hole ich auch noch die digitale Küchenwaage aus dem Schrank. Mit exakt 200 Gramm wiegt ein Leguano in meiner Größe genau ein Gramm mehr als mein Trailroc 150. 

Flexible Sohle

Fazit

 

Wer genug Selbstbewusstsein mitbringt, sich abseits sozialer Normen zu kleiden (Five-Finger-Träger aufgepasst!), findet im Leguano eine Fußbekleidung für alle Lebenslagen bis hin zum Ultra-Laufen auf befestigtem Untergrund (wie hier beobachtet). Selbst Autofahren ist mit dem Leguano eine ganz neue Erfahrung. Weniger Robuste können die Socke mindestens als warmen, bequemen Hausschuh mit sagenhafter Bodenhaftung nutzen.