Donnerstag, 18. Juli 2013

Marienerscheinung beim 24-Stunden-Lauf in Breitscheid

Kraftstoff vom Sponsor
Profikarriere?


Der erste Schritt in Richtung Profikarriere ist gemacht. Ich habe einen Sponsor! Der übernimmt die Startgebühr und schickt mich mit Shirts, Handtüchern und einem großen "Kraftpaket" voller Läufer-Nahrung am 12./13.7. 2013 beim 24-Stundenlauf in Ratingen Breitscheid an den Start.

Unter Palmen


Eine 5-km-Runde führt uns auf asphaltierten Wegen durch Wälder und Felder und durch ein edles Wohngebiet, wo sogar Palmen in den Vorgärten gedeihen. Mehrere Hausfrauen sind in der Siedlung beim Putzen nobler Karossen zu beobachten. Wie unterschiedlich man doch sein Wochenende gestalten kann!

Auf den ersten vier Runden begleitet mich mein Sohn. Noch ist er keine 12 Jahre alt. Also schicke ich ihn danach unter die Dusche und verordne ihm warme Sachen. Als ich eine Runde später wieder durchs Start-/Zielgebiet komme, steht der Junge immer noch in seinem Sportdress dort.
"Warum bist du nicht geduscht?"
"Ich finde mein Handtuch nicht."
Mein kleiner, großer Läufer!

Zum Glück sind genug Handtücher in der Sponsorentasche, und er kann endlich duschen. Ich drehe inzwischen noch eine Runde, bevor wir gemeinsam im Vereinsheim Nudeln zum Abendbrot essen. Dabei erfahren wir, dass 22:30 Uhr eine Fackelwanderung auf der Strecke stattfindet. Daran darf der Junior noch teilnehmen, bevor er in den Schlafsack muss. So kommt er am ersten Tag schon auf 25 km.

Das Zelt ist schön breit, aber zu kurz.
24 Stunden ohne Schlaf


Ich selbst will mir diesmal keinen Schlaf gönnen. Bei meiner ersten Teilnahme vor zwei Jahren hatte ich ganz bewusst acht Stunden Schlaf eingeplant und erreichte mit dieser Strategie 115 km. Heute will ich wissen, was ohne Schlaf möglich ist.

Marienerscheinung


Also setze ich mir meine alte "Petzl Tikka" auf den Kopf und laufe durch die Nacht. Damit bin ich gut ausgerüstet, sehe mehr als genug und die Batterien halten durch. Andere haben wahre Flak-Scheinwerfer bei sich, während viele gänzlich unbeleuchtet sind. Das führt zu seltsamen Lichteffekten, die mich an Irrlichter glauben lassen. Bis ich näher komme und Schritte im Dunkel höre. Erst da kann ich das seltsame Geflimmere den Reflektoren an Laufschuhen zuordnen.
Andere Lichteffekte rühren von den vielen Glühwürmchen her, die durch den Wald schwirren. Hier und da blitzt ein Augenpaar aus dem Feld. Vermutlich eine Katze auf nächtlicher Jagd.
Noch seltsamer ist eine ganz andere Leuchterscheinung. Ich schließe zu einer Gruppe unbeleuchteter Sportler auf, die sich hinter einem Herrn mit Trinkrucksack hält. Vorn am Trägersystem des Rucksacks hat er zwei sehr helle Lichter befestigt, so dass er den anderen die Strecke ausleuchtet. Ich laufe am Ende des Trupps mit einer Frau, die sich später als die Gewinnerin des Laufs erweisen wird. Und plötzlich erstrahlt ihr Gesicht in einem weiß-roten Schein. Anschließend glaube ich, weiße Wölkchen über ihrem Haupt wahrzunehmen. Bin ich Zeuge einer Marienerscheinung geworden? Ich wage nicht darüber zu sprechen, bleibe aber besonders aufmerksam. Und tatsächlich, das Schauspiel wiederholt sich. Nun frage ich die vermeintliche Maria nach der Ursache. Sie raucht E-Zigarette beim Laufen! Natürlich nikotinfrei, man ist ja Sportler. Ich fasse es nicht!

Idealbedingungen


Auch mit Inge vom Marathonteam Ratingen bin ich einige Runden unterwegs. Während ich gelegentlich mentale Hänger zu verzeichnen habe und ein wenig vor mich hin klage, ist sie stets fröhlich, lächelt und versucht immer das Positive zu sehen. Das endet meist damit, dass sie unser Wetterglück preist. Und tatsächlich herrschen Idealbedingungen. Es ist bedeckt und nicht zu warm. Nachts lege ich sogar heimlich das Shirt mit dem Sponsoren-Schriftzug ab und ziehe ein Hemd mit langem Arm über.

Die nächtliche Stille ist ein Erlebnis. Das Käuzchen ruft hin und wieder, sonst ist nichts zu hören. Nur das ewige Tapp-Tapp der Füße. Und manchmal ein schnelleres Tapp-Tapp-Tapp von hinten.

Wund im Kopf


Jenseits der 50 km beginnt es für mich schwer zu werden. Ich bekomme Schmerzen. An meiner Zunge! Reflexhaft lecke ich mir immer wieder Schweiß und Salz von der Oberlippe. Da ich unrasiert bin, reibe ich mir nach und nach die Zungenspitze wund. Trotz dieser rationalen Erkenntnis kann ich mit dem Gelecke nicht aufhören.
Um die 70 km fange ich an zu leiden.
"Wieso tut das hier genau so weh wie auf dem Rennsteig? Dort warst du viel schneller unterwegs und es gab richtige Berge!" Ich finde keine Antwort. Stattdessen spüre ich, dass ich mir zum ersten Mal in meinem Leben einen Wolf laufe. Auch die Füße schmerzen. Irgendwann in den 80ern muss ich temporär vom Laufschritt ins Gehen wechseln. Aber das ist keine Option, denn der linke Fuß tut dabei noch mehr weh. Es fühlt sich an, als ob der Fuß "durchgelaufen" wäre. Irgendwann will ich nur noch aufhören, nach Hause, weg hier. Ich muss einsehen, dass ich eine Pause brauche und schließe mit mir in nächtlicher Zwiesprache einen Handel.
"Hundert machst du voll, dann ruhst du dich aus."

Halbzeit


Nach 12 Stunden habe ich 90 km geschafft. Halbzeit.
"Rechnerisch sind 180 km drin.", denke ich.
"Haha, guter Witz.", gebe ich mir zur Antwort.
Am "Berg"
Auf der nächsten Runde schwöre ich mir, den eben erst geschlossenen Handel zu brechen.
"Mach ich eben nach 95 km Pause. Geht nicht anders. Ich kann einfach nicht mehr." "Wie lang können diese verfluchten fünf Kilometer denn eigentlich noch sein? Und welcher Idiot hat inzwischen hier die ganzen Berge eingebaut?"
Irgendjemand hat ermittelt, dass eine Runde 28 Höhenmeter hat. Mittlerweile habe ich demnach schon über 500 Hm auf der eigentlich flachen Strecke bewältigt. Völlig am Ende meiner Kräfte laufe ich nach 95 km ins Verpflegungzelt mit dem festen Vorsatz, mich jetzt hinzulegen. Doch wie schon 18 mal zuvor nehmen meine Hände den Becher und führen ihn an die Lippen, während meine Beine dabei langsam weitergehen. Ich bin wieder unterwegs.

100 km


Hatte ich mich eben noch komplett aufgerieben über den Asphalt geschleppt, bin ich jetzt leicht beflügelt. Da ich weiß, dass das die letzte Runde vor der Pause ist, laufe ich sie komplett durch.
"Mann, ich bin hier  gerade dabei 100 km am Stück zu laufen! Jetzt kann nichts mehr schief gehen. Denn danach ruhe ich mich aus und laufe dann mit meinem Jungen die vier Runden, die er sich für heute vorgenommen hat. Dann bin ich schon bei 120 km und damit weiter als beim letzten Mal. Alles, was danach kommt, ist Bonus. Und es ist noch jede Menge Zeit!"
Nach etwa 13h und 20min liegen 100 km hinter mir. Wahrlich keine Fabelzeit, aber ich will ja auch noch weiter.

Jetzt gönne ich mir eine Pause. Nein, jetzt brauche ich eine Pause. Mehr geht einfach nicht.
Läufer-Lounge mit Flokati
Vor allem muss ich aus diesen nassen, salzigen Klamotten, um den Wolf zu besänftigen. Ich nehme eine unheimlich heiße Dusche. War Duschen jemals so schön? Dabei entdecke ich die Ursache für die schmerzenden Füße. Blasen! Was soll's, frische Socken drüber.

Schon seit Stunden lechze ich nach etwas Herzhaftem. Nach zwanzig Besuchen im Verpflegungszelt kann ich den Süßkram nicht mehr sehen. Lediglich die heiße, salzige Brühe bekomme ich noch runter. Jetzt, an meinem Zelt, kann ich endlich die mitgebrachten Käsebrötchen essen und die selbstgemischte, gesalzene Apfelschorle trinken. Wie herrlich so eine altbackene Semmel schmeckt!

Dann krieche ich ins Zelt. Vielleicht nicke ich sogar einmal für fünf Minuten ein. Aber ich kann nicht lange in einer Position liegen und muss mich ständig drehen. Aufstehen will ich aber auch nicht. Und zwar nie wieder! Nach einer Stunde wird mir die Entscheidung von meinem Körper abgenommen. Der Stoffwechsel fordert seinen Tribut, ich habe keine Wahl und muss mich erheben. Mein Sohn wird auch munter und wir vereinbaren, dass ich eine Runde laufe und er inzwischen frühstückt.

Erquickt an Geist und Körper fliege ich förmlich über die Strecke. Fast vergessen scheinen die Qualen der letzten Stunden. Unglaublich!
Unglaublich auch, was ich vor unserem Zelt entdecke.
"Warum sitzt du immer noch im Schlafanzug hier?"
"Ich bekomme die Wurstpackung nicht auf."
Mein kleiner, großer Läufer!

Strecke bekannt für gute Gespräche


Nach einer weiteren Runde können wir wieder gemeinsam starten. Jetzt ist es mein Nachwuchs, der sich bremsen muss, um mir nicht wegzulaufen. Als ich am "Berg" gehen muss, lässt er den Alten ohne Mitleid zurück und wartet am nächsten Verpflegungspunkt auf mich. Dort, etwa bei km 3, betreibt ein älteres Ehepaar voller Hingabe eine private Getränkestelle in der Toreinfahrt seines Gehöfts. Sie haben extra ein Regal für die Becher der Ultras gebaut. Jeder hat einen wiederverwendbaren Becher mit seiner Startnummer stehen, der immer wieder frisch von dem Pärchen befüllt wird. Und das ist das Schönste an diesem Lauf: die vielen positiven Begegnungen.

Nicht nur die Hofbesitzer haben bei jedem Wiedersehen ein anerkennendes Wort, besonders für meinen Junior. Auch vom Marathonteam Ratingen erfahren wir viel Unterstützung. Mit Andrzej laufe ich eine - für mich viel zu schnelle - Runde. Dabei erzählt er von seinem verpatzten Berlin-Marathon, bei dem er sich am Vorabend in der Stadt verlief, dann seinen Wecker verlegte und schließlich zu spät zum Start kam.

Ganz besonders genieße ich natürlich die gemeinsame Zeit mit meinem Sohn. Welchem Vater ist es vergönnt stundenlang Zeit mit seinem Kind zu verbringen und sich dabei ungestört unterhalten zu können?

Angeregte Unterhaltungen führe ich auch mit Torsten E. Wir hatten uns vor zwei Jahren auf dieser Strecke kennengelernt und schon damals angeregt ausgetauscht. Dieses Mal vertiefen wir unsere Lauffreundschaft, bauen uns immer wieder gegenseitig auf, philosophieren über läuferische Grenzerfahrungen und erzählen uns schließlich aus unserer Lebensgeschichte. Der Veranstalter Klaus Stemmer kommentiert unseren intensiven Dialog: "Unsere Strecke ist bekannt für gute Gespräche!"

Torsten nimmt seit 2007 regelmäßig an der Veranstaltung als Ultra teil und erhöht jedes Jahr die Distanz um fünf km. Bis zu seinem 50. Geburtstag will er sich auf 150 km steigern. Inge hat eine andere Strategie vorgeschlagen: heute alles geben und dann nie mehr wiederkommen. Nachdem ich mich die ganze Nacht durchgequält habe, will auch ich aus den verbleibenden Stunden noch das Maximum herausholen. Aber ich werde auf jeden Fall wiederkommen. Dann aber als Genussläufer, der abends entspannt mit einer Bratwurst vorm Zelt sitzt und die anderen anfeuert.

Bilanz


Die führende Frau läuft locker, leicht und lächelnd 180 km und verweist damit den führenden Mann mit 170 km auf Platz Zwei. Ich darf mich mit 155 km (bei 868 Hm) über den dritten Rang freuen und bin besonders Stolz auf meinen Läufernachwuchs, der 60 km hinter sich brachte.

Montag, 8. Juli 2013

Als Hase in Himmelgeist

Sollte ein knapp Zwölfjähriger bereits einen Halbmarathon laufen? Die Frage lässt sich vielleicht am besten mit folgendem Witz beantworten.

Warum lecken Tiere ihre Geschlechtsteile?
Weil sie es können!


Schwarz-gelber Mannschaftsbus


Und so besteigen mein Sohn und ich am frühen Morgen des 6.7.2013 einen in den Vereinsfarben Schwarz-Gelb lackierten Mannschaftsbus, der das "Marathonteam Ratingen" zum Start des Halbmarathons in Himmelgeist bringt. Die Aufregung wächst mit jeder Minute, die der Startschuss näher rückt. Bei einem Spendenlauf seiner Schule hatte der Junior 12 Runden á 2,2 km absolviert und so die Gewissheit erlangt, auch einen Halbmarathon finishen zu können. Trotzdem sind wir beide nervös. Das Lampenfieber gehört zu jedem Wettkampf dazu, aber diesmal ist es besonders. Mute ich dem Jungen nicht doch zu viel zu? Die körperlichen Auswirkungen der Anspannung zwingen uns beide in letzter Minute nochmal auf's Dixi.

La-Ola fällt heute aus


Die Cheerleader posieren für meine Kamera
Dann geht alles ganz schnell. Normalerweise quert der Linienbus 835 kurz vor dem Startschuss um acht Uhr das auf 835 Teilnehmer limitierte Starterfeld und wird von den Läufern mit La-Ola-Welle begrüßt. Diesmal kommt kein Bus, das Ritual fällt aus, wir laufen los. Als Tempomacher für meinen Nachwuchs bremse ich uns auf den ersten Kilometern. Zwei Damen kommentieren unseren Überholvorgang: "Warst du in dem Alter schon so fit?" Ich war es nicht, die im Schulsport abverlangten 3000-m-Läufe eine Qual.

Rabenvater


Für heute sind 26 Grad vorhergesagt, doch zum Glück liegen gefühlte 70% des flachen Rundkurses im Schatten. Und nahezu aller zwei Kilometer werden wir mit Wasser versorgt. Insgesamt neun Verpflegungspunkte haben die Veranstalter organisiert. Etwa nach der halben Strecke gibt es zusätzlich zum Wasser auch Iso, dessen Geschmack mein Sohn begeistert lobt. Kurz danach erkundigt sich ein besorgter Läufer nach dem Befinden meines Jungen und hält mich wahrscheinlich für einen Rabenvater.

Einbruch


Ein paar Hundert Meter weiter muss der Filius tatsächlich kämpfen, als es den kurzen, knackigen Anstieg auf die zweite Brücke zu bewältigen gilt. Unsere bisher konstante Pace bricht jetzt bis zur nächsten Verpflegungsstation ein. Danach spenden Bäume endlich neuen Schatten, und wir können wieder unser Tempo aufnehmen. Doch etwa ab km 15 endet die Allee und mit ihr der Schatten. Inzwischen ist es auch wärmer geworden. Und es geht in die kritische Phase eines Halbmarathons. Zwischen km 16 und 17 fällt man oft in ein Loch, bevor man sich dann zum Endspurt motivieren kann. So geschieht es auch heute. Mein Sohn nimmt sich vor, ab km 18 in die Endbeschleunigung zu gehen und sich bis dahin noch etwas auszuruhen.

Hand in Hand ins Ziel


Tatsächlich zieht er bei der 18-km-Marke das Tempo so stark an, so dass ich ihn lieber wieder etwas bremse. Wir beginnen zu überholen und kommen schon bald zum einzigen Stimmungsschmelztiegel der Strecke. Das Ziel ist dort in Hör- und Sichtweite. Doch dem Veranstalter gefällt es, uns in einer scharfen Kurve zunächst einmal in die dem Ziel entgegengesetzte Richtung zu schicken. Mental ist das nicht einfach. Jetzt liegt jedoch kein ganzer Kilometer mehr vor uns. Mein Stammhalter zeigt Reserven und ist sogar zu einem Endspurt fähig. Ein Konkurrent kommt in Reichweite. Wir nähern uns - und überholen. Noch ein Einzelläufer gerät ins Visier. Sein Rücken wird unser Ansporn. Kurz darauf ziehen wir vorbei. Dann greift mein Sohn meine Hand, und noch bevor die Uhr auf 2 Stunden springt, laufen wir beide gemeinsam ins Ziel.

Laufen besser als Stillen


10. Himmelgeister Halbmarathon
Stolz, Glück, Erleichterung. Große Gefühle schwappen über mich und ich muss ein paar Tränen verdrücken. Können Eltern mit ihren Kindern intensivere gemeinsame Momente erleben? Neidvoll habe ich immer die innige Beziehung zwischen Mutter und Kind beim Stillen bewundert. Aber Laufen ist auch nicht schlecht! Vielleicht sogar besser, denn das Kind kann sich später daran erinnern. Ich bin jedenfalls ganz sicher, dass dieser Tag für uns beide unvergesslich bleiben wird.

Sonntag, 7. Juli 2013

Ein Blind-Date im Wald

Da trichtert man den Kindern ein: "Triff dich nie mit Männern aus dem Internet!" Und was macht Papa Pulsmesser? Verabredet sich mit seinen Online-Bekanntschaften trailshredder und Buhn112 - im Wald! Und dann haben die drei leichtbekleideten Männer gemeinsam geschwitzt.

Die Gegend um Schloß Landsberg zählt zu trailshredders Heimat-Trail-Running-Revier, das er uns heute vorstellen wollte. Auch Buhn112 und ich waren in dieser Ecke schon unterwegs. Und doch hat jeder von uns auf der gemeinsamen Tour völlig neue Wege kennengelernt. Teilweise musste zur Orientierung sogar das GPS bemüht werden.

Gab es eine Kreuzung, so wurde der jeweils schmalste Pfad eingeschlagen. Standen flaches Gelände und Gefälle zur Wahl, nahmen wir die Steigung. Also ging es steil bergab und bergauf, kreuz und quer, durch Matsch und Schlamm und über diverse Bäche und Baumstämme hinweg. Insgesamt kamen so ca. 20 km und rund 500 Hm auf die GPS-Uhr.

Vielleicht muss ich die Richtlinie für die Kinder noch einmal überarbeiten. Denn ich habe heute 2,5 Stunden in sehr netter Gesellschaft verbracht. Und es steht fest: das muss wiederholt werden!

Dienstag, 2. Juli 2013

Als Staffel beim Westzipfelmarathon - ein Familienausflug

Mutter, Vater, Kind. In dieser Konstellation treten wir beim Westzipfelmarathon am 30.6.2013 in Wegberg an den Start. Damit sind wir die einzige Staffel, die die Marathondistanz auf nur drei Läufer verteilt. Zulässig sind zwei bis sechs Personen, die sich die acht Weg-Segmente teilen dürfen. Der ersten 5-km-Runde wird eine 2,2-km-Einführungsrunde vorangestellt. Darauf folgen sieben weitere 5-km-Runden.

Die langweiligste Marathonstrecke Deutschlands?


Zehn Minuten vor dem Startschuss finde ich mich an der weißen Linie ein - und bin allein! Die ersten Läufer der 17 Staffeln und die 30 Marathonis gehen es entspannt an und stellen sich erst im letzten Moment auf. Dabei bleibt noch genug Zeit für ein paar launige Bemerkungen durch eine Gruppe Ultraläufer: "Gleich geht es auf die langweiligste Marathonstrecke Deutschlands." Und man tauscht sich noch schnell aus, in welcher Fachrichtung man promoviert habe. (Medizin und Chemie. Die Juristin sei heute verhindert.) Warum ist die Langdistanz gerade unter Akademikern so beliebt? Ist es die immer wiederkehrende, gleichmäßige Laufbewegung, die - nahezu meditativ - sämtliche Grübelei aus unseren Köpfen vertreibt? Ein Knall reißt mich aus solchen Gedanken. Es gelingt mir diesmal, mich auf den ersten Metern zu bremsen. Während der führende Staffelläufer das Fahrrad vor sich her treibt und schnell seinen Vorsprung immer weiter ausbaut, halte ich mich zunächst im Windschatten des Zweiten. Es ist mental einfacher zu verfolgen, als Verfolgter zu sein. Obwohl ich etwas schneller laufen könnte, scheue ich einen Zweikampf über sieben Kilometer und halte mich anfangs zurück. Bei km 5 überhole ich und kann an der Wechselstelle mit etwas Vorsprung als Zweiter übergeben.
Wechselzone

Jetzt habe ich selbst einen Eindruck von der hiesigen Laufstrecke gewonnen. Sie führt stets auf asphaltierten Wegen: an einer Fernverkehrstraße entlang, quer durch ein Feld, durch eine Wohnsiedlung, ein kleines Stück am Waldrand entlang und sehr lange parallel zu einer schnurgeraden Wegberger Ortsdurchfahrt. Nichts ist für uns Wenige abgesperrt, und wir sind auf die Rücksichtnahme von Fußgängern, Rad- und Autofahrern angewiesen.

Immerhin ist ein Kanadier am Start
In der Umkleide werde ich Zeuge einer weiteren Diskussion des Streckenverlaufs. Bemängelt wird unter anderem das fehlende Interesse der Wegberger Bevölkerung, denn es gibt keinen einzigen Zuschauer an der Strecke. Die Positiva werden mit einem Satz zusammengefasst: "Die Strecke ist flach."

Den Sieger überholen


Auf einer meiner nächsten Runden ergibt es sich, dass ich direkt hinter dem führenden Marathonläufer auf den Rundkurs gehe. Wieder halte ich mich zunächst zurück und bleibe in seinem Windschatten. Meine Uhr zeigt für die Endphase eines Marathons beeindruckende 4:06 min/km. Beim Überholen beruhige ich den Führenden, indem ich darauf hinweise, dass ich nur Staffelläufer bin. Er erwidert: "Ich weiß, mein Sieg ist ungefährdet." Über die sehr winklige Streckenführung mag man also diskutieren können, aber Wegberg ist eine Reise wert für Läufer, die auch mal aufs Podest wollen. Der Pokal für den dritten Platz wird für 3:15h vergeben werden. Und die M30 wird heute mit einer Zeit jenseits der vier Stunden gewonnen.

Obwohl alle Familienmitglieder schneller als ursprünglich geplant unterwegs sind, und wir noch vor dem dritten Marathoni ins Ziel laufen, erringen wir keinen der Treppchenplätze. Doch als wir unsere Urkunden im Wettkampfbüro abholen, überreicht man sie uns mit den Worten: "Da seid ihr ganz vorne mit dabei!" Und wir freuen uns über Platz Sechs.

Nach dem Finish das Finale


 "Und jetzt wollen wir in dieser Mühle einkehren.", bekomme ich zu hören.
"In welcher Mühle?"
"Die Mühle, an deren Mühlrad wir auf jeder Runde vorbeiliefen."
"Ich habe keine Mühle gesehen. Beim Laufen habe ich Tunnelblick!"

Ich werde zur Ophover Mühle geleitet, wo wir auf den gelungenen Ausflug ins Schwalmtal anstoßen.

Zum Glück war die Turnhalle schon offen!
Unterschiedliche Finisher-Shirts
Kuchenbüfett