Samstag, 5. Oktober 2013

Eile mit Meile

Mit diesem Slogan wollten die Sportfunktionäre die Laufbewegung der DDR in den 70er Jahren ankurbeln. Aktuell passt das Motto gut, denn der heutige Ratinger Seeuferlauf führt über eine Distanz von vier Seemeilen. Für alle, die die Umrechnung gerade nicht im Kopf haben: das entspricht 7408 Metern.

Der Sponsor stellt wieder den "Kraftstoff" bereit und übernimmt die Startgebühr. Und so begebe ich mich gemeinsam mit dem schnittigen Pulsmesserchen bei idealen Wettkampfbedingungen an den Start. Windstille, bedeckter Himmel und 18 Grad. Diese Voraussetzungen will ich trotz der nicht völlig ebenen Strecke in eine Altersklassenplatzierung umsetzen. Mein Sohn plant eine Pace von 4:05 min/km. Er macht sich diesmal aber keine Hoffnungen auf einen AK-Platz, da er sich vier Jahre älter machen musste, um hier antreten zu dürfen.

Vor zwei Jahren waren wir hier schon einmal gemeinsam auf der Seerunde um den Grünen See. Damals diente der Lauf als Test für den ersten 10-km-Lauf des Pulsmesser-Nachwuchses. Und ich war als sein Tempomacher unterwegs. Heute will jeder sein eigenes Tempo laufen.

Es fällt nicht leicht die Spannung bis zum nachmittäglichen Start um 15 Uhr zu halten. Ich versuche wieder, nicht zu schnell anzugehen. Doch nach wenigen Hundert Metern zieht mein Sohn gleichauf. "So schnell wie der Kleine solltest du schon wenigstens sein.", denke ich. Und wir flitzen gemeinsam an den meisten Mitstreitern vorbei. Bei km 1 messe ich 3:45 min. Irgendwann auf der ersten der drei Runden läßt sich der Junior zurückfallen. Irgendwie befreit mich das. Ab jetzt kann ich mein eigenes Rennen machen und beschleunige. Ein Konkurrent kommt in Sicht. Nach den letzten einsamen Wettkämpfen ist hier endlich mal jemand da, den man einzuholen versuchen kann, an dem man dran bleiben kann, den man jagen, verfolgen kann. Das ist doch der Sinn so einer Veranstaltung! Und so arbeite ich mich meterweise heran. Der ist aber auch schnell! Beim Ende der ersten Runde höre ich, dass der Name meines Sohnes vom Sprecher unmittelbar nach meinem genannt wird. Er ist also noch auf meinen Fersen! Und ich bin inzwischen auf denen meines Vordermannes. Dort will ich bis zum Endspurt bleiben und dann vorbeiziehen.

Ich lasse mich im Windschatten eine Runde ziehen. Nach etwa einem weiteren Kilometer überrunden wir ein kleines Mädchen, das uns applaudiert. Plötzlich erkenne ich sie als Kiwirunner. Bisher hatte ich sie nur auf den Fotos des Blogs gesehen, das ihr Vater über ihre Lauferfolge pflegt. Die rührenden Berichte erinnern mich oft an die gemeinsamen Lauferlebnisse mit meinem kleinen, großen Läufer. Ich rufe Vater und Tochter ein Lob zu und nutze die dadurch entstehende Verwirrung, um meinen Konkurrenten zu überholen. Nun hält mich nichts mehr. Die letzte halbe Runde stürme ich aufs Ziel. Das fühlt sich heute richtig gut und flüssig an. Als Achter laufe ich nach 28:15 über den finalen Strich. Mit der Pace von 3:48 min/km bin ich mehr als zufrieden.

Ein Laufschuh als Pokal
Besonders stolz macht mich mal wieder das junge Pulsmesserchen, das mit 29:29 ebenfalls unter 30 Minuten bleibt und mit 3:58 min/km seine angestrebte Pace weit unterbietet.
Mit diesen Werten schafft er es sogar in der AK "Jugend B" als Zweiter aufs Treppchen.

Ich darf mich heute ganz oben aufs AK-Treppchen stellen und einen Pokal entgegennehmen. Der Zweitplatzierte gratuliert mir. Wir reichen uns die Hand. Es ist "mein Konkurrent". Da habe ich ja genau den Richtigen überholt!

Dienstag, 1. Oktober 2013

Sein letztes Rennen

Die ganze Episode hatte ich nicht mehr aktiv im Gedächtnis. Erst als die Pulsmesserin neulich aus dem Kino kam und von einem Trailer zu einem Läuferfilm erzählte,erinnerte ich mich.

Voriges Jahr an der Startlinie zum Berlin-Marathon erlebte ich eine Überraschung. Dieter Hallervorden, der bisher nicht als Ausdauersportler aufgefallen war, befand sich unter den Läufern! Das hätte ich sicher gar nicht bemerkt, wäre er nicht vorm Start interviewt worden. Er gab jedoch an, dass er nur Teilabschnitte laufen wolle, bei denen er für seinen neuen Film aufgenommen werde. Er würde einen alternden Läufer spielen.

Inzwischen habe ich gegoogelt. Der Film heißt "Sein letztes Rennen" und läuft ab 10.10.2013 im Kino.

Bei filmkritiker.com findet sich neben einem Trailer auch eine Inhaltsangabe und ein Interview mit dem Regisseur.

Dass er ... immer weiter läuft, unaufhaltsam, heraus aus den traurigen Gedanken, in Richtung Marathon. Für sich selbst, aber auch für all jene, denen er es beweisen möchte – seiner Tochter Birgit, seinen Mitbewohnern, einer ganzen Stadt…

Der Regisseur K. Riedhof:
"Wie gehe ich damit um, dass Dinge vergehen und ich am Ende anlange? Lasse ich mich hängen und kapituliere – oder kämpfe ich für mich und meine Würde? Für mich ist das ein großes, emotionales Thema. Nicht erst, wenn man alt ist, sondern schon vorher, in vielen Lebenslagen…"

Wir sehen uns im Kino.