Mittwoch, 4. Oktober 2017

Sprocky Ultra Ghost 2.0

Wir begehen bzw. belaufen den Tag der Deutschen Einheit, und nicht Halloween. Trotzdem sind wir als Geisterjäger in den Wäldern der Elfringhausener Schweiz bei Sprockhövel unterwegs. Denn der private Einladungslauf über 29 km bzw. 55 km (1700 Hm)  nennt sich "Sprocky Ultra Ghost 2.0".

Schon am Vortag war ich in der Gegend, um meiner Frau im Rahmen einer Wanderung mal zu zeigen, wo ich mich läuferisch so rumtreibe. Bei der Gelegenheit entstanden die Bilder von der Strecke, die sich als nicht repräsentativ erweisen. Es stellt sich schnell heraus, dass ich mit meiner Frau auf den harmlosen Passagen unterwegs war. (Zum Glück, denn schon da hieß es: "Was, diese rutschigen, schmalen Wege lauft ihr runter?!")


Der Gastgeber hat die besten Single-Trails seiner Heimatregion miteinander verbunden. Und wir dürfen dieses Feuerwerk der Eindrücke jetzt nach und nach zünden. Gelaufen wird nach GPX-Track. Anfangs verpasse ich so manchen Abzweig, weil ich in Ermangelung einer wahrnehmbaren Kreuzung keine Notwendigkeit sah, auf die Karte zu schauen. Der Trail-Master schickt uns scheinbar weglos ins Unterholz. Erst auf den zweiten Blick offenbart sich eine leichte Trittspur.

Der Starkregen der letzten Nacht hat für eine gute Bewässerung der Pfade gesorgt. Ich glaube, es ist mein erster richtiger Matschlauf in diesem Jahr. Als ich zur Halbzeit wieder am Start/Ziel/VP auftauche, wird mir bescheinigt, dass ich bis hoch zum Nacken mit Schlamm bespritzt bin.


Für das finale Segment steigt Andreas mit ein, der keinen GPS-Receiver besitzt und sich meiner Führung anvertraut. Er unterhält mich bestens mit Klatsch aus der Ultra-Szene. Ich höre offenstehenden Mundes von einem Nichtläufer, der so plötzlich zum Ultra mutierte, dass er binnen Jahresfrist 20 Ultras lief und insgesamt 100 Marathons finishte. Das muss man erstmal auf die vorhandenen Wochenenden verteilen! An die "Stoß"-Belastung des Körpers möchte ich gar nicht erst denken.

Hatte ich morgens noch leicht schweres Gebein zu verzeichnen, läuft es gegen Ende immer fluffiger. Kaum haben wir uns versehen, sind 6:40:00 Stunden vergangen. Und wir dürfen uns schmutzig und verschwitzt in die gute Stube der Gastgeber setzen, wo der Lauf beim Kaffeetrinken mit der Übergabe der Trophäen einen würdigen Abschluss findet. Als einziger Finisher der Volldistanz darf ich mich sogar Gesamtsieger nennen!


Dienstag, 3. Oktober 2017

Neanderlandsteig-Etappenlauf

Der Deutschlandlauf hat mich angefixt. Schon länger hatte ich die vage Idee, den Neanderlandsteig (240 km) in drei Etappen an einem langen Wochenende abzulaufen. Nach meinem Schnupperkurs bei den Etappenläufern lasse ich die Planung konkreter werden.


Ursprünglich sollten es drei Etappen à 80 km sein. Ich hatte es mir in meiner Macho-Lauf-Phantasie so vorgestellt, dass mich Frau Pulsmesser abends von der Strecke sammeln und am nächsten Morgen an gleicher Stelle wieder aussetzen würde. "Du spinnst wohl!", war die Reaktion darauf, dass ich mich nicht nur drei Tage ausklinken wollte, sondern zusätzlich auch noch Fahrbereitschaft verlangte.

Also muss der öffentliche Nahverkehr in die planerischen Aktivitäten einbezogen werden, wodurch 13 weitere Kilometer als Zusatzwege zu den Haltestellen zu Buche schlagen. Angesichts des Brückentages am 2. Oktober wird die Planung auf vier Etappen ausgelegt. Es ergeben sich Abschnitte von 49,7 km, 61,3 km, 72,4 km und 69,4 km. Die exakte Planung erstreckt sich unter Berücksichtigung von Sonnenauf- und untergang bis hin zu den S-Bahn-Abfahrtszeiten.

Und dann werde ich weich!

Die Liste der Ausreden ist lang:
  • Der Wupperbergemarathon der Vorwoche steckt mir noch in den Knochen.
  • Für Samstag ist starker Dauerregen angesagt.
  • Frau Pulsmesser will den kinderlosen Brückentag mit mir allein verbringen.
  • Und am 3. Oktober bin ich zu einem privaten Ultra eingeladen.
Auf der samstäglichen 32-km-Hausrunde über heimische Neanderlandsteig-Segmente weiche ich dermaßen durch, dass ich letztlich mit meiner "Flexibilität" ganz zufrieden bin. Die Zufriedenheit steigt am Sonntag auf Höchstwerte.


Die Sonne scheint auf den Steig und dort auf mein Haupt. Denn ich laufe die knapp 50 km von Velbert-Nierenhof nach Haan-Gruiten. Gut 1200 Höhenmeter erwarten mich. Statt sich gleichmäßig über den Kurs zu verteilen, tummeln sie sich alle giftig in der ersten Hälfte. Aber ich habe ja Zeit und gönne mir hie und da den einen oder anderen Gehschritt. Der Genuss des freien Tages steht ganz im Vordergrund. Mein Tagesmotto hatte ich beim Umsteigen auf dem Essener Hauptbahnhof entdeckt: "Ausgang Freiheit". Den nehme ich heute!

Auf der Strecke lerne ich Chris kennen, der sich gerade anschickt, seiner erweiterten Homezone neue Trails hinzuzufügen. Er erzählt von seinem Laufladen in Wuppertal und schnellen Finisher-Zeiten. Und schon verlaufen wir uns! Dabei ist die Route perfekt markiert. Man könnte auch ohne GPX-Track laufen.


Nach 22 km speit mich der Wald direkt an der S-Bahn-Haltestelle "Velbert-Neviges" aus. Die Tour ließe sich also auch verkürzen. Ich will aber weiter und lasse den hässlichen Nevigeser Dom, dieses sakrale Monument in Beton, schnell hinter mir.

Viel schöner ist das Schloss Hardenberg, das etwa die Hälfte der Strecke markiert. Gerade will ich dies zum Anlass nehmen, mal eine der nach Lapp'schem Vorbild mitgebrachten Datteln zu naschen, als ein Schild in meinen Blick gerät: "Pflaumenkuchen"! Kaffee und alkoholfreies Weizenbier sind ebenfalls wohlfeil. Die anderen Gäste bekunden ihr Erstaunen, wie schnell ich all dies zu inhalieren vermag. Die sonnenbeschienene Bank lädt tatsächlich zu einer längeren Rast ein, aber mich zieht es zurück auf den Trail.

Erst abgetrunken, dann fotografiert

Unter den vielen Sonntagsausflüglern, die mir begegnen, sind auch zwei Frauen, die ihr Gepäck von Eseln tragen lassen. Für Laufsportler ist diese Variante wohl eher ungeeignet. Allerdings habe ich schon einen Läufer getroffen, der seinen Hunden Packtaschen aufgeschnallt hatte. Ich werde wohl mein Päckchen weiterhin selbst zu tragen haben.


Nach etwa sechs Stunden ist mein "Ausgang" beendet. Angesichts doch recht schwerer Beine bin ich ganz froh, dass die nächste Etappe nicht gleich am Folgetag ansteht. Ich freue mich dafür auf übermorgen, wenn ein Start beim "Sprocky Ghost 2.0" geplant ist. Der Neandersteig läuft mir ja nicht weg!