Montag, 30. September 2013

Wie ich beinahe den Bambinilauf gewonnen hätte

Gestern musste sich der Läufer entscheiden: Berlin oder Bertlich. Während man sich für den Berlin-Marathon neuerdings nur noch per Losverfahren bewerben kann, ist in Bertlich eine Voranmeldung weder nötig noch möglich. Dort kommt man hin, zahlt 16 statt der Berliner 98 Euro und läuft los. Den Mangel an Sehenswürdigkeiten versucht man in Bertlich durch die Menge der angebotenen Wettkämpfe zu kompensieren. Zusätzlich zur Marathondistanz locken dort Strecken über 850 m, 5 km, 7,5 km, 10 km, 21,1 km, 25 km und  30 km Lauffreunde aller Leistungsklassen.

Nachdem ich im letzten Jahr in Berlin war, fällt diesmal die Wahl auf Bertlich. Statt der vollen Marathondistanz reicht mir diesmal die Hälfte. Mein Sohn hat sich den 10-km-Lauf ausgesucht, da es nicht viele Veranstaltungen gibt, bei denen ein 12-Jähriger offiziell für diese Strecke melden darf.

Kühle Temperaturen, blauer Himmel, Sonne und starker, fast stürmischer Wind bilden die Wettkampfbedingungen auf dem durchgehend asphaltierten Wegverlauf. Das Profil ist mit dem Attribut "wellig" vielleicht am besten beschrieben, ganz flach ist es jedenfalls nicht. Diesmal gelingt es mir, am Start nicht gleich zu schnell zu starten. Im Gegenteil, ich bin zu langsam und hatte mich wohl etwas zu weit hinten aufgestellt. Bis Kilometer 2 arbeite ich mich durchs Feld nach vorn und erreiche die führende Frau. Kurz bleibe ich in ihrem Windschatten. Beschließe dann aber, dass sie zu langsam und als Windschatten ohnehin zu klein ist und ziehe weiter. Ab jetzt wird es ein einsames Rennen durch die windgepeitschten Felder. Vor mir ist niemand zu sehen. Nur Läufer aus den vielen anderen Rennen bevölkern gelegentlich die Wege und kleinen Straßen. Sie bieten aber keine Orientierung fürs Tempo und taugen nicht als Zugpferd. Also kämpfe ich allein weiter, nur gegen die Uhr. Die narrt mich. Mal sind die Kilometerzeiten beeindruckend schnell, mal demotivierend langsam. Laufe ich denn nicht konstant? Sind die Markierungen falsch aufgestellt? Machen die flachen Anstiege und der enorme Gegenwind so viel aus? Ich werde das Rätsel bis zum Zieleinlauf ins Stadion nicht lösen. Dort wartet eine ganz andere Herausforderung auf mich. Ich gerate mitten in den Bambinilauf und laufe im Zick-Zack über die Aschenbahn. Nach dem nahezu zuschauerfreien Kurs herrscht hier im Stadion großer Kontrast. Die Zuschauer schreien inbrünstig und feuern frenetisch an. Doch ihre Aufmerksamkeit gilt nicht mir, sondern nur dem Läufernachwuchs, auf den der eigene Ehrgeiz projiziert wird. Mit Tunnelblick und Schnappatmung nehme ich auf der Zielgeraden im letzten Moment ein Winken am Ende der Parallelspur wahr und wechsele hinüber. Fast wäre ich ins Bambiniziel gelaufen!

Ein Blick in die Liste des Zeitnehmers zeigt mir, dass ich mit einer 1:30er Zeit als Siebter eingelaufen bin und Dritter meiner Altersklasse wurde. Damit will ich heute zufrieden sein!

Und schon wieder ist Eile geboten, denn der Zieleinlauf über 10-km steht bevor. Wenn ich vorher duschen und mich umziehen will, muss ich mich sputen. Denn der Pulsmesser-Nachwuchs will heute seine Bestzeit von gut 47 min verbessern und hat 45 min angepeilt. Pünktlich zur 45-Minuten-Zeit bin ich wieder mit scharfer Kamera am Zieleinlauf. Da steht der Junge schon lässig lächelnd im Nachzielbereich. Mit glatten 43 Minuten lief er ziemlich genau mit der heutigen Pace seines Vaters. Damit hat er nicht nur die alte Bestzeit pulverisiert, sondern auch seine Alterklasse gewonnen. Und wieder bringt der Nachwuchs einen Pokal und einen stolzen Vater nachhause.

Ganz schön schnittig dieses Pulsmesserchen!

Freitag, 27. September 2013

Ikognito zum Berlin Marathon

Auf der Marathonmesse
40.000 Gleichgesinnte werden am Sonntag wieder durch Berlin eilen. Im Vorjahr hatte ich mich inkognito in den Läuferstrom gemischt. Ein Rückblick auf den Berlin-Marathon 2012.

Radio Jerewan antwortet


September 2012. Die Lauflust ist groß, die berufliche Belastung ist es auch. Die Situation verlangt einen Spagat - eine eher läuferuntypische Disziplin. Doch wollte ich nicht schon immer mal Genussläufer sein und ohne Blick zur Uhr einen Marathon laufen? Ein Marathon als Volksfest und ich unter den Feiernden? Spontan lasse ich alle Bestzeitenpläne fahren und fahre selbst auch - nach Berlin. Spontan nach Berlin? Muss man da nicht ein Jahr im Voraus um einen Startplatz kämpfen? Radio Jerewan antwortet: "Im Prinip ja, aber Startnummern gibt es auch bei ebay." Für 50 Euro bekomme ich nicht nur Kontakt zu einem sehr netten, unglücklich verletzten Bruder im Geiste, sondern auch einen Startplatz in der richtigen Altersklasse und im passenden Startblock. Sogar die Hotelreservierung kann ich übernehmen! Diese Art der "Nachmeldung" funktioniert nur, weil mir der Verletzte neben den Anmeldeunterlagen auch seinen Chip zusendet. Den muss ich beim Abholen der Startunterlagen auch tatsächlich vorzeigen. Unter eigener Pulsmesser-Flagge kann ich bei diesem kreativen Verfahren nicht laufen. Mit etwas Bildbearbeitung werde ich es aber später immerhin schaffen, meinen Namen auf die Urkunde zu applizieren.

Weiter hinten dürfen Sie


Die für mich glücklichen Umstände setzen sich fort. Windstille verbindet sich auf ideale Weise mit Sonne. Die brilliert am blauen Himmel, jedoch ohne dabei die Temperatur über Gebühr zu erhöhen. In Kombination mit der flachen Berliner Strecke bieten sich ideale Bestzeitbedingungen. "Soll ich nicht vielleicht doch?", wagt sich der ambitionierte Läufer in mir keck hervor. "Nein, wir wollen doch heute feiern!", gibt der Genussläufer trotz seiner Unerfahrenheit selbstbewusst zurück. Und so trägt es sich zu, dass ich mich freiwillig in einen Startblock weiter hinten begebe. Das erregt etwas Aufmerksamkeit bei der Kontrolle: "Weiter hinten dürfen Sie natürlich!"

Kontrollverlust


Als Stressvermeider bin ich so zeitig am Start, dass ich den unablässigen Strom der Ankommenden staunend bewundern kann. Er reißt auch kurz vorm Startschuss nicht ab. Längst ist der Block brechend voll, ein Zugang nur noch über die Absperrung möglich. Niemand kann hier jetzt noch das Geschehen kontrollieren. Auch ich drohe die Kontrolle zu verlieren - über meine Blasenfunktion. Not(durft)gedrungen gebe ich meinen Platz auf, quere durchs Gewühl, flanke über die Ballustrade und suche den nächsten Baum. Unterwegs staune ich über die riesigen Textilberge. Was gestern noch als nobles Funktionstextil der Zier des mageren Läuferleibs diente, wird jetzt auf dem Wettkampfaltar als Altkleidung geopfert.

Start


Rechtzeitig zum Startschuss habe ich mich wieder ins Feld gedrängt. Doch es passiert nichts. Minutenlanger Stillstand, so kommt es mir vor. Irgendwann erfasst die Vorwärtsbewegung auch unsere Reihen. Die Startlinie entlässt uns in die Weiten der Berliner Chausseen. Nie zuvor lief ich mit so vielen Begleitern vor, hinter, aber vor allem neben mir. Die breiten Straßen können die Menge fassen. Nie kommt es - ganz anders, als vermutlich sonst hier üblich - zu Stau.

High-Five


Irgendwann erkenne ich, dass ich die Stimmung an der Strecke viel besser aufsaugen kann, wenn ich nicht mitten im Pulk, sondern am Straßenrand laufe. Nach ein paar Kilometern passiere ich einen wahren Schmelztiegel. Hier johlt und jubelt alles. "Den Straßennamen musst du dir merken und hinterher mal nachsehen, was das hier für ein geiles Viertel ist.", denke ich. Doch bald dämmert es mir, dass die Party ab jetzt bis ins Ziel überall so weitergehen wird! Ich klatsche jede Kinderhand ab. Einmal gibt mir eine strahlende Omi High-Five. Die Leute schreien begeistert immer denselben Namen. "Wer ist dieser Kerl?", versucht mein blutarmes Gehirn zu ergrübeln. Irgendwann kapiere ich, dass der Vorname des rechtmäßigen Inhabers meiner Startnummer auf meiner Brust prangt. Die Leute meinen mich, sie feuern mich an!

Schnelle 2. Hälfte


Die Hälfte ist geschafft, ich fühle mich prächtig. Ein Dauergrinsen hat sich mittlerweile auf meinem Antlitz breitgemacht. Diesen Gesichtsausdruck verstärke ich ab jetzt, indem ich nun beschleunige. Wer schon einmal in den hohen Dreißigern eingebrochen ist (und wer ist das nicht), weiß um die elende Befindlichkeit des Überholtwerdens. Ich erlebe heute die andere Perspektive. Und das ist eine Wonne!

Der Motherfucker und Herr Strunz


"Go! Go!", höre ich jemanden immer wieder laut schreien. "Go, motherfucker, go!" Ein schwarzer Athlet versucht sich auf diese Weise selbst anzutreiben. Ob er den Atem nicht besser ins Laufen investiert hätte? Andere sind noch übler dran, gehen oder stehen gar. Die meisten quälen sich mit verzerrtem Gesicht voran. Mein Kontrast-Gegrinse erinnert mich an den - seit seinem Sturz in die mallorquinische Schlucht - etwas in Vergessenheit geratenen Laufguru Strunz. Der appellierte einst: "Laufen Sie und Luxusverwöhnen Sie damit ihren Körper! Traben sie locker, leicht und lächelnd!" In Strunz'scher Manier bewege ich mich heute Richtung Ziel.

Historischer Moment


Brandenburger Tor*
Das Brandenburger Tor kommt in Sicht und ein anderer Strunz in meinen Sinn. Der "war schwach wie Flasche leer". Volle Pulle aber stürme ich jetzt zur Ziellinie. Nun gehen doch noch die Pferde mit mir durch, und das bedeutungsschwangere Durchlaufen des Brandenburger Tores nehme ich nicht bewusst als solches war. Ich will jetzt einfach nur ins Ziel. Dort bleiben die Uhr und ich nach 3:20 stehen. Mein erster negativer Split! Und nur fünf Minuten trennen mich von der Wunschzeit. Diese kurze Spanne trennt also Qual und Leiden von Freude und Genuss. Ich habe eine Bestzeitchance vertan. Es hat sich gelohnt!





*Foto by Thomas Wolf, www.foto-tw.de (Own work) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Montag, 23. September 2013

Des Kaisers neue Kleider

Kraftsport in Unterhose*
Weil die dümmsten Fehler passieren können, wenn man von wohldefinierten Prozessen abweicht, wurde die ISO9001 eingeführt. Vielleicht hätte ich meine Anreise ins Fitness-Studio ISO-zertifizieren lassen sollen. Dann wäre es letzte Woche nicht so peinlich geworden.

Normalerweise schlüpfe ich morgens in mein Sportdress, packe saubere Turnschuhe in die Fahrradtasche und radele ins Studio. Letzte Woche musste ich wegen irgendwelcher Termine von dieser eingespielten Routine abweichen und den morgendlichen Besuch der Muckibude ausfallen lassen. Um so mehr gelüstete es mich am Abend danach, die Muskeln spielen zu lassen. Da ich bereits Straßenkleidung trug, packte ich kurzentschlossen die Sportsachen ein und radelte los. Nur um dann in der Umkleide festzustellen, dass ich die Sporthose vergessen hatte!

Was sollte ich nun tun? Nochmal nachhause und die Hose holen? Dauert zu lange. In Jeans trainieren? Viel zu warm! Je länger ich die Alternativen abwog und dabei meine blau-schwarze Funktionsunterhose im Retro-Schnitt betrachtete, desto mehr sah sie für mich wie eine Sporthose aus. Hatte ich nicht vor ein paar Jahren auf einem Seminar den Satz: "Blamiere dich täglich!" gelernt? Derart mental gestärkt, betrat ich den Trainingsraum in Unterhose und versuchte, mich unauffällig unter die Trainierenden zu mischen. Etwas kontraproduktiv empfand ich dabei, dass ich ausgerechnet heute mit einem Ultra-Finisher-Shirt herumprotzte. Vorsichtig beobachtete ich aus dem Augenwinkel, ob ich Missfallen, gar Aufsehen erregte. Doch niemand schien von mir Notiz zu nehmen. Beruhigt brachte ich die Einheit zu Ende. Voller Stolz auf meine neugewonnene mentale und körperliche Kraft kehrte ich heim.

Bei meinem heutigen Training - es herrscht ruhiges Herbstwetter - sah ich, dass man im Umkleideraum seit meinem letzten Besuch dieses Schild noch einmal aufgestellt hat:
"Trotz der hochsommerlichen Temperaturen bitten wir Sie, aus hygienischen Gründen Shirts mit Arm und knielange Hosen zu tragen."




* Quelle: Wikipedia

Donnerstag, 19. September 2013

Preiswerte Alternative zu FitRabbit?

Duracellhase (Quelle: Wikipedia)
Früher brauchte der Hase für die Ausdauer Duracell, heute nimmt er Rote Bete. In diesem oder jenem Blog liest man von dem Rote-Bete-Wunder FitRabbit. Es soll die Regeneration fördern und die Leistung steigern. Das will ich auch! Ich bin ohnehin bereits Rote-Bete-Junkie seit meinem Erweckungserlebnis.

"Sie haben zu wenig rote Blutkörperchen.", mäkelt mein Arzt. "Das nennt man auch Blutarmut. Ich könnnte Ihnen ein Medikament verschreiben, empfehle aber Rote Bete. Ich esse gern ein Glas Rote Bete mit Zwiebeln. Ich habe jedoch keine Blutarmut, sondern Fresslust!", gesteht er mit einem Blick auf seinen Schmerbauch, der seine Glaubwürdigkeit als Sportmediziner in meine Augen etwas unterminiert.

Trotzdem nehme ich den Tipp an und komme auch wirklich auf den Geschmack. Rote Bete ist lecker! Warum also nicht auch dieses FitRabbit testen?

Zunächst belese ich mich auf der Herstellerseite und erfahre, dass ein 80-ml-Beutelchen das FitRabbit-Konzentrats 400 ml Rote-Bete-Saft entspricht. Weiter stelle ich fest, dass so ein Beutelchen nicht unter 2 Euro zu haben ist.

Einen halben Liter Bio-Rote-Bete-Saft bekomme ich beim Edeka um die Ecke für 79 Cent. Das sind weniger als 40% des FitRabbit-Preises, rechnet der Sparfuchs in mir aus. Das entspricht bei 200 Trainingstagen im Jahr einer Ersparnis von 242 Euro. Dafür kann man sich mal einen halben Liter Saft reinziehen, finde ich, und starte meinen Selbstversuch.




Zwei Stunden vor jedem Training gibt es jetzt ein Weizenbierglas Rote-Bete-Saft. Ich starte jedoch noch nicht wie ein Windhund, eher wie ein Chow-Chow - der lila Zunge wegen. Doch die berichtete Wirkung auf Stuhl und Urin kann ich bereits bestätigen.

Ob ich nun auch bald ein fittes Häschen werde?

Dienstag, 17. September 2013

Unboxing Cube Delhi Pro

Aus der versprochenen Lieferzeit von 1 - 2 Tagen wurde eine Woche. Gestern erfolgte endlich die Lieferung. Mein neues Tourenrad Cube Delhi Pro war da! Aber es hätte schon letzten Donnerstag in meiner Garage stehen können. Ich hatte es letzten Montag online bestellt. Was war bei der Zustellung schief gelaufen?

Am Freitag begann ich leicht ungeduldig zu werden und fragte beim Händler nach. Er hatte vergessen, mir die Versandbestätigung zu schicken. Das Rad war bereits am Mittwoch ausgeliefert worden. Nun hatte ich die Sendungsverfolgungsnummer vom Frachtdienst und konnte sehen, dass für Donnerstag und Freitag jeweils ein Zustellversuch eingetragen war mit dem Hinweis "Annahme verweigert". Ich sollte mein sehnsüchtig erwartetes Rad verweigert haben?

Inzwischen hatte der Händler dem Lieferanten meine Telefonnummer übermittelt, und mich erreichte ein Anruf aus dem lokalen Zwischenlager. Offenbar hatte der Fahrer die Adresse nicht gefunden. Wir vereinbarten einen Liefertermin für Montag, und diesmal stand der Fahrer mit einem riesigen Paket pünktlich auf der richtigen Matte.


Nach dem Auspacken hatte ich nichts weiter zu tun, als die Transportpolster zu entfernen sowie den Lenker und die Pedale anzubauen. Doch für das Letztgenannte wurde ein 15er Schlüssel benötigt. Diese unübliche Weite hatte ich nicht im Werkzeugkasten. Rettung brachte ein Engländer. So war das Entsorgen des riesigen Pappkartons am Ende die größte Herausforderung.
Da stand er nun mein neuer Begleiter und harrte einer ausgiebigen Probefahrt, die ich ihm nicht lange verweigerte. Um es kurz zusammenzufassen, es war wie der Umstieg von der Familienkutsche in den Mercedes. Alles läuft geräuschlos und leichtgängig. Freude am Fahren! Ach nein, die reklamiert ja nicht Mercedes, sondern BMW für seine Produkte.
Bei Sonne und Wind, bei Regen, Sturm und Hagel werden mein neuer Freund und ich von nun an fünf Tage die Woche gemeinsam auf Straßen und Waldwegen unterwegs sein und meinen Arbeitsweg genießen. Ist es nicht herrlich, morgens schon den Elementen getrotzt zu haben? Nur bei Glätte darf er in der Garage bleiben. Seit einem Sturz vor ein paar Jahren bin ich etwas demütig geworden. Bei winterlicher Witterung erscheint mir Laufen sicherer.

Aber zunächst darf das gute Stück in der goldenen Herbstsonne glänzen. Ist es nicht ein schönes Exemplar?

Montag, 16. September 2013

St. Hildanus, der Schutzpatron der Läufer?

Für gestern hatte mir Herbert Steffny einen 10-km-Wettkampf in den Trainingsplan eingetragen. Meine Wahl fällt auf den Hildanuslauf.

Wer ist überhaupt dieser Hildanus? Der Schutzpatron der Läufer? Ein wenig Googelei bringt zutage, dass Hildanus ein oller Chrirurg war, der seinerzeit Großes leistete. Er hat u.a. die Hildanus-Maschine erfunden, mit der das Knie wieder beweglich gemacht werden konnte. Da hat er ja vielleicht wirklich manchem Läufer helfen können. Die Namenswahl das Laufes gefällt mir also schon mal. Wird mir auch der Lauf gefallen?

Ich setze mir mehrere Ziele. Idealziel: neue Bestzeit. Ziel zwei: unter 40 min, Ziel drei: ein Treppchenplatz in der AK.
Außerdem nehme ich den Junior mit und lasse ihn auf der 2000-m-Strecke antreten. Und das war wirklich das Beste, was ich tun konnte. Denn der Junge rettet den Tag!

Während ich mit 40:39 elf Sekunden am AK-Platz 3 vorbei schramme und damit alle Ziele verfehle, kommt mein Sohn als Dritter ins Ziel und gewinnt seine Altersklasse. Belohnt wird das vom Veranstalter mit einem Pokal. Mit seiner Pace von 3:51 min/km hätte ich alle meine Ziele erreichen können ...

Doch etwas Positives kann ich auch für mich verbuchen. Immerhin bestehe ich meinen ersten Wettkampf in Natural-Running-Schuhen.

Wie schön, dass man als Vater auch auf die Leistung seines Sohnes stolz sein darf!






Freitag, 13. September 2013

2000 Schwänze und ein Sperrmülltriathlet

Ich bin ein Sperrmüllfreak. Schon als Kind habe ich begeistert Kleinanzeigen in der Tageszeitung gelesen und geträumt, was ich mit dem ganzen alten Zeug anstellen könnte. "2000 Biberschwänze abzugeben!", annoncierte da zum Beispiel jemand. "Toll, die Pelze hängst du dir in deinem Zimmer an die Wand, wirkt doch bestimmt gemütlich." Damals wusste ich noch nicht, dass Biberschwänze Dachschindeln sind.

Spatz (Quelle: wikipedia)
Trotzdem hat sich die intensive Lektüre gelohnt. So fand ich auch meinen Spatz - für 150 Mark.  Für den selben Preis übergab mir später ein Bauer aus seiner Scheune seine 30 Jahre alte RT 125/2. Was der Bauer nicht wusste, als ich damit vom Hof fuhr: ich hatte noch gar keinen Motorrad-Führerschein.


RT 125/2 (Quelle: wikipedia)
Noch heute habe ich ein Auge auf jeden Sperrmüllhaufen, und manchmal auch zwei Hände darin.
Und deshalb bin ich seit gestern Rennradfahrer!
Sperrmüll

Ich musste nur Luft auf die Reifen pumpen, bevor ich erstmals in die Rennpedale treten konnte. OK, es ist nicht das neueste Modell. Zum Schalten an den Rahmen fassen zu müssen, ist wohl auch nicht mehr angesagt. Und der ambitionierte Karbon-Käufer wird die Nase rümpfen, wenn er das rostige Gefährt sieht. Aber ich habe ja noch Friedensware im Keller. Mit meinem Restbestand an Elsterglanz dürfte auch die Optik wieder hinzubekommen sein. Technisch ist das Veloziped jedenfalls sofort einsetzbar, wie eine Probefahrt offenbarte.

Nun träume ich wieder wie in meiner Kindheit Sperrmüllträume - diesmal von meinem ersten Volkstriathlon.

Dienstag, 10. September 2013

Per Arschbombe zum Cube Delhi Pro

Es knallt unter meinem Hintern! Ich kenne das Geräusch inzwischen. Wieder ist eine Speiche im Hinterrad gebrochen. Nun ist das Maß endgültig voll. Das neue Fahrrad muss her. Noch einen Winter will ich nicht mit dem Akku-Stecklicht durch den dunklen Wald zur Arbeit radeln. Innerhalb von elf Jahren und gut 30000 km sind Nabendynamo und 40-Lux-Leuchten zum Standard geworden. Außerdem will ich so eine geile Scheibenbremse, die auch bei nasser Felge bremst. Ewiges Einstellen der immer schleifenden Bremsgummis soll ein Ende haben!

Kein Rad unterm Tannenbaum


Schon in der letzten Weihnachtszeit hatte ich einen Anlauf zum Radkauf unternommen, das Wunsch-Bike ausgesucht, die Rahmengröße ermittelt und ein gutes Angebot im Internet gefunden. Sogar auf den Kaufen-Knopf hatte ich gedrückt. Einen Tag später die große Enttäuschung: das Rad ist nicht lieferbar. Da es sich um das Vorjahresmodell handelt, finde ich nichts mehr in meiner Rahmengröße. Die Preise für das 2013er Modell will ich nicht zahlen.

Achsbruch und Unfall


Also füge ich mich und investiere nochmal in das alte Fahrrad. Nach einem Achsbruch schwatzt mir der rührige Verkäufer ein komplett neues Hinterrad auf. Kurze Zeit später bleibe ich mit diesem in den Straßenbahnschienen hängen. Nur mit einem filmreifen Stunt verhindere ich den Sturz. Das Hinterrad hingegen ist nicht mehr zu retten. Diesmal nehme ich die erstbeste vorrätige Felge. Die Folge: nach kurzer Zeit die erste "Acht". Nach dem Zentrieren bricht eine Speiche nach der anderen.

Preisabsprachen?


Wieder checke ich das Web. Überall bietet man mein Wunschrad nur zum UVP an. Buchpreisbindung jetzt auch bei Rädern? OK, es ist Sommer. Da fährt auch Lieschen Müller mit dem Rad. Oder zumindest kauft sie sich eins. Das hält die Preise oben. So beschließe ich, noch bis zum Sommerurlaub mit meiner schleifenden "Acht" weiterzuradeln. Ich nehme es sportlich und sehe das zyklische Abbremsen des eiernden Hinterrades als zusätzliches Training.

Es wird Herbst, mit den Blättern fallen die Preise


Der Urlaub ist vorbei. Es wird Herbst. Und gestern knallt die nächste Speiche weg. Das ist Trigger genug für die nächste Webrecherche. Die Preise sind um 260 Euro gefallen! Das Warten hat sich gelohnt. Ich bestelle sofort. Ich weiß ja, was ich will: ein Cube Delhi Pro.

Der Shop wirbt mit Lieferung in 1-2 Tagen. Ich bezahle mit "amazon payment", damit es schnell geht. (Wusste gar nicht, dass es das gibt. Kann ja eigentlich nicht wirklich sicher sein. Kennen die Radhändler jetzt mein Amazon-Passwort?)

Nach ein paar Stunden erhalte ich die Bestätigung meines Auftragseingangs mit dem Hinweis, dass dies noch keine Auftragsannahme darstellen würde. Erst am nächsten Tag bekomme ich eine Rechnung. Sie ist als bezahlt markiert. Es vergehen weitere Stunden bis die Meldung per Email eintrudelt, dass man das Geld erhalten habe und nun den Montage-Auftrag für das Rad geben würde: "Das Rad  wird am nächsten Werktag montiert und versandfertig gemacht. Am Versandtag (in der Regel spätestens einen Werktag nach der Montage) erhalten Sie eine E-Mail mit Ihrer Sendungsnummer ...".

"Heute back ich, morgen brau ich und übermorgen hol ich mir der Königin ihr Kind."


Morgen wird montiert, übermorgen versendet und dann liegt das Schicksal meines Bikes in den Händen von GLS. Sind das ein bis zwei Tage Lieferzeit? Montag habe ich bestellt und kann wohl froh sein, wenn ich am Freitag im neuen Sattel sitze.

Luxusproblem


"Ich will aber nicht mehr warten, ich will mein neues Rad!", ruft es in meinem Hinterkopf.
"Hast du seit Weihnachten ausgehalten, schaffst du die paar Tage auch noch.", antwortet der Ausdauersportler in mir.

Montag, 9. September 2013

Der New Balance MT610GTX im Härtetest

Der MT610 ist ein  Trailrunning-Schuh von New Balance. Der Zusatz GTX steht für Gore-Tex. Es gibt den Schuh auch ohne diese Membran.

Nachdem ich den 610er einige Wochen eingelaufen habe, nehme ich ihn mit in den Bergurlaub, wo sich die Möglichkeit zu einem Härtetest der Gore-Tex-Membran ergibt. Das Ergebnis überrascht mich.

Die Schnürung


Normalerweise verfügen die Schuhe von NB über ein zusätzliches Loch am oberen Ende des Schnürsystems. Dieses ermöglicht die sogenannte Marathon-Schnürung, die ein Verrutschen der Ferse verhindern soll. Dadurch sitzt der Schuh recht fest am Fuß. Der MT610 verfügt nicht über dieses zusätzliche Loch. Dadurch bewegt sich die Ferse stärker im Schuh, und ich brauche länger als gewöhnlich, um mich im Schuh wohl zu fühlen. (In der V2 des MT610 ist man inzwischen zur Marathon-Schnürung zurückgekehrt.)
Um die Beinöffnung des Schuhs verläuft eine Schnur wie eine Reling. Sie mündet vorn in die Schnürung. Man könnte mit den Schnürsenkeln die "Reling" festzurren und so die Ferse fester in den Schuh binden, wenn die Schnur nicht vorn fest mit dem Schuh vernäht wäre. Damit bleibt die Funktion der Reling unklar. (Auch sie wurde in V2 wieder weggelassen.)
Die Schnur taucht auch am Vorderfuß auf, wo sie wohl eher als modische Applikation dient. Dort endet sie irgendwo im Schuhinneren, wo sie offenbar vernäht ist. Dieser Endpunkt liegt bei mir direkt auf dem kleinen Zeh, wie ich bei Distanzen über 20 km schmerzhaft feststellen muss.

Das Laufgefühl


Der Schuh fühlt sich recht steif und hart an. Nach der Einlaufphase habe ich mich daran gewöhnt.

Die Sohle


Auf Waldwegen, Forststraßen und Asphalt greift die Sohle ordentlich, auch wenn es nass ist. Ich nutze den Schuh auch in der Freizeit und für kleinere Wanderungen. An einem Klettersteig scheitere ich auf einer nassen, glatten und sehr schrägen Felsplatte. Ich kehre um, da die Sohle hier keinen Halt findet und rutscht. Dieses Szenario ist für einen Trail-Run vielleicht doch eher atypisch.
Das ideale Terrain für diesen Schuh ist die feuchte Wiese. Die Sohle hat dort Grip und die Membran hält den Fuß trocken.

Die Membran im Härtetest


Vor dem Kauf habe ich lange überlegt, ob ich einen Schuh mit Gore-Tex-Membran nehmen soll. Bisher hatte ich ohne Membran nie Probleme mit kalten Füßen. Beim Laufen werden die Socken auch ohne Regen feucht. In starkem Regen jedoch können die Socken richtig nass werden, so dass sie sich ausdehnen und Falten schlagen. Unter solchen Bedingungen habe ich mir auf der Marathondistanz schon einmal Blasen gelaufen. Daher fiel die Entscheidung Gore-Tex auszuprobieren.

Es ergibt sich, dass der Trainingsplan einen 27-km-Lauf für einen Sonntag vorsieht, für den 24 mm Niederschlag vorhergesagt sind. Anderen stünde ein verregneter Urlaubstag bevor. Ich kann den Tag zum Laufen nutzen und gleichzeitig prüfen, was Gore-Tex so kann.

In den Bergen ist das Wetter doch etwas extremer. Hier gießt es wirklich wie aus Eimern. Ich bin nach kurzer Zeit nass bis auf die Knochen.  Natürlich läuft das Wasser von oben die Beine herunter, so dass die Socken unterhalb der Knöchel auch im Schuh nass werden. Begeistert stelle ich jedoch fest, dass der große Rest der Füße trocken ist. Ich genieße diesen Zustand bis km 20. Plötzlich bemerke ich, dass sich die Socken jetzt feucht anfühlen. Bei km 21 sind sie richtig nass. Und ab km 23 schwappt bei jedem Schritt das Wasser von vorne nach hinten durch den Schuh. Das wird so extrem, dass man es sogar plätschern hört! Offenbar lässt die Membran einmal eingedrungenes Wasser nicht wieder heraus. Das ist ein ganz klarer Nachteil gegenüber Mesh-Schuhen. Bei denen läuft das Wasser vorn zum Schuh rein und hinten wieder raus. Ob das ganze Wasser vom Bein in den Schuh gelaufen ist, oder ob die Membran irgendwann aufgegeben hat, kann ich nicht klären. Jedenfalls bin ich durch keine Pfütze gelaufen. Spektakulär wird es noch einmal, als ich nach 27 km die Schuhe ausziehe und auskippe. Aus jedem Schuh laufen - sehr konservativ geschätzt - mindestens 100 ml heraus!

Fazit


Für mich ist das Gore-Tex-Experiment gescheitert. Wasser, das nicht wieder abläuft, ist für mich noch schlimmer als nur nasse Socken. Künftig werde ich auf Gore-Tex verzichten. Beim MT610 scheint die V2 ohne "Reling"-Schnur die bessere Wahl zu sein.

Mittwoch, 4. September 2013

Höhentrainingslager

Den familiären Bergurlaub nutze ich zum Berglauftraining. Vor oder nach den Wanderungen mit der Familie absolviere ich die ersten Einheiten meines Trainingsplans für den Mallorca-Marathon am 20. Oktober 2013.

Der erste lange Lauf über 25 km führt mich zur Rattendorfer Alm. Ich breche am zeitigen Morgen auf - zum einen, um der Hitze zu entfliehen, zum anderen, um rechtzeitig zum Familienfrühstück zurück zu sein.
Der Wegweiser kündigt eine Dauer von 3,5 h an. Mal sehen, in welcher Zeit ich die 12 km lange Forststraße hinauflaufen werde, um die 935 Hm zur 1535 m hoch gelegenen Alm zu bewältigen. Von Fettstoffwechsel-Training kann schon nach wenigen Minuten am Berg keine Rede mehr sein. Der Puls kratzt hart an der 80%-Marke. Wenigstens liegt die Strecke im schattigen Wald. Aufgrund des Schattens und des glatten Untergrundes wird die Tour als kinderfreundliche Wanderung beschrieben. Wer tut seinen Kindern so einen stinklangweiligen Ausflug an? Keine Aussicht, nur Bäume rechts und links. Kehre auf Kehre zieht sich der Weg stets bergan. Wie lange geht das noch so weiter? Endlich erreiche ich ein Weidegatter. Das muss die Alm sein! Hinter dem Tor eröffnet sich eine sonnige Alpe. Doch von einer Almhütte keine Spur. Wieder geht es Kehre um Kehre aufwärts, doch jetzt in der prallen Sonne. Urplötzlich stehe ich der Almhütte gegenüber, die vorher durch das hügelige Gelände verdeckt war. Was für ein Idyll!

Rattendorfer Alm
Der Wirt begrüßt mich als ersten Gast und fragt, wie lange ich für den Aufstieg gebraucht habe. Nach einem Blick zur Uhr antworte ich: "1:30." "Da muss man schon sehr fit sein. Das schaffe ich mit dem Rad nicht!", bekomme ich zur Antwort. Nach diesen wohltuenden Worten für die Seele würde ich auch gerne noch meinem Körper etwas Gutes zukommen lassen, z.B. ein deftiges Almfrühstück oder wenigstens ein alkoholfreies Weizenbier. Doch im Tal wartet der Kinder hungrige Schar auf das Frühstück und ich hänge schon ein wenig gegenüber dem (dummerweise vor Auswahl des konkreten Zieles verkündeten) Zeitplan. Also kehre ich um und laufe auch gen Tal mit hohem Puls, um Zeit gutzumachen. Hach, wie das in den Schenkeln brennt! Doch als Lohn der Mühen empfangen mich freundliche Gesichter und ein reich gedeckter Tisch.

Und so gerät mir der erste lange FSW-Lauf meines Trainingsplanes eher zu einer Art Wettkampf. Da genügt ein gemütliches Frühstück wohl nicht zur Regeneration. Und ich beschließe, die nächsten Tage im Tal zu laufen. Schließlich will ich auf Mallorca ja nur zum Marathon, und nicht zum Ultra Trail Serra de Tramuntana.