Freitag, 21. Juni 2013

"Es ist nichts scheißer als Platz zwei." - Joey Kelly und ich beim b2run Düsseldorf

ESPRIT-Arena im Abendlicht
Der Veranstalter meldet mit 8000 Startern einen neuen Teilnehmer-Rekord für den "b2run Düsseldorf" am 20.6.2013. Da bin ich froh, aufgrund meiner Vorjahresleistung eine der 250 sogenannten "Durchstarter"-Nummern erhalten zu haben, die zum Start aus dem ersten Block berechtigen. Kurz fühle ich mich wie ein Boxstar, als der Ordner das Absperrband anhebt, damit ich in den Ring - äh, den Startblock schlüpfen kann. Drinnen sehe ich, dass es auch einen offiziellen Zugang von der Seite gegeben hätte. Dort taucht Joey Kelly auf, dreht aber kurz vorm Eingang ab und reiht sich weiter hinten beim Team seines Sponsors ein. Lauffreund Alexander lief einst Seite an Seite mit Joey. Das ist mir heute nicht vergönnt. Auf der Kurzdistanz von 6,4 km wird mir ohnehin nicht nach Plaudern zumute sein. Immerhin muss ich meinen Titel als schnellster Läufer meiner Firmenmannschaft verteidigen.

Kurz vorm Start drängt sich noch ein - ob seines kenianischen Aussehens - sehr schnell wirkender Läufer vor mir in den Block. Mit dem Startschuss fliege ich explosionsartig auf die Strecke, die ehemalige Deutsche Berglaufmeisterin Steffi Buss hinter mir lassend. 2012 hatte ich mir mit ihr bei Kilometer Drei und kurz vorm Ziel Duelle
Deko im Stadion-Innenraum
geliefert, aus denen ich jeweils siegreich hervorging. Damals war sie zweite Frau geworden. Heute wird sie sich mit Platz Drei begnügen müssen, und ich werde sie unterwegs nicht mehr sehen. Die führende Frau schießt nach ein paar Hundert Metern an mir vorbei. Keine Chance mitzuhalten. Ein Blick zur Uhr zeigt eine Pace von 3:14. Der alte Fehler, ich bin viel zu schnell! Also nehme ich Tempo heraus und höre neben mir plötzlich Schnappatmung. Wie will der das bis ins Ziel durchhalten? Haben wir überhaupt schon einen Kilometer hinter uns? Man weiß es nicht. Ich sehe unterwegs nur Markierungen für "km 2" und "km 3".

Wie im letzten Jahr ist es wieder furchtbar heiß. Wir erreichen den in der prallen Sonne liegenden Rheindeich, und es wird noch wärmer. Bis zum Ziel wird es keinen Schatten mehr geben. Im hinteren Feld werden viele kollabieren, erschöpft am Rand zusammensinken oder ins Gehen verfallen, wie ich nach dem Rennen höre. Trotzdem wird der Veranstalter auf seiner Homepage von "bestem Laufwetter" berichten. Auch ich leide unter der Hitze und werde nach drei Kilometern abermals langsamer. Da löst sich jemand aus meinem Windschatten. Es ist mein firmeninterner Konkurrent, der jetzt vorbeizieht. "Gut", denke ich mir, "bleibst du dran und holst ihn dir auf der Zielgeraden." Er setzt sich vor die beiden Läufer, die ich verfolge. Nach diesem Kraftakt verliert er Tempo und wird von den beiden vor mir angemotzt: "Erst überholen und dann langsamer werden!" Ist die Strecke den beiden nicht breit genug? Offenbar stachelt dieser Kommentar meinen Kollegen an. Denn er nimmt sein Tempo wieder auf und zieht in seinen FiveFinger-Barfuß-Schuhen von dannen. Ich muss erkennen, dass ich diese Geschwindigkeit nicht mitgehen kann und bleibe demoralisiert zurück. Ich kämpfe mich weiter durch die Hitze und werde bis zum Ziel noch ein paar Mal überholt. Doch auf der Zielgeraden taucht der "Kenianer" vor mir auf. Wenigstens ihn sammle ich noch ein, bevor ich in die ESPRIT-Arena einbiege.
Blick durchs Ziel auf die Laufstrecke
Zwölf Sekunden später als im Vorjahr und ca. eine halbe Minute nach meinem Kollegen passiere ich den Zielbogen. Der Fußballer Erik Meijer hätte die Situation vermutlich so kommentiert: "Es ist nichts scheißer als Platz zwei." Bin ich durch meine Ultra-Lauferei langsamer geworden? Machen Barfuß-Schuhe wirklich schneller?

Mit der  Finisher-Medaille um den Hals wandle ich den Frust in positive
Energie. Immerhin bin ich unter den ersten 60 Finishern und habe Joey Kelly und die ehemalige Deutsche Berglaufmeisterin hinter mir gelassen. Ich nehme mir vor, das begonnene Barfuß-Training fortzusetzen, um schneller zu werden.

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