Dienstag, 26. September 2017

Wupperbergetrailmarathon - Nach 1600 Hm auch noch das Podest erklommen

"Ruhig, Pulsmesser!", ruft es hinter mir, als ich eine lange Talpassage runterdonnere und gerade einen kleinen Pulk überholt habe. Der Wupperbergetrailmarathon wurde in diesem Jahr einer Streckenänderung unterworfen. Dadurch fand ich mich nach dem Start am Ende des Feldes wieder, da überraschend in Gegenrichtung losgelaufen wurde. Und nun versuche ich, meine Position im Feld zu finden.
Startunterlagenausgabe und Ziel
Den Downhill genieße ich noch zu Ende, dann folge ich der Aufforderung und lasse mich vom mahnenden Rufer einholen. Es ist nämlich Matthias. Mir steckt noch in den Knochen, wie ich bei meinem Debüt vor zwei Jahren auf der mit gut 1600 Höhenmetern gespickten Strecke Federn ließ. Damals war ich mit Matthias im Duo gelaufen und musste ihn bei km 25 entkräftet ziehen lassen!

Heute will ich mir die Körner besser einteilen. Und so laufen wir gemeinsam weiter. Zu unserem Trupp gehört noch Arnd, der uns mit seinen Erfolgsgeschichten einschüchtert. Erfürchtig lauschen wir der Nennung von fabelhaften Bestzeiten. Erst letztes Wochenende habe er nach dem Swim-and-Run, wo im Neoprenanzug gelaufen und mit Laufschuhen geschwommen wird, das Podest bestiegen. Für das nächste Wochenende sei ein weiterer Sieg geplant, weshalb er heute nur mit angezogener Handbremse laufe. Daher können wir wohl auch folgen. Als Matthias und ich jedoch anfangen, am Berg zu gehen, wird es Arnd doch etwas zu langweilig. Er zieht von hinnen.

Stattdessen schließt Oli zu uns auf, was mir die erstaunte Bemerkung entlockt: "Wenn du hinter uns warst, wer ist dann vor uns!?" Denn Oliver zählt als TorTourdeRuhr-Gewinner über 230 km zu den ganz Schnellen. Er saß damals schon umgezogen und geduscht vor einer dampfenden Mahlzeit, als ich viertplatziert ins Ziel des Dragon-Ultra lief. Er berichtet von einer längeren Verletzungspause, weshalb er es heute noch vorsichtig angehen muss. 

Am nächsten VP verlieren wir Matthias. Man kann es ihm nicht verdenken, dass er hier länger verweilt. Denn Oliver Witzke und seine Helfer halten wie immer ein üppiges Büfett bereit, auf dem Ananas, Orangen, Studentenfutter, Salzstangen und andere Köstlichkeiten um die Gunst der Läufer ringen.

Wettkampfbesprechnung am Start im Hof von Schloss Burg
Der nächste gedeckte Tisch erwartet uns bei Kilometer 25. Dort fragt man besorgt, ob denn die Markierung auch ausreichend sei. "Es ist nämlich bisher erst einer hier durchgekommen!" Dieser Satz hat es in sich. Wir liegen demnach auf Platz 2 und 3. Oli signalisiert sogleich, dass er kein Interesse habe, um eine Platzierung zu laufen. Er hält sich stattdessen leicht hinter mir und sorgt so für "Schub".

Ab jetzt sitzen mir Engelchen und Teufelchen links und rechts auf den Schultern. Das Engelchen ruft: "Du hast heute die Chance auf einen Podestplatz!". Teufelchen entgegnet: "So ein Mist! Hätten die bloß nichts gesagt. Jetzt musst du dich hier so quälen."

Scheinbar gewinnt der Teufel langsam die Oberhand. Oli wird mein weinerliches Rumgeschleiche zu luschig. Er geht mit klarer Ansage nach vorn: "Wir laufen jetzt zusammen ins Ziel. Und du bleibst an mir dran!" Er erweist sich in der Folge als sehr einfühlsamer Motivator. Das geht so weit, dass er sich sogar entschuldigt, wenn er eine Markierung erst spät entdeckt.

Allein hätte ich mir diese Anstrengung nicht abverlangen können. Dankbar denke ich: "Diese Kameradschaft gibt es nur auf dem Trail!" Dann fällt mir ein, dass ich etwas Ähnliches 2012 beim Frühjahrslauf der TG81 im Düsseldorfer Volksgarten erlebte, als sich unterwegs ein Läufer, der nur einen Trainingslauf bestritt, als Hase anbot, und mich erstmals unter die 40 Minuten auf 10 km brachte. Na gut, immerhin war es kein Straßenlauf. Und hoch und runter ging es auch ein bisschen - also fast ein Trail.

Streckenimpression (Foto: Ralf Lindemann)

"Quälen kann so schön sein!", entfährt es Oli fröhlich, als wir die finalen Serpentinen zu Schloss Burg hinaufächzen. Also, ich ächze. Und prinzipiell hat mein Begleiter ja recht, aber im Moment kann ich seine Empfindung gerade nicht so ganz nachvollziehen. Stattdessen nutze ich die Gehpause, um mich schon mal für seinen genialen Zug-Service zu bedanken. Da stellt er klar, dass er eigentlich mich als Bremsläufer benutzt hat, um ein seiner Gesundheit angemessenes Tempo zu laufen. Neudeutsch nennt man sowas wohl "Win-Win-Situation".

Apropos, Win: obwohl wir gemeinsam ins Ziel laufen, möchte der Veranstalter eine Reihenfolge festlegen. Die beiden Olis einigen sich darauf, dass ich Zweiter sei. Mir wäre eigentlich ein ehrlich verdienter dritter Platz lieber als ein geschenkter zweiter. Ich müsste allerdings erstmal zu Atem kommen, bevor ich hier mitdiskutieren könnte. Und so nehme ich dankbar eine neue Streckenbestzeit von 4:13:00 zu den Büchern, einen Pokal entgegen und die neuerliche Start-Verpflichtung für 2018 auf mich. Denn der Preis ist ein Freistart beim nächsten Wupperbergetrailmarathon.

Der wirkliche Held des Tages ist ohnehin mein Sohn. Er hat sich der Halbmarathonstrecke mit über 800 Höhenmetern gestellt. Dort war er sogar mit leicht schnellerer Pace als ich unterwegs und lief als Fünfter ins Ziel.

Trophäe


6 Kommentare:

  1. Yippey, Glückwunsch Herr Pulsmesser. Dem Sohne natürlich auch.
    Kein anderer kann die Qualen eines solchen Laufes so schön rüberbringen :-))))
    Die Geschichte ist auch wieder ein schöner Beweis, das trotz allem sportlichen Ehrgeiz auch die Fairness und die eigentliche Freude am Laufen nicht verloren geht :-)

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  2. Kurz beschlich mich der Gedanke, die Hauptsache sei das Büffet, Aber dann kam doch wieder was mit Quälen. Doch als Bremsläufer benutzt zu werden... gabs denn keine Frauen?
    Dennoch - oder gerade deswegen herzliche Glückwünsche zum prima Ergebnis. Und auch an den Junior. Sein Atem ist in Deinem Nacken schon manifestiert...
    Liebe Grüße
    Elke

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    1. Na dann habe ich ja eine Perspektive für's Altenteil. Mir steht noch eine lange Karriere als Bremsläufer bevor!
      Vielen Dank, Elke!

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  3. So n Bremsläufer hätte ich auch gerne mal an meiner Seite, dann würde ich wohl auch nimmer völlig verrückt zu Begin losrennen :D
    Glückwunsch zum Podest!

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    1. Danke! Vielleicht sollte ich meine Dienste gegen Vergütung anbieten?

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