Stellte in den letzten beiden Jahren die Teilnahme am Siebengebirgsmarathon den Saisonabschluss dar, so soll es diesmal, am 13.12.2015, der Auftakt in die neue Saison werden.
Zwei Wochen
Laufpause liegen hinter. Sie sollten zum einen der allgemeinen Regeneration
dienen. Außerdem wollte ich mein Immunsystem unterstützen, das mit der Abwehr der Infekte
aus dem familiären Umfeld schon genug zu tun hatte. Zusätzlich verlangte meine
Achillessehne nach Schonung. Die erhöhten Umfänge in 2015 haben gemeinsam mit
der Umstellung auch noch des letzten Laufschuhs auf Null Sprengung zu einer Reizung
der Sehne bzw. des Sehnenansatzes geführt.
Lauffreund Ralf
ist diesmal kurzfristig ausgeschieden. Stattdessen springt Alexander ein. Wie
bei den beiden vorigen Siebengebirgs-Starts wollen auch wir den Lauf gemütlich angehen und
sehen, wie weit uns diese Strategie gemeinsam voranbringt.
Vom Thermometer neben
dem Aegidienberger Gemeindehaus mache ich das jährliche Foto. Diesmal wird der
bisherige Maximalwert aufgezeichnet. Nach vierkommavier und zweikommazwei Grad zeigt es in diesem
Jahr, nein, nicht achtkommaacht, sondern achtkommaein Grad an. Erstaunlich, wie breitbandig meine
Wettkampfbekleidung eingesetzt werden kann. Denn auch dieses Mal starte ich mit
Kappe, Handschuhen und langer Hose in Kombination mit einem Langarm-Shirt unter
kurzem Hemd. So trotze ich dem Regen, der nach kurzer Zeit in den angekündigten
Niesel übergeht.
Vorm Startschuss
haben wir uns ganz hinten am Feld angestellt und sind angesichts unserer wenig
ambitionierten Pläne mit der Position ganz zufrieden. Doch als sich eine
Starterin auf Krücken(!) vor uns aufstellt, möchte ich dann doch weiter vor.
Und so kommen wir neben dem Führer zweier Hunde zu stehen. Nicht nur er trägt
einen Rucksack, auch seine Hunde sind mit Seitentaschen versehen. Sie seien ihm
sonst zu schnell, meint er. Früher habe er sich mittels Bauch-Geschirr von den
Hunden ziehen lassen. "Da läufst du die ganze Zeit wie bergab.“ Mittlerweile
sei ihm das aber zu anstrengend.
Im dichten Pulk
laufen wir los und versuchen, unsere Position im Feld zu finden. Das bedeutet,
das wir erstmal eine ganze Weile überholen. Unter anderem passieren wir einen
Läufer, der einen riesigen Teddybären im Arm hält. Das Stofftier ist mit einem
Müllsack gegen den Regen geschützt. Irgendwie vermute ich hier einen traurigen
Hintergrund und frage lieber nicht nach.
Dann stoßen wir
auf Joe Kelbel, der gerade eine Pfütze fotografiert. Nun, da wird er heute noch
einige Motive finden. Es heißt, er habe Mohamad Ahansal aus Marokko, den
fünfmaligen Gewinner des Marathon des Sables, den Start beim heutigen Lauf im
Siebengebirge vermittelt. Bei tiefhängenden Wolken, Windstille und Dauernieseln
auf matschigem Untergrund findet der Marokkaner hier wahrscheinlich mal ganz andere
herausfordernde Bedingungen.
Auch wir müssen
der Strecke unseren Tribut zollen. Bisher hatten wir fröhlich geschwatzt.
Alexander hatte mich mit seinen Erlebnissen unterhalten, die sich bei einem
gemeinsamen Marathon mit Joey Kelly ergaben. Doch unser Redefluss verebbt immer
mehr. Alexander plant bei Kilometer 25 eine kleine Rast. Da ich zumindest
durchlaufen möchte, ziehe ich ab dort allein weiter.
Bisher waren wir mit
einer guten 6er Pace unterwegs. Jetzt könnte ich, frei nach Peter Greiff, aus
diesem Marathon einen langen Lauf mit Endbeschleunigung machen - sozusagen 17
Kilometer Endspurt. Ich renne nun von hinten durchs Feld. Anfangs ist meine
Relativgeschwindigkeit noch so hoch, dass ich einige Verwunderung hervorrufe.
Diese äußert sich in Rufen wie „Du hast wohl den Rucksack abgenommen!“ und
sogar in Applaus seitens der Überholten. Je weiter ich nach vorn komme, umso
schwieriger wird natürlich das Überholen. Und ich frage mich, ob ich es noch in
einen Feldbereich schaffe, wo das System in die Sättigung gelangt, und ich
meine Tempogruppe finde.
Doch zunächst
finde ich meinen Meister in Gestalt der Strecke. Egal wie gemütlich man
unterwegs ist, es bleibt eben ein Marathon. Man sollte den Respekt vor der
Distanz nicht verlieren. Das wird mir unmissverständlich klar, als die Beine
dann doch schwer werden, und ich um die Pace kämpfen muss. Oh Mann, wie würde
ich mich jetzt wohl fühlen, wenn ich von Anfang an so ein Tempo angeschlagen
hätte! Wie auch immer, nachdem ich am Gipfel des letzten Anstiegs „Mr.
Tambourinman“, der dort - wie in den Vorjahren - für Stimmung sorgt, passiert
habe, kann ich mir auf den letzten beiden Kilometern auf leicht abschüssigem
Asphalt eine Pace von 4:15 rauskitzeln. Wer dieses Tempo auch über die 40
Kilometer vorher zu halten vermag, finisht unter drei Stunden. Das wird mir in
diesem Leben wohl nicht mehr beschieden sein.
Für mich geht
heute, am dritten Advent, das vorweihnachtliche Programm nach 3:51 zu Ende.
Lamettabehängt treten wir die Heimfahrt an, denn die Medaille bleibt stolz auf
der Brust.
"Man sollte den Respekt vor der Distanz nicht verlieren" - dem Satz kann man nur zustimmen! Ich möchte noch ergänzen "Und vor den Höhenmetern auch nicht." Denn die kommen ja bei diesem Lauf auch noch dazu. Daher darfst Du auf alle Fälle stolz das Lametta körpernah nach Hause tragen! Herzlichen Glückwunsch zum Fibish eines, so lese ich insgesamt aus den Zeilen, schönen Laufs. Das bißchen Kampf am Ende gehört doch dazu, oder? Und da Du Dich am Anfang ja taktisch klug zurückgehalten hast, waren dazu auch die Körner noch da.
AntwortenLöschenHoffentlich auch bei dem mitlaufenden Hund. Ist der auch auf eigenen Pfoten ins Ziel gekommen? Das mit dem Bär hätte mich auch nachdenklich gestimmt. Aber wenigstens erfoderte der keinen Glöckcheneinsatz ;-)
Liebe Grüße
Elke
Danke für die Glückwünsche! Ja, vor den Höhenmetern habe ich Respekt. Wenn ich an die 4500 davon denke, die ich mir für März vorgenommen habe, wird mir ganz anders. Habe nämlich keine Ahnung, wie ich dafür mal noch schnell trainieren soll.
LöschenEs waren der Hunde zwei. Und sie kamen gut ins Ziel. Ich konnte sie erst bei km 41 überholen.
Viele Grüße!
PS: Falls sich noch jemand fragt, was der Bär mit den Glöckchen machen soll: http://daspulsmesser.blogspot.de/2015/02/trailrunning-tokio.html
Haust du da hinten einfach noch einen raus. Wahnsinn! 3:51h muss man erstmal laufen. So ganz entspannt.
AntwortenLöschenViel Spaß und Erfolg in deiner neuen Saison
Danke Markus, so ganz entspannt war das gegen Ende leider nicht mehr.
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