Einen 32-km-Crescendo-Lauf gibt der Marathon-Trainingsplan vor. Soll ich die von „Ela“ entbaumten
Wälder auf einer der schon geräumten Routen durchstreifen? Oder finde ich am
30.9.2014 eine
attraktive Veranstaltung, bei der das Höhenprofil für Tempowechsel sorgt? Ich
entdecke den „Panoramalauf rund um die Burg Are“, der einen "K33" genannten
33-km-Lauf im Angebot hat.
Blick aus dem Ahrtal zurück zur Burgruine |
Allerdings werden auch ein K16 und ein K47 veranstaltet. Und
wenn man schon hinfährt, könnte man ja auch gleich diesen Kurz-Ultra …? Doch
wäre das im Hinblick auf den Marathon vernünftig? Ach was, die Profis machen doch
auch Überdistanzläufe! Ich bin aber gar kein Profi … Letztlich mache ich die
Entscheidung vom Junior abhängig. Begleitet er mich nicht, laufe ich den K47. Doch
wenn er den K16 absolviert, dann gehe ich nur auf die 33-km-Distanz, damit er
im Ziel nicht so lange warten muss.
Es wäre nicht mein Spross, bliebe er zuhause. Also stehen
der Nachwuchs und ich gemeinsam um 10:30 Uhr an der Startlinie. Die
Veranstalter klassifizieren den K16 mit seinen 400 Höhenmetern als „mittelschwer – für
Fortgeschrittene“ und den K33, der 1000 Höhenmeter aufweist, als „schwer – für Profis“.
Bin ich jetzt doch Profi?
Wir absolvieren die ersten vier Kilometer gemeinsam und
genießen die Landschaft, die bereits auf der Einführungsrunde um den Startort
an der Martinshütte einen Blick auf die Burgruine gewährt. Immer wieder wird
sie heute ins Blickfeld geraten, wie sie auf steilem Fels thronend, aus dem
Ahrtal ragt.
Geplant war ein Trainingslauf mit Landschaftsgenuss. Doch
kaum hat der Junior sich verabschiedet, beginnt die auf der Brust befestigte
Startnummer ihre Sogwirkung zu entfalten. Ich arbeite mich von hinten durchs
Feld. Am ersten Verpflegungspunkt laufe ich auf meinen hundebegleiteten
Mitläufer aus dem Westerwald auf und treffe wenig später Pirmin, den ich beim
Wupperberge-Lauf kennengelernt hatte. Die beiden sind auf dem K47 unterwegs,
und bei der gemeinsamen Plauderei rutscht mein Puls spürbar zurück in den
Wohlfühlbereich. Doch beim nächsten Downhill auf einem Single-Trail setzt dieser Sog wieder ein.
In den Weinbergen |
Und so hetzte ich durch die Weinberge, froh über die
bedeckte Witterung. Bei Sonne muss das hier ein Backofen sein. Gelegentlich
gibt die Landschaft den Blick auf den weiteren Weg frei. Mann, ist das da vorne
das Führungsfahrrad? Ich kann nicht glauben, dass ich so schnell bin. Bin ich
auch nicht. Am Ende der Weinbergtour dürfen wir uns wieder am ersten
Verpflegungsstand versorgen. Dort hat die Mountainbikerin ihr Rad angelehnt und
labt sich ebenfalls an Wasser, Iso, Tee oder Cola, bevor sie weiter der Strecke
folgt. Offenbar hat man ihr eine Teilnahme am Lauf als Radlerin gestattet.
Manchmal hat man Flausen im Kopf. Ich will heute
ausprobieren, ob ich die ganze Strecke durchlaufen kann, ohne am Berg zu gehen.
Eben im Weinberg musste ich auf einer Treppe ein paar Geh-Schritte einschieben.
Ich bin bereit, ein Auge zuzudrücken, und das gerade noch gelten zu lassen. Die
wahre Prüfung hält der Lauf erst noch für mich bereit. Ab Kilometer 17 zieht
sich der Weg serpentinenartig steil bergauf. Ich überhole ächzend zwei gehende
Mitläufer, denen diese Aktion „Respekt!“ und „Das sieht gut aus!“ entlockt. Diesem
Sportsgeist, diesem Miteinander begegnet man nur auf der Langstrecke. Auch dafür
liebe ich diesen Sport! Wenig später treffe ich die Radfahrerin wieder. Sie
schafft es selbst durch Schieben kaum, ihr Gefährt den Hügel hochzubekommen und
wird heute erst nach mir im Ziel eintreffen, wo man sie scherzhaft als „erste
Radfahrerin“ begrüßen wird. Aber es hilft alles nichts. In der vorletzten Kehre
geht auch mir Puste aus. Ich muss gehen.
K33 Höhenprofil (Quelle: selbstlaeufer-altenahr.npage.de) |
Tröstend invertiert sich der Vektor des Höhenprofils und bringt mich,
jetzt auf der K16-Strecke, hinunter in den Ort. Dort beginne ich zu halluzinieren.
Ich rieche frisch gebackenen Kuchen! Scherzhaft erkundige ich mich am Verpflegungspunkt,
der etwa die Halbmarathondistanz markiert, ob der herrliche Geruch dem Stand
entströmt oder vom Bäcker herüber weht. Lachend erwidert man mir: „Dann muss es
wohl unser Stand sein, denn im Ort gibt es gar keinen Bäcker.“ Seltsamerweise
rieche ich es noch einmal ganz deutlich, als der Weg Kilometer später wieder
durch einen (diesen?) Ort führt.
In den Zwanzigern, am flachen Ufer der Ahr, hat sich ein
Mitstreiter die Startnummer von der Brust genommen und anscheinend aufgegeben.
Wenige Schritte später fällt auch der bisher recht flott vor mir her rennende Herr
urplötzlich ins Gehen. Scheint wohl ansteckend zu sein – schnell weg!
Über weite Strecken bin ich einsam unterwegs. Immer wieder entdecke ich die Kreidemarkierungen am Boden erst im letzten Moment. Einmal bin ich
sogar im Wald schon falsch abgebogen, bevor ich meinen Fehler erst bei einem prüfenden Schulterblick erkenne. Bei der dritten Ortsquerung hält ein Auto
neben mir. „Müsstest du nicht in die andere Richtung laufen? Ich bin beim Sechzehner vorhin jedenfalls dort lang gelaufen.“ Gerade nochmal gutgegangen! Werde ich trotz
des Umwegs die Flause Nummer Zwei realisieren und unter drei Stunden bleiben
können?
Dann geht es nochmal richtig hoch! Von wegen Crescendo! Nicht mal die bisherige Pace kann ich halten. Wieder muss ich gehen, wenn
auch nur kurz. Am höchsten Punkt steht ein Sendemast, und nicht die Martinshütte.
Was für eine Enttäuschung! Wenn der Weg hier wieder hinunter führt, muss es noch
einen weiteren Anstieg geben, denn die Start-Ziel-Hütte lag doch auf einem Hügel. Aber
dann kommt mir ein gelbes Brückengeländer bekannt vor. Das ist gleich bei der
Hütte! Diese jedoch darf, obwohl schon Sicht, nicht direkt angesteuert werden. Erst ist die
Einführungsrunde noch einmal zu passieren. Da die Uhr ohnehin gleich auf drei
Stunden umspringen wird, verzichte ich auf einen Endspurt und schieße stattdessen
ein Foto von der Burgruine.
„Dein Sohn ist schon da!“, werde ich vom Moderator begrüßt.
Dass wir beide unsere Altersklasse gewonnen haben, interessiert hier nur uns. Geehrt
wurde der Junior inzwischen trotzdem schon. Obwohl ich ihn drei Jahre älter
machen musste, um ihn überhaupt anmelden zu können, wurde er als "Jüngster
Teilnehmer" ausgezeichnet. Dem vermeintlich Sechzehnjährigen wurde eine Flasche
Spätburgunder überreicht!
Freiluftdusche |
Momentan ist es sehr in Mode, sich mit kaltem Wasser zu
übergießen und dies als Challenge im Internet zu zelebrieren. Die Finisher dieses Laufs benutzen im Ziel ganz unprätentiös die kalte Freiluftdusche.
"Der Sohn die 16, Vater die 33 und Mutter nächstes Jahr die 47!", so hatte der Moderator gescherzt. Ich denke, ich werde nächstes Jahr Mutters Aufgabe übernehmen.
"Der Sohn die 16, Vater die 33 und Mutter nächstes Jahr die 47!", so hatte der Moderator gescherzt. Ich denke, ich werde nächstes Jahr Mutters Aufgabe übernehmen.
Welch wunderbarer Lauf!
AntwortenLöschenAber die Flasche Wein für eine "16jährigen" halte ich auch nicht gerade für gelungen, selbst wenn er das Alter hätte ;)
Ich musste das auch erstmal googeln. Ab 16 darf man ganz offiziell Alkohol trinken, Schnaps aber erst ab 18.
LöschenEin Doppelsieg im Hause Pulsmesser, super! Und das trotz Orientierungsschwierigkeiten beim Senior und anscheinend (oder unbeschriebener?) fehlender Laufanreize durch reizende MitläuferINNEN.
AntwortenLöschenDie Fotos lassen einen landschaftlich wirklich schönen Lauf erahnen, aber das Höhenprofil wäre nicht meine Welt!
Glückwunsch zu Eurer Leistung!
Liebe Grüße
Elke
Danke Elke! Die drei führenden Frauen kamen fast zeitgleich ins Ziel. Aber da hatte ich schon geduscht.
LöschenDie Landschaft lädt tatsächlich zu genussvollem Laufen ein. So richtig in den Wettkampfmodus konnte ich da auch nicht schalten. Trotzdem läuft man mit so einer Nummer auf der Brust automatisch schneller.
Tja Herr Pulsmesser, da waren wir mal wieder beim selben Lauf unterwegs! :-) Hab deinen Namen bei meiner Anmeldung schon in der Teilnehmerliste entdeckt, und hätte dir als regelmäßiger Leser deines Blogs auch gerne zumindest mal Hallo gesagt, ich konnte deine Startnummer aber nirgendwo erspähen. Ich bin etwa 10 Minuten vor Dir ins Ziel gekommen, und durfte mich daher sogar (Premiere!) als 3. des K33 aufs Podium stellen. Sollte bei mir eigentlich auch nur ein langer Lauf im Rahmen des Marathontrainings sein, aber irgendwie lief es dann doch recht gut. Vielleicht werde ich doch noch zum Bergläufer! ;-) Nächstes Jahr Jahr die 47km zu laufen wird übrigens nicht klappen, da die Strecke zum Anlass des 5jährigen Jubiläums des Laufes auf 53km erweitert wird. Da ich von der Veranstatlung ziemlich angetan war, spiele ich ja mit dem Gedanken! :-) Schöne Grüße aus Bonn auf jeden Fall, und vielleicht klappt das ja mit dem Hallo sagen ein anderes mal.
AntwortenLöschenHallo Christian,
LöschenZehn Minuten, Respekt! Meinen Glückwunsch zu dieser grandiosen Zeit, zum dritten Platz und zum Gewinn deiner AK!
Schade, dass wir uns verpasst haben. Aber wir sehen uns dann ja spätestens nächstes Jahr beim 53er oder evtl. schon beim Röntgenlauf (meine Planung ist noch nicht ganz fix).
Viele Grüße!
Dankeschön! War selbst ganz überrascht, grundsätzlich bist du aber sicher der stärkere Läufer, von deiner aktuellen 10km Zeit bin ich momtentan ewig weit weg. Was den Röntgenlauf angeht gibt es bei mir auch noch ein großes Fragezeichen. Ich laufe den Marathon am 12.10 in Essen, und weiß nicht ob ich mir nur 14 Tage später 63,3km mit einigen Höhenmetern antun möchte. Wäre auch mein bisher längster Wettkampf. Eine Alternativüberlegen in Richtung (Kurz-) Ultra ist momentan am 02.11 den Herbstwaldlauf in Bottrob zu laufen, flache 50km, das traue ich mir schon eher zu!
LöschenViele Grüße
Christian
Genau wie du schwanke ich auch zwischen Röntgenlauf und Bottrop. Mich schreckt die flache Strecke aber eher ab. Allerdings kenne ich den Röntgenlauf schon und den Herbstwald noch nicht.
LöschenSchick mir doch einfach eine Mail (http://daspulsmesser.blogspot.de/p/blog-page.html), dann können wir uns ggf. verabreden.
Glückwunsch! Und dann noch diese schönen Fotos... super!
AntwortenLöschenVielen Dank, Claudi! In einer schönen Gegend ist es einfach, schöne Bilder zu machen. Nur leider mißlang das Foto von der Ruine, wegen dem ich extra den Endspurt ausfallen ließ.
LöschenHerzlichen Glückwunsch. Du bist wohl einer von den ganz Harten. Überlegst noch ob du als Vorbereitung für deinen Marathon einen noch längeren Lauf machst :-))))
AntwortenLöschenDas muss man erstmal können.
Hut ab.
Und natürlich Glückwunsch an den Nachwuchs.
Das muss ein echt toller Lauf sein. Vom Gelände her würde der mir sicherlich auch gefallen :-)
Liebe Grüße
Helge
Hallo Helge,
Löschendanke für die Glückwünsche und den abben Hut!
Die Gegend ist echt schön und der Lauf sympathisch-familiär organisiert. Da starte ich bestimmt nochmal.
Viele Grüße!