Seit dem Pfingst-Unwetter sind die heimischen Wälder
verwüstet und gesperrt. In der Eifel stehen die Bäume noch. Also weichen der
Junior und ich dahin aus und starten am 15.6.2014 gemeinsam beim Eifelmarathon
auf der Halbdistanz.
Der Halbmarathon ist ohne Altersbeschränkung
ausgeschrieben, so dass hier ein knapp Dreizehnjähriger ganz offiziell starten
darf. Zusätzlich lockt den Junior die Aussicht auf eine Prämie in der
Altersklassenwertung. Eine gemeinsame Übernachtung im Zelt auf dem Sportplatz
soll der Auftakt zu dieser Vater-Sohn-Unternehmung werden.
Start und Ziel am frühen Morgen |
Um 22 Uhr am Vorabend erreichen wir das gut ausgeschilderte
Wettkampfbüro. Der kleine Ort liegt dunkel und verlassen. Wo ist hier der Sportplatz?
Oder wo ist die Turnhalle? Beide sollen laut Internet die Möglichkeit einer
kostenlosen Übernachtung bieten. Da tritt ein Herr mit nahezu geleerter
Likör-Flasche in der Hand vor die Tür seines Hauses. Er bietet an, uns zu
den gesuchten Lokalitäten zu geleiten, wenn wir ihn später wieder hier
absetzen. Trotz des offenbar hohen Alkoholpegels bringt er uns zielsicher zum
Sportplatz. Dieser ist komplett abgesperrt, und neu eingesäter Rasen sprießt
frisch. Da soll man wohl eher kein Zelt aufschlagen. An der Schule steigen wir
angesichts dunkler Fenster und leerer Parkplätze gar nicht erst aus dem Auto. Ob der inzwischen vorgerückten Stunde
bauen wir im allerletzten Tageslicht das Zelt kurzerhand hinter dem
Wettkampfbüro auf. Das Auto stellen wir auf dem Parkplatz vor dem Gebäude ab.
Als wir uns am nächsten Morgen aus den Microfasern quälen,
herrscht schon Aufregung, denn unser Auto steht dort, wo der Bitburger-Stand
errichtet werden soll. Den Ausschank des kostenlosen, alkoholfreien Bieres
wollen wir natürlich nicht verhindern und lassen uns von der Organisatorin des
Laufes ein anderes Plätzchen zuweisen.
Diesmal kein Kuchen vorm Start |
Unser Frühstück nehmen wir nicht bei der
Startunterlagenausgabe, sondern beim benachbarten Bäcker zu uns. Das hat zwei
Vorteile. Wir können auf der Terrasse in der Morgensonne essen, und wir haben
die Bäckertoilette schlangenfrei ganz für uns allein.
Marathon-Start |
Nach dem Start der Ultras und Marathonis sowie der
10-km-Läufer und Walker starten auch wir – mit dem Bus zum Schloss Hamm, dem
Wendepunkt der Marathonstrecke und Beginn des Halben. Ich glaube, von so einem
schönen Platz bin ich bisher bei noch keinem Wettkampf losgelaufen. Uns
empfangen Dudelsackklänge, als wir den blumenbestandenen Schlosshof betreten,
der von imposantem Gemäuer begrenzt wird. Es besteht bereits jetzt die
Gelegenheit, von den Rosinen, Äpfeln oder Getränken zu naschen, die der
Verpflegungspunkt bereithält. Dann erfolgt eine unverständliche Ansage, bevor
zum Start heruntergezählt wird. Das lockere Feld setzt sich ebenso locker in
Bewegung. Eine Startlinie gibt es nicht.
HM-Start im Hof von Schloss Hamm |
Zunächst umrunden wir auf flachem Kurs eine Talsperre, bevor
es nach sechs Kilometern wieder hinauf zum Verpflegungspunkt im Schlosshof
geht. Auf dem schmalen Pfad zur Burg begegnen uns die führenden Marathonläufer
in beeindruckendem Tempo. Wir selbst gehen es gemütlich an, soll der Nachwuchs
doch nicht überfordert werden. Es ist zwar schon sein dritter Halbmarathon,
aber die bisherigen verliefen auf ebener Strecke. So gab ich die Parole heraus,
dass wir alle Berge gehen werden. Diese Vorgabe revidiere ich unterwegs, da die
Anstiege nur kurz und gut laufbar sind. Auf der Internetseite des Laufes waren
zwei unterschiedliche Höhenangaben genannt worden, 900 Hm und 596 Hm. Der
kleinere Wert scheint der richtige zu sein.
Schloss Hamm |
Der Junior kann sich unterwegs locker mit mir unterhalten.
Wiederholt preisen wir die Schönheit der Landschaft, das ideale Laufwetter und
den kühlen Wind. Zum Running-Gag entwickeln sich die Begegnungen mit dem Flüsschen
Prüm, dessen Verlauf wir hier offenbar folgen. Jedes Mal versuchen wir, dem
anderen zuvorzukommen mit der belehrend hervorgebrachten Anmerkung: „Das ist
übrigens die Prüm!“ Durst müssen wir auch nicht leiden, denn aller drei
Kilometer erwartet uns eine Verpflegungsstelle. Man braucht nicht wirklich so
viel Flüssigkeit, aber zur Vorgabe des nächsten Etappenziels ist diese
Strukturierung sehr willkommen.
Talsperre |
Ab Kilometer 15 muss der Nachwuchs dann doch etwas kämpfen.
In dieser Region gibt es auch noch einen richtigen Berg. Diesen langen,
knackigen Anstieg gehen wir dann tatsächlich. Und obwohl es jetzt recht wellig wird,
schaltet der Junior ab Kilometer 18 in den Wettkampfmodus. Er zieht das Tempo
beachtlich an. Ich nehme diese Reserven beruhigt zur Kenntnis, zeigen sie doch,
dass ich meinem Sohn nicht zu viel zugemutet habe. Meine Zielzeithochrechnungen
hatte ich unterwegs immer wieder nach unten korrigieren dürfen. Anfänglich
schien eine sub 2:30 realistisch, dann rechnete ich eine Ankunft nach 2:18 aus.
Inzwischen scheinen unter 2:15 drin zu sein. Von hoch oben ist das Ziel nicht
nur zu hören, sondern auch zu sehen. Diese Eindrücke und das Gefälle hinunter
nach Waxweiler beschleunigen noch einmal den Schritt. Bei der Streckenvermessung pflegt der Veranstalter eine entspannte Heransgehensweise. Das 42-km-Schild und das für 21
km stehen nebeneinander. Die verbleibende Strecke ins Ziel ist identisch. Uns
soll es recht sein. Strahlend laufen wir nach gut 2:10 durch den finalen Bogen
und werden als Vater-Sohn-Gespann erkannt und gewürdigt.
Gewürdigt wird der Junior dann noch einmal bei der
Siegerehrung, wo ihm eine Tasche voller Sachpreise ausgehändigt wird. Derart
bepackt und medaillenbehangen ziehen wir uns in unsere zerstörten Wälder zurück.
Einen schönen Männerausflug habt ihr gemacht.
AntwortenLöschenUnd was hat Junior gefrühstückt? Ich sehe nur ein Tellerchen und ein Tässchen...
Liebe Grüße
Elke
Wir haben die vorhandenen Ressourcen sequentiell genutzt. ;-)
LöschenFür ihn gab es dann auch ein Käsebrötchen und Wasser.
Ein entspannter Lauf mit dem Junior. Wunderschön und mehr davon :)
AntwortenLöschenWerden wir machen :-)
LöschenKlingt nach einem schönen Vater-Sohn Wochenende. Ich denke, die Kids wissen schon ziemlich genau, was sie sich zumuten können. Bei meiner Tochter laufen dann aber Helge oder ich als Bremser mit, da sie da noch ein bisschen Erfahrung sammeln muss. Aber auf den letzten 1000m lassen wir sie ziehen, wenn sie noch kann.
AntwortenLöschenIch höre auch immer wieder, dass der Eifelmarathon einer der landschaftlich Schönsten ist.
Liebe Grüße
Karina
Ja, Karina, das war ein tolles gemeinsames Erlebnis. Und die Landschaft ist wirklich schön.
LöschenToll geschrieben! Herzlichen Glückwunsch zum Vater-Sohn-Finish. Super!
AntwortenLöschenDanke, Claudi!
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