Montag, 22. Januar 2018

Auf dem Alpenpfad in die verschneite Toscana beim Lebensbogen-Ultra



Ganz in Weiß liegt sie vor uns, jungfräulich wie eine Braut. Eine unberührte Schneedecke bedeckt das Habichtswälder Basaltbergland. Im Licht der aufgehenden Morgensonne hinterlassen wir die ersten Spuren in diesem unerwarteten Wintertraum.
 
Wacholderheide
Wir, das sind ausschließlich Läufer aus dem Großraum Rhein-Ruhr, die sich in Zierenberg zum Lebensbogen-Ultra über 50 km und 2000 Hm eingefunden haben. Dass lokale Ultras fehlen, mag daran liegen, dass der Veranstalter, Jochen alias „Der Pate“ der Trail-Mafia und bisheriger Ausrichter des KEU in Düsseldorf, erst kürzlich in diese exzellente Gegend umzog. Er lebt jetzt als Kommunarde in der Lebensbogen-Gemeinschaft, die auch das Vertrauens-Café „Helfensteine“ betreibt. Dieses wohlig beheizte Objekt dient uns als Start und Ziel sowie als VP auf den 5 Runden.

Die namensgebenden Felsen sind das Ergebnis einer Basalt-Eruption und liegen seitdem direkt vor der Tür. Nun ja, die Tür kam wohl später hinzu. Wir verlassen sie mit dem Startsignal und müssen, nachdem ein paar von „Friedericke“ gefällte Bäume durchklettert sind, steil zu den Helfensteinen aufsteigen. Es ist gar nicht das Gefälle, dass uns den Atem raubt, sondern die großartige Aussicht von hier oben.

Helfensteine


Dabei sind wir noch nicht am höchsten Punkt. Erst nach einiger Kraxelei über einen Bergrücken erreichen wir den Gipfelgrat zum Dörnberg (578,7 m). Dass der Weg als „Alpenpfad“ bezeichnet wird, hat durchaus seine Berechtigung. Wobei von „Weg“ eigentlich keine Rede sein kann in diesem endlosen Weiß. Die Karte auf dem GPS-Reciever hilft daher bei der Navigation nicht weiter. Ich folge einfach den Fußspuren von Christoph, dem führenden Läufer. Ab Runde Zwei vertiefen wir unsere Eindrücke gemeinsam, nicht nur die der Füße!


Auf der Südseite des Bergmassivs führen schmale Pfade durch die sonnige Wacholderheide. Der Magerrasen liegt unterm Schnee, aber die Wacholderbüsche ragen wie Koniferen aus der Landschaft, die dadurch ein wenig an die Toscana erinnert und von den Einheimischen auch so genannt wird.

Der Laufgenuss weicht wilder Kletterei in einem vom Sturm niedergemähten Waldstück. Eine Fichte muss auf allen Vieren durchtunnelt werden. Der Pate hat ein Einsehen und erlässt uns ab der dritten Runde den Hindernisparcour durch diesen Mikado-Wald.


Der anfängliche Pulverschnee vollzieht während des Laufs eine Metamorphose. Den 50 Wörtern, die die Inuit für Schnee kennen, könnten wir heute noch ein paar hinzufügen. Das mittags sulzige Element friert später auf der Nordseite zu einem nun ausgetretenen, festen Pfad. Im Süden bildet sich dafür tiefer Schlamm.

Am Schaffen der Wege sind inzwischen auch dick vermummte Wanderer und Schlittenfahrer beteiligt. Selbst ein Kite-Surfer mit Snowboard lässt sich sehen. Alle starren mit ungläubigen Blicken auf Christoph, der mit nackten Beinen kurzbehost durch den Winter trabt und so auf dem kristallinen Untergrund ein beliebtes Foto-Motiv bildet.



6:17:16 dauert für uns beide der Laufurlaub in der verschneiten Toscana. Danach folgt Aprés-Ski für Läufer. Wir genießen das mafiöse Wellness-Programm im Vertrauens-Café und bejubeln die anderen Finisher.  Gemeinsam stoßen wir mit unseren Finisher-Trophäen, gravierten Weizenbier-Gläsern, auf den phantastischen Tag an. 

6 Kommentare:

  1. Herrlich so ein Lauftag im Schnee. Wenn es doch nur nie der Matsch wäre :-)

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  2. Also die Toscana hatte ich mir bisher ganz anders vorgestellt...
    Augenscheinlich war es ein wunderbarer Winterlauf, von Sulz über Gefrorenes zu Schlamm.Und zu den sicherlich auch mindestens 50 Wörtern für "laufen" konntet ihr wahrscheinlich noch weitere hinzufügen...
    Liebe Grüße
    Elke

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  3. Sehr cool, ich hatte so was ähnliches am Sonntag mit dem Rad ... Schnee, Eis, Matsch, rumliegende Bäume ...
    Alles dabei.
    Und wie es aussieht hattet auch ihr einen Mordsspaß dabei :-)
    Liebe Grüße
    Helge

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