Das Seeufer mit rufendem Berg im Hintergrund |
Lange genug habe ich am Seeufer rumgelegen. Jetzt will ich in die nahen Berge! Am 4.7.2015 lockt mich der Koschuta Berglauf zum Gasthaus "Terklbauer". Von dort sollen die vielleicht 100 Starter 10 km bergauf zum Koschuta-Haus laufen. Gut 800 Höhenmeter sind dabei zu überwinden.
Die Startmoderation macht deutlich, dass die Temperaturen in hiesigen Gefilden ebenfalls nicht normal sind. Was nimmt man sich da vor? Ich will unterwegs nicht gehen und nach weniger als einer Stunde im Ziel sein. Beide Vorgaben werde ich verfehlen.
Schon beim Einlaufen wird klar, dass ich unter den ganzen einheimischen Bergfexen fehl am Platze bin. Als Einziger kaspere ich mit Lauf-Abc herum und ernte entsprechenden Spott. Die Lokalmatadoren biegen einfach von der Talstraße ab und rennen links und rechts die Berge hoch. Ich versuche es rechts und muss kämpfen, um im Laufschritt zu bleiben. Das kann ja lustig werden!
Der Lauf wird in die Analen der Pulsmesser-Geschichte als derjenige eingehen, bei dem ich mal nicht zu schnell gestartet bin. Auf dem ersten, flachen Kilometer über besagte Talstraße halte ich mich an einen Mitstreiter, der mir in Alter und Statur ähnelt. Er ließ verlauten, dass er diesmal nicht den Fehler des zu schnellen Starts wiederholen wolle. Guter Mann! Das Feld entschwindet uns.
Hinter der ersten Kilometer-Marke verlassen wir das Tal. Ab jetzt geht es bergauf, und der Gute Mann zieht von hinnen. Zum allerersten Mal habe ich beim Laufen Angst um mich. Irgendwie ist mir schwummerig im Kopf. Muss wohl die Summe der Umstände sein. Der Wettkampfmodus hat heute mal ausgeschaltet zu bleiben. Wohlgemerkt, ich laufe im letzten Drittel. Was für eine Schmach! Hätte ich doch auf die Pulsmesserin gehört! Aber wenigstens die eine Frau dort will ich überholen. Nur einmal überholen heute! Die Dame schnauft schon jetzt bei jedem Schritt. Wie will sie das bis ins Ziel schaffen?
Nach zwei Kilometern endet der Asphalt und mündet in einen Forstweg. Bergauf geht es trotzdem. Immer nur aufwärts. Ich will gehen! Aber vor mir laufen alle. Der erste Geher will ich nicht sein und schleppe mich weiter. Gedanken ans Aufgeben kommen. Die Gelegenheit dazu bietet die "Labe" bei km Fünf. Ich nehme Iso und Wasser, statt auszusteigen. Aber der Damm bricht. Ich gehe.
Glücklicherweise ist nach ein paar Schritten ein Scheitelpunkt erreicht. Danach geht es doch tatsächlich bergab! Was für eine Wohltat! Der nächste Anstieg wird umso schlimmer, denn jetzt zieht ein deutlich älterer Mann vorbei. Der hat noch nicht mal eine typische Läuferfigur! Wie bitter!
Mütze in 15 Euro Startgeld enthalten |
Kurz vor dem VP bei km Acht überholt mich eine Frau, auch sie ist älter als ich. Da tun die beiden jungen Burschen deutlich weniger weh. Doch was ist das? Das Schnaufen kennst du doch! Tatsächlich, jetzt deklassiert mich die Dame vom Anfang! Hatte ich schon erwähnt, dass sie auch noch verletzt ist? Trotz Bandage ist sie schneller als ich.
Trotzdem kommt nun Freude auf. Die elende Forstautobahn ist nämlich zu Ende. Und die Strecke fällt zu Tal. Außerdem sind wir jetzt in der Bergwelt angekommen und queren eine Alm. Für die Aussicht bleibt kein Sinn, denn die sind alle auf den Boden gerichtet. Trailrunning! Es gibt sogar Matsch! Und prompt verlaufe ich mich. "Obi!", ruft der Streckenposten. Baumarkt? Nein, das soll wohl "abwärts" heißen. Ich schaffe es, die zerfurchte Weide zu passieren, ohne mir die Knochen zu brechen und werde mit einem flachen Stück Forststraße belohnt.
Das kann ich! Die jungen Burschen werden wieder abgehängt. Dann folgt der finale Anstieg zum Koschuta-Haus. Man sieht es schon da oben thronen und hört den Moderator. Noch etwa drei Kehren. Vielleicht 500 Meter. Vor mir dieser Ältere. Und davor die Verletzte. Er geht. Sie läuft. Wenn ich durchlaufe, kriege ich ihn. Aber ich muss immer wieder ein paar Schritte gehen. Trotzdem, ich erreiche ihn. Muss wieder gehen. In der letzten Kurve überhole ich - gehend!
Was bleibt, sind vielleicht 50 m Zielgerade, steil bergauf. Darauf die Verletzte. Ich reiße mich wenigstens einmal heute zusammen und sprinte das letzte Stück. Auf den letzten zehn Metern führt eine besonders steile Rampe zur Hütte und ins Ziel. Hier stelle ich die Frau und sinke direkt hinterm Zielstrich auf eine Bank.
Während ich bei einer großen Auswahl selbstgebackener Kuchen erstaunlich schnell regeneriere, kommt die jüngste Teilnehmerin auf Socken ins Ziel und bricht dort weinend zusammen. Ich beglückwünsche mich angesichts dieser Szene dazu, dass ich dem Drängen des Juniors widerstand und ihm die Teilnahme untersagte. Dabei endet der Lauf mit einem Jungentraum. Ein echtes Feuerwehrauto bringt uns zurück zum Start.
Ich habe erstmal gegoogelt, wo die Pulsmesserei unterwegs ist. Aha. Tja, das kenne ich, unterschätze nie die Einheimischen mit ihren Genen und bergtrainierten Waden. Au wei, und wenn dann noch ein schlechter Tag hinzukommt... Aber Katze und mausen, war doch eh' klar, dass Du dennoch gen Berg ziehst... Glückwunsch, dass Du Dich durchgekämpft hast und sogar noch nichtmal der zunächst vermeintlichen Schmach des Überholtwerdens folgend aufgesteckt hast, sondern nochmal die allerletzten Körner zusammengekratzt hast.
AntwortenLöschenWelche Lehre hat denn der Junior nun daraus gezogen, dass der Vater ihm etwas verbietet, was er selber dann tut?
Und ich will ja nicht hoffen, dass Dich das Feuerwehrauto horizontal transportierte...
Liebe Grüße, schöne Urlaubstage und gute Besserung!
Elke
Nein, nein, das Feuerwehrauto war das offizielle Shuttle. Der Junior durfte offiziell ja noch nicht starten und hätte älter gemacht werden müssen.
LöschenDanke dir und viele Grüße!
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
LöschenBergläufe haben immer ihren eigenen Reiz und Qual. Aber sind eben auch schön. Und nicht nur schön anstregend! Glückwunsch zum Finish!
AntwortenLöschenDanke, so ist es.
LöschenTja, so ein Berglauf kann selbst den motiviertesten Pulsmesser zum Gehen zwingen :-)
AntwortenLöschenAber Gehen ist da keine Schande, ins Ziel biste ja gekommen, und wen interessiert denn ob du zwischen durch gehen musstest oder nicht!
Undf außerdem bist du doch nur da hoch, damit du mit dem Feuerwehrauto wieder runter konntest :-)))
Liebe Grüße
Helge
Mich interessiert es!
LöschenNaja, besser als am Strand rumzudämmern.