Sonntag, 7. April 2019

Auf das Lintorfer Podest

Wie ich trotz verpasster Zeitvorgabe mit dem Gesamtsieger auf das Podest gelangte

Brav hielt ich meinem Schwur die Treue und bewahrte Abstinenz von der Ultra-Distanz. Stattdessen trainierte ich diszipliniert nach dem 2:59er Marathon-Plan meines Sohnes. Das harte Trainingstempo soll heute in Form einer 10-Kilometer-Zeit von sub38 Früchte tragen. Am Mittwoch locker in 3:45 gelaufene 1000er Intervalle stimmen optimistisch.

Nur nicht zu schnell starten! Der erste Kilometer fühlt sich prima an und kann mit 3:47 als Punktlandung durchgehen. Ich halte mich weiter im Windschatten zweier Triathleten. Doch als der zweite Kilometer plötzlich mit 3:52 auf der Uhr steht, ziehe ich allein weiter. Als sich die gefühlte Beschleunigung nach Kilometer Drei mit erneuten 3:52 nicht bestätigt, schleichen sich erste Zweifel ein. Ich schließe die Lücke zum nächsten Vordermann, ohne dass dadurch die Messwerte besser werden. Im Gegenteil! Nach fünf Kilometern steigt mein Tempomacher plötzlich aus dem Rennen aus, und ich vergesse vor Überraschung die Zwischenzeit zu stoppen. Die offizielle Zieluhr zeigt aber bereits Werte über 19 Minuten. Vielleicht kann ich wenigstens eine niedrige 38er Zeit erkämpfen und schneller sein als neulich in Hardt?

Immerhin bleibe ich auf den Beinen. Vor einer guten Woche war mir diese scheinbare Selbstverständlichkeit nicht vergönnt gewesen. Komme ich sonst auf schwierigen Trails ganz gut zurecht, streckte es mich auf topfebenem, asphaltiertem Untergrund nieder. Ich hatte wohl in eine am Boden liegende Schlaufe eingefädelt, so dass ein Fuß urplötzlich arretiert war. Mein Körpergewicht fing ich hauptsächlich mit der rechten Gesichtshälfte ab, was mir eine Woche Zombie-Aussehen bescherte. Wenigstens blieb mir diesmal ein Notarzt-Einsatz erspart.

Möglicherweise ist es mit sonnigen 20 Grad einfach zu schnell zu warm geworden. Andererseits passiert genau das auch schön regelmäßig beim Düsseldorf Marathon. Das sollte ein sub3h-Aspirant also aushalten. Doch ich schleppe mich hier gerade mit 4:10 über Kilometer Sieben. Beim Marathon muss ich eine 4:15 über die ganze Distanz durchhalten! Die schlechten Gedanken übernehmen die Kontrolle: "Selbst bei hartem Training ist bei dir eben einfach nicht mehr drin."

Auch der Junior sah seine Marathonträume bereits platzen. Der Sportarzt diagnostizierte mittels Ultraschall eine Zerrung und verordnete 4 Wochen Laufpause. Also ziemlich genau bis zum Marathon. Zunächst hielt sich der Nachwuchs an die Verordnung, worunter das Familienleben durch wachsende Übellaunigkeit des Jugendlichen erheblich zu leiden hatte. Da die Hoffnung aber zuletzt stirbt, suchte der Junior noch einen Physiotherapeuten auf. Die neue Diagnose lautete viel freundlicher "Muskelverhärtung". Und eine sehr schmerzhafte Massage später gab es eine Lauffreigabe.

Bis eine Minute vorm Start des Zehners war das Motto des Nachwuchsathleten: "Nur Mittraben, um den Marathon nicht zu gefährden". Da das Warmlaufen aber völlig schmerzfrei gelang, änderte der Junge wohl seinen Plan. Hatte er sich auf der ersten der vier Runden noch hinter mir gehalten, zog er bei Kilometer Drei mit einem Lächeln vorbei. Letztlich erkämpfte er sich mit einem spannenden Zweikampf kurz vor der Ziellinie noch den Dritten Platz in der Gesamtwertung.


Ich bin hingegen zu keinem vernünftigen Endspurt fähig und erreiche das Ziel recht deprimiert nach 39:42. Durch das Rasseln meines Atems dringen Wortfetzen. Der Moderator berichtet offenbar gerade von einer Familienfeier, die bei uns heute Abend wegen unserer Platzierungen stattfinden würde. Es zeigt sich, dass ich Dritter in meiner Altersklasse wurde.

Die Modalitäten der Siegerehrung führen zu einem Kuriosum. Als Altersklassensieger im Jugendbereich bekommt mein Sohn zwar einen Pokal. Bei der Gesamtwertung werden aber nur die Siegerin und der Sieger ausgezeichnet. Den dritten Platz auf dem Podest neben dem Gesamtsieger, der eigentlich meinem Nachwuchs gebührt, nehme stattdessen ich ein. Der Gewinner und ich sind nämlich in derselben Altersklasse!

8 Kommentare:

  1. Wow. So kurz nach deinem Malheur schon wieder so ein Lauf. Pass lieber auf dich auf! Auch beim baldigen Marathon!

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    1. Ich hoffe, dass die gesundheitlichen Probleme jetzt Geschichte sind!

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  2. Herzliche Glückwünsche zu Eurer Leistung! Ich denke, mit den Maläsen der letzten Zeit darfst Du mit Deine Zeit sehr zufrieden sein, bis zum großen Lauf ist ja auch nioch ein wenig hin. Und wer weiß, wie oft Du Deinen Sohn noch vom Podest so elegant verdrängen kannst...
    Liebe Grüße
    Elke

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    1. Danke, vielleicht sollte ich es tatsächlich in diesem Licht sehen.

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  3. Einfach krass was ihr beide da leistet, andere kämpfen immer wieder mit nicht erreichter Sub40 und du bist deprimiert bei 39:xx?!? :-)
    Respekt und Glückwunsch an Vater & Sohn!!

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    1. Danke dir, an der sub40 habe ich auch ewig geknabbert damals. Scheinbar kommen diese Zeiten wieder ...

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  4. Also wenn der 10er so schwer fällt ... dann wird der Marathon der megqa Hammer. Obwohl ich ja die 10er Zeit mehr als beeindruckend finde. Und immerhin haste den Junior vom Podest "verdrängt". Richtig so, immerhin geht ja Alter vor :-))))
    Gratulation an euch beide
    Liebe Grüße
    Helge

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    1. Danke, dann setze ich jetzt alle Hoffnung auf den Marathon!

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