Montag, 13. November 2017

Platinman 2017

Der Veranstalter des Platinman hat offenbar auf meine Verwirrung bei der letztmaligen Teilnahme reagiert. Damals überraschte mich das abrupte Ende des Laufs und brachte mich um den Endspurt. In diesem Jahr dürfen wir bis zum Start zurück laufen. Damit wurde die Strecke auf offizielle 28,35 km verlängert und um ein paar Anstiege bereichert, so dass sich die Höhenmeter zu 863 summieren.

Die Pulsmesser rücken als Duo aus, um Platinmänner zu werden. Mit der ebenfalls angebotenen Light-Version will sich der Junior diesmal nicht mehr zufriedengeben und mogelt sich etwas älter, um teilnehmen zu dürfen. Dem besorgten Vater scheint die Strecke etwas lang für den Nachwuchs, insbesondere angesichts der Höhenmeter. Außerdem hat der Regen den ganzen Wald so aufgeweicht, dass man durchaus von einem echten Traillauf sprechen kann. Also ergeht an den Sohn der Erlass, er möge sich so weit zügeln, dass er in Würde und sturzfrei ins Ziel kommt. Das Hauptaugenmerk soll darauf liegen, Erfahrungen mit der langen Strecke, den Höhenmetern und dem anspruchsvollen Untergrund zu sammeln.
Riesige Holzscheibe für den Sieger
Für mich selber habe ich ebenfalls eine Vorgabe. Nach dem hurtigen 50er der Vorwoche will ich mich mit einer Zielzeit unter drei Stunden begnügen. Inzwischen kenne ich mich ja insoweit, dass mir derlei auferlegte Beschränkungen helfen, mich zumindest anfangs einzubremsen, bevor der Wettkampf mich in den Blutrausch versetzt.

Also stelle ich mich am Start einigermaßen defensiv auf. Immerhin kann ich die ersten steilen Single-Trails noch flüssig absolvieren. Mein Sohn, der sich brav hinten einsortiert hat, wird später vom Schlangestehen vor diesen Hindernissen berichten.

Auf dem letzten Asphalt-Segment kommt uns ein Mountain-Biker entgegen, klatscht uns ab und meint, sollte noch eine Socke sauber sein, so würde sich das jetzt ändern. Es geht auf zerfurchtem Waldweg schön matschig bergab. Der erste krasse Schlammlauf der Saison beginnt. Irgendwann ergibt es keinen Sinn mehr, eine möglichst trockene Spur zu suchen. Einfach durch, heißt die Devise.

Der seilversicherte 52%-Anstieg liegt in diesem Jahr etwa bei km 13. Und natürlich lauert auch hier wieder der Fotograf auf der Suche nach dem spektakulären Motiv. Aber ich kann noch lächeln. Einen Kilometer später, also zur Halbzeit, zeigt die Uhr 1:14. Die Idee von einem Finish unter 2:30 beginnt sich in meinem Hirn einzunisten.

Mit Kappe, langer Hose, dünnem Langarm-Shirt über einem Kurzarm-Shirt und wasserdichten Sealskinz-Handschuhen fühlte ich mich anfangs zu warm bekleidet. Mittlerweile regnet es so große, kalte Tropfen, dass ich mir nicht ganz sicher bin, ob das schon Hagel ist. Nun scheint die Klamottenwahl goldrichtig. Meine bangen Gedanken richten sich auf den Nachwuchs, der nur in kurzer Hose und Langarm-Hemd gestartet ist. Ich sehe ihn vor meinem geistigen Auge vom Hammermann geschlagen, entkräftet an einem Hang herumbibbern. Erst gestern waren wir leichtbekleidet in stundenlangem Regen und Wind bei einer Trainingseinheit völlig ausgekühlt. Zu Hause konnten wir mit unseren schmerzenden Händen kaum die warme Dusche aufdrehen und hatten den Rest des Tages, in warme Decken gehüllt, heißen Tee getrunken, um endlich wieder aufzutauen.

Mir selbst heize ich durch beschleunigte Fortbewegung ein. Während ich den ganzen Schlamm genieße und unablässig überhole, schlägt mir immer wieder irgendwas gegen das Bein. Trotz Doppelknotens löst sich ein Schnürsenkel! Irgendwann lässt sich ein Stopp nicht mehr vermeiden. Blöderweise müssen auch die Handschuhe ausgezogen werden. Wer schon mal versucht hat, sich die feuchten Dinger wieder überzustreifen, weiß was das für eine Fummelei ist.

Das Streckenprofil habe ich gut studiert. Also weiß ich, dass bei km 24 der letzte Anstieg lauert. Dort treffe ich auf einen Mitstreiter, den bei seinem ersten Wettkampf nach einem Triple-Iron-Man (sic!) gerade die Kräfte verlassen. Es stellt sich heraus, dass es derselbe Mann ist, dem ich ein "Das kann doch jetzt nicht wahr sein!" entgegenschmetterte, als er mich beim Biggesee-Marathon auf den letzten Metern zu überholen trachtete.

Sieger mit Medaille
Mit einem Bergab-Sprint ins Ziel sichere ich mir das Erreichen der unterwegs geänderten Vorgabe. 2:28:51 zeigt die Uhr, was einer Pace von 5:15 entspricht. Das stimmt mich so lange froh, bis ich feststelle, dass ich vor zwei Jahren auf der kürzeren Strecke mit 5:03 min/km unterwegs war - und das zwei Wochen nach einem 100-km-Lauf! Dafür ist die Platzierung (AK: 5, Gesamt: 19) diesmal besser. Vielleicht muss man auch die Streckenverhältnisse würdigen, die heute deutlich schwieriger waren? Besonders in Erinnerung bleibt die tiefverschlammte Abwärts-Passage, auf der frisch geschnitte Stämmchen quer lagen, so dass sie nur im Kniehebelauf zu bewältigen war.

Wie mag es da nur dem Junior ergangen sein? Der erscheint erstaunlich sauber und trocken sowie freudestrahlend im Ziel. Selbst die Treppe hinauf zur Kleiderbeutelabholung nimmt er, ohne sich etwas anmerken zu lassen.

Bleibt eigentlich nur die Frage offen, warum es ausgerechnet beim Platinman Medaillen aus Holz gibt?

6 Kommentare:

  1. Wieder einmal sauber gemeistert auch wenn danach schmutziger warst wie zuvor. Aber so muss es in der Natur eben zugehen

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  2. Die Frage, warum eine Holzscheibe bei der Laufbezeichnung hatte ich angesichts des Fotos auch spontan im Kopf. Aber anscheinend soll die Größe dann das Gewicht echten Platins kompensieren.
    Immer wieder lustig, wie dann doch die Beine schneller rennen, als der Kopf ihnen vorgeben wollte. Nimmt der Junior da eigentlich Deine Laufvorgaben noch ernst...? ;-)
    Aber egal, Ihr hattet Spaß, wegen/trotz/mit Schlamm und Regen und Wurzelwerk.
    Herzlichen Glückwunsch zur prima Zeit und zum Finish!
    Liebe Grüße
    Elke

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    1. Ja, vor diesem Lauf hatte er größten Respekt und ist es sehr vernünftig angegangen. Ich denke, nächstes Mal darf er dann schneller.
      Danke und viele Grüße!

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  3. Was der Junior doch für eine Energie an den Tag legt (ich sage nur älter mogeln :-)))) um so einen Lauf zu meistern. Andere in dem Alter mogeln sich eher älter um an Alkohol und anderes zu kommen :-D
    Glückwunsch euch beiden.
    Und ich beneide euch um den Matsch. Hier ist es immer noch nicht so der Hammer, aber das wird noch :-)
    Liebe Grüße
    Helge

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    1. Danke, Helge! Der Junge trinkt nicht mal alkoholfreies Bier, es sei denn, der Hersteller versichert mit einer 0,0%-Angabe die völlige Abwesenheit jeglichen Alkohols!
      Ich drücke die Daumen für baldigen Schlamm! Am Wochenende habt ihr ja wieder eine Uewersauer-Chance.

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